Sparer in Schockstarre
Die Inflation wird dieses Jahr um die 10 % erreichen. Der vernünftige PB-Leser würde deshalb erwarten, daß Sparer aus Sichteinlagen fliehen und in solide Sachwerte umschichten. Das Gegenteil ist der Fall.
Aus den Tabellen der Buba geht hervor, daß die Sicht- und Termineinlagen von Nichtbanken (also von Privatleuten, Unternehmen, Vereinen usw.) im Januar um 98,3 Mrd. € gestiegen sind. Für solch einen Anstieg hat der deutsche Sparer sonst ein ganzes Jahr gebraucht. Es ist ein Rekord. Es handelt sich bei den Sichteinlagen mittlerweile um 3,75 Billionen €, der Kaufkraftverlust am Jahresende könnte immerhin 300 bis 400 Mrd. € betragen.
Die Sparer sind bei Inflation immer wie gelähmt, hinterher sind sie aber wütend. Die Enteignung 1923 führte nach dem Ausprobieren einiger Blitzableiter der Verärgerung (Stahlhelm, KPD, Jugendbewegung, Wirtschaftspartei, Landbünde, Volksrechtspartei usw.) in die sozialistische Diktatur.
Man muß es mal auf den Punkt bringen: Geldwertstabilität ist kein Menschenrecht und historisch eher die Ausnahme. In der ganzen Zeit der Sklaverei und des Feudalismus wurden die Münzen durch den Staat verschlechtert. Sie wurden periodisch eingezogen und mit geringerem Silbergehalt wieder in den Verkehr gebracht. Seit der Einführung von Papiergeld und der Aussetzung des Goldumtauschs (in Deutschland 1913) wird die Geldmenge aufgebläht. Das war schon in DM-Zeiten so. Daß in der Bonner Republik Geldwertstbilität herrschte, ist ein Märchen. Allerdings verstand es die Bundesbank den Wertverfall des deutschen Geldes so zu verlangsamen, daß die DM gegenüber anderen Währungen (außer dem SFr) relativ gut aussah.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Indessen soll man aus dem Fluß Lethe noch herauszufischen suchen, was möglich ist.“ (Geh. Rath v. Goethe am 14. 12. 1822)
Die Flucht in Sachwerte ist nicht einfach. Gute Immobilien sind extrem teuer. Florian Homm meint, dass wir da auch in 1-2 Jahren ein Blutbad erleben könnten (Demographie, Wirtschaftskrise). Wer kann sich noch den Luxusloft leisten, wenn er arbeitslos ist? Außerdem sind Immobilien, wie der Name schon sagt, immobil. Man kommt an die Eigner also leicht ran. Gold, Edelmetalle? Ist eben ein Gut wie jedes andere auch. Sollten wir einen deflationären Trend bekommen (Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank), fallen die Preise von Edelmetallen genauso wie alle anderen.
Meines Erachtens sind Worldwide-ETFs noch mit das Beste: geringe Kosten, Sondervermögen (!), Risikostreuung.
Verlieren werden wir alle, da machen wir uns mal nichts vor. Die Frage ist nur, geht alles den Bach runter oder ist man relativ zu anderen noch besser dran.
> Gold, Edelmetalle? Ist eben ein Gut wie jedes andere auch
Na ja. Wenn dann alle nur noch digital zahlen duerfen, sieht es da wohl ganz anders aus. Ersatzwaehrungen suchen sich immer ihren eigenen Weg, wenn welche Ofizielle auch immer ihrer Aufgabe nicht mehr entspricht. Und der universelle Tauschwert von Zigaretten ist halt beschraenkt.
Und ganz wichtig, wenn nicht das Wichtigste: investieren in sich und seine Familie und Freunde. Die vereinzelten und vereinsamten Großstädter stehen in Krisenzeiten schlecht da, würde ich sagen.
Ich beziehe mich bei Gold auf Gunnar Heinsohn: https://schweizermonat.ch/bitcoin-anfang-vom-ende-1/, womit auch gleich das „digitale Gold“ erledigt ist.
