Die Entnazifizierung und der Hundertjährige

Kurz nach Diktaturen fällt das Urteil über die Tatbeteiligten immer milde aus. Das haben wir erst kürzlich bei den Offizieren der Grenztruppen gesehen. Auch die 2,3 Millionen Genossen sind ungeschoren und unbesehen weggekommen. Genauso war das nach dem WK II. Mit 8,5 Mio. Genossen wurde milde umgegangen, wie das folgende Exempel zeigt, welches mir Helmut Roewer zugesendet hat. Interessant am Rande, wo der Proband Feldmann überall Mitglied war. Die ganze Palette jugendbewegter Organisationen hoch und runter.

Feldmann, Arnold Rudolf
* 11.3.1882 Hilchenbach, gest. 24.7.1960 Sie­gen, Weidenau, Sie­gen, ev., ggl., VS-Lehrer, CSP (bis 1918), Mitbegründer der Sie­ger­län­der Haken­kreu­zer im Deutschvöl­ki­schen Schutz- und Trutz­­bund (1919-1922), nach dessen Verbot kurzzeitig Deutsch-Sozialistische Partei, NSDAP (1922-1945; Nr. 16.978 [Falschangabe im Fragebogen: Eintritt „1928″]), während des Verbots Völkisch-Sozialer Block (Hitler-Straßer), Hauptstellenl. Kultur (1936), Kreis­­be­auf­­tragter des Rasse­n­po­li­ti­schen Amtes (1939-1941), NSLB, Kreisobm. Siegen-Stadt (1933ff.), RdK/RDF (1925ff.), Vors. und Kreisw. Siegerland (1926-mind. 1943), Landesschulungsl. Landesverband Westfalen-Süd, im Anschluß Kreisw. Siegerland RDF, NSFK, Förderndes Mitgl., RKB, VDA, Theosophische Gesellschaft, Freiland-Freigeld-Bewegung, Bund für inneren Frieden, Bodenreformer-Bewegung, Astrologie-Gesellschaft Deutschland, Egologische Gesellschaft, Impfzwanggegner-Bewegung, Naturheilbewegung, Ev. Arbeiterverein, L. Kaan-Marienborn, Kirchenchor Kaan-Marienborn, L., Vereinigung/Orchester der Musikfreunde Siegen, Vors., Fichtekreis, Singmstr., Stadt Siegen, Kunst-Kommission, Gesundheitskommission, Jugendamt, Kreisschulrat Siegerland (1933ff.); nach NS-Ende von MilReg als ns-belastet aus ÖD entlassen, festgenommen und interniert (1945ff.)

Entn.: IV o. VSp. (1948), „Meine familienpolitischen Ansprachen und Reden sind … verbrannt.“, „Feldmann war und ist seinem ganzen Wesen nach nur Idealist. Er glaubte …, im Nationalsoziaismus einer guten Sache zu dienen. Er hat aber dabei nie den Boden verlassen, auf dem ein anständiger und edeldenkender Mensch, auch andersdenkenden Menschen gegenüber, steht.“, „Da Feldmann ein anständiger Charakter war und sich nicht als Nazilump betätigt hat, bitten wir, ihm die Pension zu gewähren.“ (Ausschuss, 1947), Kolonnen von Unterschriften unter Entlastungserklärungen, darunter auch Gustav Busch, Walter Nehm und Daniel Nöh (von diesem, der F. „meinen alten Freund“ nennt, dazu ein Gedicht „Sigfalische[so!] Heimat“, das F. vertont habe): „Ich bin überzeugt, daß er so wenig wie ich und die Mehrheit des ganzen Volkes je gewußt hat, wie die Kehrseite der Medaille wirklich aussah, … man kann ein Nichtwissen … niemand vorwerfen und bestrafen.“, F. sei vielleicht politisch einfältig oder dumm gewesen, sei aber doch kein „Verbrecher“

Selbstaussagen:
„Zur wichtigsten Aufgabe des Dritten Reiches gehöre[so!] nach den Worten des Führers: Rassetüchtigkeit, Gemeinschaftstüchtigkeit, Arbeits- und Berufstüchtigkeit, Beseeltheit, eine völlige Volksverbundenheit und höchste völkische Instinktsicherheit. Das Volk ist der Oberbegriff, der einzelne nichts. Rasse aber ist die Grundlage des Volkstums. Gut ist für uns, was unserem Volk dient, was ihm aber nicht dient, ist böse, und darum lehnen wir den Juden und alle fremdvölkischen Elemente ab und werden sie mit allen erlaubten Mitteln aus unserem Volkstum herausdrängen. … Es gibt für uns Europäer … eine einzige Möglichkeit – die Aufrichtung der nordrassischen Blutsfront!“ (SZ, 21.8.1935)

„Der Anblick der Heimatfront, so führte Schulrat Feldmann aus, ist der Kraftquell des Kämpfers am Feinde. … Jede Kraftsteigerung der einen Front erhöht die Kraft der anderen. Männer, die zu sterben, und Mütter, die zu leben wissen, bilden in dem ewigen Kampfe die beiden Pole. Das starke Leben hat seinen Hort und Schutz in den Vollfamilien, die der Bund vertritt und fördern will. … diese Vollfamilien … sind die RDF-Mütter und -Väter mit ihren gesunden, lebensstarken, erbtüchtigen Kindern, die in diesem Kriege Heldenehren auf Heldenehren gehäuft … haben. … Kreiswart Feldmann überreichte den Vorkämpfern und Vorkämpferinnen des RDF im Auftrage des Rassenpolitischen Amtes die Familienbücher.“ (SZ, 16.8.1943)

BAB, Best. 3.100 (NSDAP-Zentralkartei); LA NRW, Abt. Rheinland, NW 1.111 BG. 33-642; EB 1931/32; Opfermann 2001, 221; Irle 1974, 86; SNZ, 1.11.1933, 12.6.1936; SZ, 25.10.1928, 8., 11.1.1932, 7.3., 10.8.1933, 21.8.1935, 6.8.1943; Helmes, 20
Selbstaussagen: SNZ, 13.10.1936; SZ, 7.3.1933, 1.4.1935, 16.8.1943

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So ein staatsfrommes sozialistisches Gesülze war selbst in der späten Zone relativ selten. Die Nationalsozialisten glaubten häufig an den Schmarrn, den sie verkündeten, ihre Wiedergänger von der SED waren in der Regel Sprechpuppen, die auswendig gelerntes Zeugs rausposaunten, was sie selbst nicht glaubten. Ausnahmen bestätigten die Regel, sie waren als Eiferer bekannt und wurden im Rahmen der Möglichkkeiten gemieden. Immer im Gedächtnis bleiben wird Prof. Harry Braune, der wenn er das Wort „Staatsmacht“ rausbalferte rot anlief und vor Eifer spuckte. Eine Studentin merkte mokant an, daß man in den ersten drei Reihen des Hörsaals einen Regenschirm aufspannen müsse. Im Übrigen ging das Gerücht um, er sei im ersten Leben Gauführer der Pimpfe gewesen.

Was befremdet: Daß jetzt nach 75 Jahren die kleinsten inzwischen hundert Jahre alten Würstchen, die auf Befehl Schmiere stehen mußten, vor Gericht gezerrt werden. Die Merkeljustiz wird immer fragwürdiger. Die Maßstäbe sind alle verrutscht.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Je länger einer tot ist, desto ferner stehen ihm die lebend Hinterbliebenen.“ (Lü Bu We, chinesischer Kaufmann, Politiker und Philosoph etwa um 250 v. Chr.)