Unsteter Perfektionismus ist der Tod des Guten
Wir hatten es schon beim Flugfeld BER gesehen, wie ständige Änderungen der Aufgabenstellung ein Bauvorhaben völlig ruinieren können. Das Problem ist weniger ein gewisser Ehrgeiz bei der Konzeption eines Vorhabens. Was viel mehr stört, sind neue Ideen mitten im Planungsprozeß. Denn es hängt alles mit allem zusammen: die Geometrie, das Tragwerk, der Brandschutz, die Lüftung, die Elektrik, die Erschließung, die Be- und Entwässerung, die Einrichtung usw.
Ich habe es erlebt, daß die Planung für eine Schule fertig war und die Lehrer sich überlegt hatten, den Zugang an einer anderen Stelle zu wünschen. Das hatte eine komplette Neuplanung zur Folge, ein Umstand, den der Laie kaum erwarten würde. Man denkt, das wären ein paar Striche. Mit viel Glück ist das manchmal so. In der Regel wird das ganze Geflecht zwischen Vorschriften und den Fachplanungen zerstört und muß neu gewoben werden. Meine Erfahrung ist auch, daß nach der dritten Umplanung niemand mehr richtig Lust hat. Es schleichen sich Unwille und Schlamperei ein. Das ist einfach Psychologie. Oft werden Umplanungen nicht oder unzureichend bezahlt. Das ist ein weiterer, aber nicht unwesentlicher Punkt.
Journalisten regen sich immer über Kostenexplosionen auf. Oft haben die damit zu tun, daß der Auftraggeber nicht weiß was er will. Der vernünftige Bauherr läßt das Vorhaben erst mal so herstellen, wie es in der Verdingungsunterlage zum vereinbarten Preis festgezurrt war. Änderungen kann man später auf der Basis eines funktionstüchtigen und abgenommenen Werks immer noch bestellen.
Ich vermute, daß es bei der Planung des Puma auch turbulent zuging. Anders ist das vollkommene Desaster nicht zu erklären. Da müssen regelrechte Spielfaxe bestellt haben.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst:
Wir ändern morgen, ändern heut,
wir ändern wütend und erfreut.
Wir ändern ohne zu verzagen,
an allen sieben Wochentagen.
Wir ändern resigniert und still,
wie jeder es so haben will.
Die Alten ändern und die Jungen,
wir ändern selbst die Änderungen.
Und ist der Plan auch gut gelungen,
bestimmt verträgt er Änderungen.
(Mal nicht von Geh. Rath v. Goethe)
So wie ich das Katzendesaster verstehe, ist vor allem die in Restdeutschland nicht mehr vorhandene Kenntnis von Physik und Computer Science das Problem.
Die reinen Ingenieurleistungen scheinen – bis auf eine vergessene Dichtung – wohl zu funktionieren.
Es sind die gleichen Schwierigkeiten, denen sich die Automobilindustrie gegenüber sah, als mit Tesla plötzlich ein fahrender Computer auf dem Markt erschien.
Dieses Land ist in jeglicher IT-Fähigkeit so heruntergekommen, dass trotz jährlich abertausender neuer Bullshit-Jobs in den entsprechenden Abteilungen eigentlich nichts funktionables mehr produziert wird.