„Die Klassifizierung von Bitcoins als steuerpflichtiges digitales Goldvermögen zieht umgehend weitere Konsequenzen nach sich. Wenn es besteuert werden darf, also Vermögen darstellt, sollte es auch als Pfand für Kredit und als Eigentum für die Besicherung von Geld dienen können. Man darf deshalb alsbald mit Entscheidungen darüber rechnen, ob Bitcoins in dieser Verwendung eine Zukunft haben. Wenn aber einmal der Glaube vom Geld als einem knappen Tauschgut durchlöchert ist, wird auch die Vermögensqualität von Bitcoins schweren Schaden nehmen. Sie müssen schliesslich ohne irgendeine physische Besitzseite auskommen. Gold kann man immerhin noch in samtgefassten Vitrinen zur Schau stellen und dafür eine Gebühr verlangen. Mit Bitcoins geht das nicht.“
> Ich beziehe mich bei Gold auf Gunnar Heinsohn
Das muss man aber dazuschreiben, denn die Gleichsetzungen dort sind sehr diskutabel und sicherlich in keiner Weise einfach als selbstverstaendlich hinter einer Formulierung wie „einfach nur ein Gut“ zu verbergen.
Gold ist sicherlich mehr als etwas was man gerade noch „in samtgefassten Vitrinen zur Schau stellen“ kann. Und es ist in noch viel weiterem Sinn mehr als Bitcoin, dem man in ganz verschiedener Form den Hahn voellig abdrehen kann.
Muss man nicht, es ist klar, was gemeint ist. „Sicherlich“ bezeugt nur die Unsicherheit des Gesagten.
> Muss man nicht, es ist klar, was gemeint ist.
Das wird es auch durch Wiederholung nicht. Das ist Herrn Heinsohns Meinung, die darf er auch gern haben und die koennen Sie nicht einfach unterschlagen, wenn etwas klar sein soll. Zu anderen Gebieten schaetze ich seine Meinung uebrigens, hier aber nicht. Dabei gehts mir gar nicht um den Hauptpunkt seines Artikels, die Knappheit und daraus gezogeneer Schluesse fuer Gold und Bitcoin (das ist ja sein Thema). Mir geht es um Gold ganz allein. Da spielt Knappheit sicher eine Rolle, aber das ist ja bei weitem nicht der einzige Grund dafuer, dass es sich nun ueber Tausende Jahre als universelles Zahlungsmittel bewaehrt. Schwaechen zeigt es erst in dem Moment, in dem man es geschafft hat, mit manipulierbarem Papier zu verbinden. Und wenn die ETC’s, Terminkontrakte und andere Derivate der Preisbestimmung des physischen Goldbestands ueberlagert werden duerfen, wird es seine Kraft solange nicht ausspielen. In einer Krisensituation – von der wir gerade den Vorgeschmack erleben – sieht es aber dann ganz anders aus.
> „Sicherlich“ bezeugt nur die Unsicherheit des Gesagten.
Tut es das fuer Sie? Meinetwegen, fuer mich ist da nichts grossartig unsicher.
Fangen wir mal unten an. Die grosse Mehrheit der Restdeutschen sind Mieter. Die brauchen jeden Monat ihre Miete, die Nebenkostenvorauszahlungen usw.; inzwischen auch das teure Benzin, den teuren Strom. Da wird wenig bis nichts gespart.
Die Mietskasernen wiederum gehören seit alters her den Katalogberufen, Handwerkern, Beamten und seit ca. 50 Jahren auch der absurd gestopften Facharbeiterschaft, insbesondere aus (Petro-)Chemie (leicht sinkend), Autoindustrie (stark sinkend), Maschinenbau (sinkend), Montan (akut moribund), Bau (nicht mehr in D steuersystematisch sehr gut!!) und Landwirtschaft (steigend, wg „E-Fuels“, „Bio“ etc).
Diese Schicht macht vermutlich den Grossteil der 4 Billionen aus sowie den Grossteil der Wertpapierinvestoren, was anlässlich der diversen Anleger-Prozesse um die Wirecard AG ans Licht kam (ich musste ja kichern, als ein „Kleinanleger“ über seine 500 TEUR jammerte – allein in diesem Investment, wohlgemerkt!).
