Weltverbesserung stürzt andere ins Verderben

Vor zwei Tagen hatte ich dafür geworben, eingefleischte Traditionen in anderen Weltengegenden anzuerkennen und die Leute in Frieden zu lassen. Nun habe ich einen prominenten Mitstreiter. Herfried Münkler, bis 2018 Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Berliner Humboldt-Universität, plädierte dafür, die Weltordnung im 21. Jahrhundert auf einen Ausgleich von Interessen zu gründen.

Das Scheitern der westlichen Mission in Afghanistan bedeutet nach der Einschätzung des Berliner Politologen eine Zäsur in der politischen Geschichte des Westens. Alle Versuche, westliche Werteordnungen mit militärischen Mitteln zu exportieren, seien an ein Ende gekommen, sagte Münkler der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

In Afghanistan sei dieses Vorhaben naiv und ohne wirkliche Kenntnis der Struktur der afghanischen Gesellschaft angegangen worden. Die Erwartung, Weltordnungen auf der Basis politischer Normen und Regeln zu errichten, sieht der Politikwissenschaftler mit dem Scheitern der Nato-geführten Militärintervention grundsätzlich erschüttert. „Die Modelle des humanitär begründeten militärischen Agierens muss man revidieren.“ Das Scheitern in Afghanistan habe gezeigt, dass die Botschaft der westlichen Werte dort kulturell wenig attraktiv gewirkt habe und als fremde Ideologie erfahren worden sei.

Der Traum von der Durchsetzung universeller Normen und Werte ist, zumindest auf globaler Ebene, ausgeträumt. Wer ihn jetzt noch weiterträumt, ist kein politischer Visionär, sondern ein Illusionist, der Vorstellungen lanciert, die andere ins Verderben stürzen. Das müssen sich auch die Hilfsorganisationen hinter den Spiegel stecken, die sich in der Vergangenheit nicht genug tun konnten, immer neue und weiter gesteckte Erwartungen bezüglich eines politischen und gesellschaftlichen Umbaus am Hindukusch einzufordern. Sie sind am Flughafen von Kabul mit gescheitert.

Die Ära ihres großen Einflusses dürfte mit dem Ende der regelbasierten und normorientierten Weltordnung zu Ende gehen. Man kann das bedauern, aber die Politik muss sich dem Umstand stellen, dass der Westen bei aller ihm eigenen Macht nicht in der Lage ist, Gesellschaften in einer für ihn vertretbaren Zeit grundlegend zu ändern.

Was man zu den Gedanken des Professors ergänzen muß: Natürlich hat auch Europa das Recht auf eine eigenständige Kultur und die Pflicht diese gegen innere und äußere Feinde zu verteidigen.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Solche Wahrheiten kann ein Wissenschaftler erst verkünden, wenn er emeritiert ist.