Der ewige Kampf gegen die Staatsfeinde

Verfassungsschutzchef Haldenwang warnt, daß unter den Spaziergängern eine neue Szenerie von Staatsfeinden entstünde. Da befindet er sich nicht gerade in einer Außenseiterposition.  Vor der Zersetzung des Staates durch Quertreiber ging immer schon die Angst um.

„Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen und durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugendarbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn- und Sportpflicht durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugend-Ausbildung beschäftigenden Vereine.

(…) Zur Durchführung alles dessen fordern wir die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches. Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich und seine Organisationen im allgemeinen.“

Diese gegen die Spaltung der Gesellschaft gerichteten Weisheiten wurden am 24. Februar 1920 vor etwa 2000 staatsgeilen Besuchern des Hofbräuhauses in München von Adolf Hitler vorgelesen. Vorredner war der Arzt Dr. med. Johannes Dingfelder, der unter dem Titel „Was uns not tut!“ eine Rede über den bevorstehenden Produktionsstreik der Natur hielt; die natürlichen Grundlagen seien gefährdet, die Güter würden sich vermindern, den Rest fräße das Ungeziefer.

Als jugendlicher Student hatte ich einen Professor – den berühmt-berüchtigten Harry Braune – der wenn er das Wort „Staatsmacht“ in den Hörsaal brüllte, vor Begeisterung spuckte. Er bekam einen roten Kopf und die Augen traten raus. Bei Robert Crumb sieht man exemplarisch solche Physiognomien. Eine Studentin bemerkte, man müsse bei seinen Vorlesungen in den ersten drei Reihen einen Regenschirm aufspannen. Das hätte aber nicht gereicht, weil er oft den wandseitigen Seitengang des Hörsaals belief. Böse Zungen behaupteten, er sei früher Gauführer der Pimpfe gewesen. Nach dem Zusammenbruch der Staatsmacht verlor er den Verstand und ich sah ihn öfter stundenlang planlos über den Goetheplatz in Weimar irren.

Meine persönliche Erfahrung: Staatsferne ist risikoloser und gesünder, es entstehen gerade im hin- und hertaumelnden Deutschland keine Brüche in der eigenen Biografie.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrtum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse. In Zeitungen und Encyklopädien, auf Schulen und Universitäten, überall ist der Irrtum obenauf, und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität, die auf seiner Seite ist.“ (Geh. Rath v. Goethe zu Eckermann am 16. 12.1828)

 

Beitragsbild: Staatliches Interesse für das Gesundheitswesen, gemalte Propaganda im Frankfurter Ärztehaus.