Diese Schicht ist es, die die „Ständepyramide“ der Vermögenden, wie sie noch zur Kaiser- und sogar NS-Zeit bestand, fast auf den Kopf stellte, die nun hilflos auf ihrer Spitze balanciert und sich irgendwie so erhalten möchte – gegen alle Erfahrung mit solchen Gebilden. It goes not! Wenn die von Euroskeptikern beschworenen Horrorszenarien eintreten sollten, ist der sog. Mittelschicht die letzte Messe gesungen.
Handwerk: Hier am Ort macht gerade die dritte Bäckereifiliale direkt zwischen zwo bestehenden Läden auf – Investition in Sachwerte, gewiss, Theke, Backofen, Kaffemaschine usw,, aber da wird einer mindestens sein Geld verlieren. Das Gebäude gehört einem Fonds der CoBa, die für ihren hoffnungsvollen Mieter jetzt den Umbau zahlt. Na denn.
Katalogberufe, Facharbeiter: Aktien sind überbewertet, dito ETFs (sind ja am Ende des Tages Aktien, die noch dazu komplizierter Rechenprogramme bedürfen), dito Edelmetalle. Die steigenden Immo-Ausgaben (Heizung, Dämmung, Grundsteuer) dürfen sicher bald nicht mehr auf die Miete umgelegt werden, sonst kann nicht mal mehr das Sozialamt den Negern und Araben die Miete zahlen, dann würde geich enteignet. Einige Irre (insbesondere Katalogberufler) fangen jetzt an, in Wein, Whisky und Autos zu investieren – schiere Verzweiflung!
Beamte, Landwirte: haben es wie immer am besten, da der Territorialherr sie dem Grunde nach alimentiert, über alle Kriege und Fährnisse hinweg („Mahle Er nur immer fort. Brod müssen wir haben“, wie Prinz Heinrich treffend bemerkte). Die (Hochschul-)Leerer vielleicht nicht, da könnte ich mir eine Privatisierung gut vorstellen, wie sie im Klinkbereich schon geschehen ist.
> ETFs (sind ja am Ende des Tages Aktien, die noch dazu komplizierter Rechenprogramme bedürfen)
So, wo denn das?
https://www.bundesbank.de/resource/blob/764422/c63b415bc2325ab7168daa099f561a6b/mL/2018-10-exchange-traded-funds-data.pdf, S85ff, Funktionsweise und Struktur von ETFs, Creation-Redemption sowie Primär- und Sekundärmarktmechanismus.
Da sitzt gewiss kein Mensch, deswegen sind die Dinger ja auch günstiger.
> https://www.bundesbank.de/resource/blob/764422/c63b415bc2325ab7168daa099f561a6b/mL/2018-10-exchange-traded-funds-data.pdf
„The connection has timed out“. Aber sei es drum, welchen Teil meiner Frage beantwortet dieses Papier? Ich kann hier aus den Brocken nur vermuten: „Creation-Redemption“. Muss man nicht wissen, um darin anzulegen. Wissen sollte man etwas ueber den Emittenten, ueber Trackingdifferenzen, TER’s, die abzubildenden Indices und moeglicherweise etwas ueber Rebalancingstrategien des betreffenden Fonts (einiges davon schon sehr optional).
Dann wird es subjektiv, je nach Investitionsziel. Ein ETF ist keine Raketenwissenschaft. „Komplizierte Rechenprogramme“ benoetigt es auf der Ebene der Kleinanleger nicht. In der Hauptsache – und die schlaegt alles – braucht man Disziplin und Durchhaltevermoegen. Damit diese zum Tragen kommt, benoetigt man ausserdem Zeit, weswegen das Instrument bei Erstanlage gerade fuer junge Leute mit langem Anlagerahmen interessant ist.
Ich kann es nicht oft genug wiederholen : “ Wer noch Euros besitzt, ist selbst Schuld “ Ich würde aber im Moment auch keine Rubelchen haben wollen….