Handlungsfelder der Diktaturförderung

Wir schreiben den 12. August 1942 und nehmen an einer Sitzung des Reichsrundfunksrats unter Leitung des notgeilen Dr. Schwöbbels teil. Das Gremium tagt in einer lichtdurchfluteten Säulenhalle mit Marmelsteinfußboden, auf dem man jeden Schritt der gestiefelten Ordonanzen laut hört. Es geht u.a. um das Wording und Framing bei der Siegberichterstattung. Verschiedene Akteure der plutokratisch-bolschewistischen Weltverschwörung kritisieren den deutschen Rundfunk, um losgelöst von jeder sachbezogenen Gefolgschaft eine zersetzende Agenda zu verfolgen. Dies äußert sich u.a. in einer aggressiven Agitation gegen Repräsentanten und Institutionen der Partei und des Reichs, um deren Legitimität systematisch zu untergraben.

Der Reichsrundfunkintendant Schlösinger räkelt  sich in seinem Massagesessel und stimmt die Mitglieder auf Geduld ein: „Allen im nationalsozialistischen Spektrum ist es ja klar, um was es hier geht, und die führertreuen Volksgenossen wollen ihre Initiativen in politisch vernünftige Bahnen lenken. Die wollen etwas erreichen und da hören sie keine Feindsender, sondern bringen ihre berechtigten Verbesserungsvorschläge bei Aufmärschen auf der Straße und auf Reichsparteitagen zu Gehör und beteiligen sich nicht an den Umtrieben der Quertreiber.“

Der kleine und rundliche Dr. Pimpelmann, seines Zeichens Reichsführer der Pimpfe, kommt auf den Schriftführernachwuchs zu sprechen: Der Reichsfunker sei zu Haltung, Parteilichkeit, Treue und Gefolgschaft verpflichtet. Davon sei in den vergangenen Jahren immer weniger zu spüren. Karrieristen, Selbstdarsteller und Querköpfe wie Streitschuster, Weichelt und Blöder seien zu isolieren und auszumerzen, ein linientreuer Nachwuchs heranzuzüchten. Der Reichsfunk werde nach dem Endsieg das „Weltkulturerbe der Meinungsbildung“ sein.

Der zackige Reichsinnenminister Prügelpeitsch wird Gelder für die Diktaturförderung locker machen. NGOs wie die SA, der BDM, der Reichsarbeitsdienst und die SS werden in Projekte der Zivilgesellschaft eingebunden, die den Führergedanken stärken. Gesucht werden Konzepte für eine zeitlich begrenzte Förderung von Projekten in den Handlungsfeldern des Programms – Diktaturförderung, Kriegsbegeisterung und Demokratieprävention –, die als Impulse gegen aktuelle dekadente Stimmungen wirken. Prügelpeitsch lehnt sich überlegen lächelnd zurück: „Medien, wo auf Knopfdruck aus dem Inlandsgeheimdienst dreimal stündlich der Deutsche Gruß gezeigt wird, werden großzügig mit Anzeigen der Partei gefüttert.“

Die BDM-Führerin Schnurstracks mit der Betonfrisur will eine Pressekampagne, um die Volksgenossen auf einen Kälte- und Hungerwinter einzustimmen, während mehr schwere Waffen nach Stalingrad zu liefern seien. Dr. Schwöbbels weist sie in die Schranken: Sie sei als politisches Leichtgewicht maximal für schwere Medizinbälle zuständig.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: »Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede.« (Friedrich Schiller)