Die Impfverweigerer in der Marktwirtschaft

„Fußball-Bundesligist Köln macht es vor: Ins Stadion dürfen nur noch Geimpfte oder Genesene. Der Verein kann damit zum Vorbild für die Privatwirtschaft werden, die Impfkampagne voranbringen – und dennoch die Freiheitsrechte aller Beteiligten wahren.“ So eine Jungautorin von der WELT. „Der Verein nutzt seine Hausregeln – und könnte damit zum Vorbild werden. Für andere Sportvereine, aber auch für andere Akteure der Privatwirtschaft: Konzert- und Eventveranstalter, Restaurants und Hotels, Ladenketten. (…) Der Markt hat das Potenzial, das Problem mit den Impfverweigerern zu lösen.“

Ich fange jetzt nicht auch noch die Diskussion an, ob die Impfung bei Mutanten überhaupt nutzt. Neue Entwicklungen in China und Israel – bei Verwendung unterschiedlicher Impfstoffe – sähen etwas Zweifel, wie auch die Erfahrungen mit Grippeimpfstoffen im letzten Jahrzehnt. Ich will mich mal aufs rein Wirtschaftliche, auf „den Markt“ beschränken.

Der Markt hat nämlich grundsätzlich die Eigenschaft alle Kundengruppen gleichermaßen zu befriedigen. Deshalb gibt es nicht nur Pimki für die Jugend, sondern auch Läden für Gebrauchtwaren, Angebote für Dicke und Boutiken für Ötzis. Es gibt Veganangebote und dicke Rippe. Man kann sich sogar noch kostengünstige Briketts liefern lassen, wenn man das Geld für Erdgas oder Holz nicht hat.

Der Markt würde auch Konzerte bereitstellen, in die Geimpfte nicht reindürfen, es würde Bars geben, die sich für die Gesundheit ihrer Gäste nicht interessieren, und Kneipen, in denen man rauchen darf und es würde Schwulenklubs geben, in die Frauen nicht reindürfen. Vielleicht würde es auch Frauenangebote mit Zutrittsverbot für Männer geben. Kurz: Ein Markt als Ganzes würde überhaupt keine von außen gewünschte Diskriminierung abwickeln, es gibt für jedes Bedürfnis Angebote.

„Das entscheidende Merkmal der Marktwirtschaft ist der prinzipielle Vorrang einer dezentralen Allokation (im Gegensatz zur zentralen Verwaltungswirtschaft; nicht: Planwirtschaft): Die Entscheidung darüber, wo welche Ressourcen wie eingesetzt werden, erfolgt durch das freiwillige Zusammentreffen und durch die eigenständige Realisierung von individuellen Tauschabsichten. Überall dort, wo derartige Transaktionen stattfinden, wirkt ein Markt. (…)  Der Markt als Koordinationsordnung sichert prinzipiell einen für alle beteiligten Akteure vorteilhaften Ausgleich der individuellen Wirtschaftspläne. Die einzelnen Wirtschaftssubjekte (gemeint sind private Haushalte, private Unternehmen, der Staat und auch das Ausland) treten demnach als Anbieter und Nachfrager knapper Ressourcen auf den jeweiligen, oben genannten Teilmärkten auf. Dort befinden sie sich im Wettbewerb untereinander und versuchen, ihre jeweiligen Pläne mit denjenigen der anderen Marktseite in Übereinstimmung zu bringen. Dieser gesamtwirtschaftliche Koordinationsprozess vollzieht sich über die Bildung von Preisen (z. B. auch in Form von Löhnen, Zinssätzen oder Prämien), die sich als Ergebnis von Angebot und Nachfrage bilden.“

So erklärt uns die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU idealtypisch den Markt. Was uns die ökonomisch ungebildete junge Dame von der WELT vorschlägt, ist kein Markt, sondern eine vor- oder nachbürgerliche Verwaltungswirtschaft, in der eben keine dezentrale Allokation durch Freiwilligkeit gewährleistet ist. Es ist eine Art Feudalismus oder chinesischer Staatskapitalismus, was uns die WELT als „Markt“ unterjubelt. Wie gesagt: ein Markt hält auch für Nichtgeimpfte Angebote bereit. Es ist keine Apartheit, die ein Markt bewirkt; in einem freiheitlichen Wirtschaftssystem wird es viele Anbieter geben, die keine Umsatz- und Gewinnverluste wollen und jedem Kunden unabhängig von Geschlecht, Gesundheit, Rasse, Religion und Bildung den Zutritt gewähren. Wenn ein Fußballklub Frauen, Ungeimpfte, Moslems oder Bombenleger nicht reinläßt, ist das durch die Vertragsfreiheit gedeckt. Lediglich Monopolisten dürfen nicht aussondern.

Meine Kommentatoren werden sicher wieder über das sinkende Bildungsniveau jammern, es ist schon ärgerlich, daß sich in den Redaktionen kaum noch elementarer Sachverstand findet.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Eine umfassende Bildung ist eine gut dotierte Apotheke; aber es besteht keine Sicherheit, daß nicht für Schnupfen Zyankali gereicht wird.“ (Karl Kraus 1874 – 1936)