Totgesagte leben länger

Vor einigen Tagen spekulierte die WELT über das nahende Ende der V4-Visegrad-Gruppe aus Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei. Tatsächlich gibt es hinsichtlich der Rußland-Politik unterschiedliche Positionen. Der Druck aus Brüssel schweißt aber auch wieder zusammen. Nun hat gerade ein Treffen der V4 mit Boris Johnson stattgefunden. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es:

„Wir, die Staats- und Regierungschefs der Länder der Visegrád-Gruppe (V4) und des Vereinigten Königreichs stehen vereint da, um Russlands Aggression gegen die Ukraine zu verurteilen – einen brutalen, nicht provozierten und vorsätzlichen Angriff auf einen souveränen, friedlichen demokratischen Staat. Die Handlungen Russlands und derjenigen, die sie ermöglichen, stellen eine ungeheuerliche Verletzung des Völkerrechts und der UN-Charta dar, die die europäische Sicherheit und Stabilität untergräbt.

Gemeinsam bieten wir der Regierung und dem Volk der Ukraine unsere volle Unterstützung an, wenn sie für die Souveränität ihres Landes eintreten. Wir bekennen uns zu dem Grundsatz, dass die Ukraine als freies und demokratisches Land das Recht hat, ihre Zukunft selbst zu bestimmen. Wir koordinieren als Verbündete weiterhin unsere Reaktion auf Russland durch die härtesten Sanktionen und Maßnahmen, einschließlich der Verweisung an den Internationalen Strafgerichtshof. Wir stehen zusammen, um der wachsenden Zahl von Flüchtlingen, hauptsächlich Frauen, Kindern und älteren Menschen, die vor der Bombardierung ziviler Gebiete fliehen, Unterstützung anzubieten.

Auf dem heutigen Gipfel haben wir uns auch zur Fortsetzung der Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und V4 im Bereich Cybersicherheit verpflichtet, einer Schlüsselpriorität der ungarischen V4-Präsidentschaft und einem wichtigen Bereich der Zusammenarbeit im aktuellen Klima. Wir kamen überein, über weitere politische Dialoge und eine gemeinsame Verpflichtung zusammenzuarbeiten, um unsere kollektive Cyber-Resilienz zu stärken, Ansätze zur Cyber-Governance zu koordinieren und auf böswillige Cyber-Aktivitäten, einschließlich der Verbreitung von Desinformationen, zu reagieren und diese abzuwehren.

Wir haben auch das Thema der Reduzierung unserer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland als Teil der Verbesserung unserer kollektiven Energiesicherheit diskutiert.

Die Visegrád-4-Länder und das Vereinigte Königreich sind durch tiefe historische Bande und unsere gemeinsamen Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die Wahrung des Friedens in Europa verbunden. Wir haben heute beschlossen, diese Bindungen als wesentlichen Beitrag zu Frieden und Sicherheit in Europa weiter zu vertiefen und zu stärken und zum Schutz der NATO-Verbündeten zusammenzuarbeiten.“

Solche Dokumente sagen natürlich nicht alles aus, was im Detail diskutiert wurde. Beim Abhören von Hirado habe ich einen interessanten Akzent gefunden, keine Angst es sind weniger als 50 Sekunden:

Ungarn wird weitere Sanktionen nicht unterstützen. „Wir werden nicht zulassen, dass ungarische Familien für den Krieg bezahlen“ (nem hagyuk, hogy a háboru arat a magyar czaládok fizessék meg), so der ungarische Ministerpräsident. Damit ist Orbán sicher nicht schlecht beraten. Er steht kurz vor einer Wahl und günstige Gas- und Ölpreise sind populär. Zudem: Das Nachbarland Serbien hat sich aus alter Freundschaft zu Rußland gegen Sanktionen entschieden. Mehrere hunderttausend Ungarn wohnen seit dem Diktat von Trianon in Serbien, so daß Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der Nachbarn sicher nicht verkehrt ist.

Schon bei vergangenen EU-Treffen war es zu freundschaftlichen Begegnungen zwischen Boris Johnson, Mateusz Morawecki und Victor Orbán gekommen.

Vielleicht suchen die V4 einen Plan B, falls sie von Sozialdemokraten und Grünen (vor allem Niederländer und Deutsche) aus der EU herausgeekelt werden.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Es ist nicht die Aufgabe Ungarns, die Weltpolitik zu lösen, denn diese Jacke ist nicht auf uns zugeschnitten.“ (Victor Orbán)