AfD kam relativ gut weg

Auf der Achse werden gerade die Wahlprogramme in aller Kürze von Gerd Habermann, einem libertären Wirtschaftsprofessor, verglichen.

Heute sind die Grünen dran: „Diese Partei ist eine Synthese aus messianischem Ökologismus, ebenso radikalem Egalitarismus, besonders auch Feminismus, einer Staatsgläubigkeit, und eines Konstruktivismus die nur noch von der LINKEN überboten wird. Wie schon 2017 wird die sog. Klimafrage zur Existenzfrage der Menschheit erklärt und in den Mittelpunkt aller Politik gerückt. Man traut sich zu, von Deutschland aus das Weltklima steuern und so die Welt retten zu können. (…) Es ist erkennbar, dass diese Partei, die gegen Rechtsextremismus und nur gegen diese Art Extremismus (oder was sie dafür hält) antritt, selbst eine extremistische Partei ist – eine Partei der Wirtschaftsfeindlichkeit, der Auflösung des Privatlebens, und Einschränkung der Meinungs- und Vertragsfreiheit, des krudesten Egalitarismus und Kollektivismus, der Staatswirtschaft und des Wohlfahrtsstaates.“

Vorgestern wurde das FDP-Wahlprogramm seziert: „Das Programm ist eigentumsfreundlich, bietet aber doch keinen Gegenwurf zum Kollektivismus im sozial- und gesellschaftspolitischen Teil, sondern allenfalls – und inkonsequent – eine Verteidigung des Status Quo, Strukturkonservatismus insoweit. Sie ist überdies auch eine Partei des europäischen Zentralismus, eines europäischen Bundestaates und steht in Sachen Gesellschaftspolitik eher links, wenn auch das „Gendern“ sich in Grenzen hält. Aber der seltsamen LGBTQI-Propaganda schließt sie sich an. Die Position der „Mitte“, die sie für sich in Anspruch nimmt („durch die Mitte nach vorn“), ist nichtssagend, denn der Begriff „Mitte“ ist, wie gesagt, ohne konkreten Wertbezug inhaltlich beliebig wandelbar und damit substanzlos. In der Gesellschaftspolitik ist sie häufig links-interventionistisch. Kaum glaublich für eine liberale Partei: „Kultur als Staatsziel“ – was immer das bedeuten mag. Sie dämonisiert aber nicht die Klimafrage und hat umweltpolitisch maßvolle Positionen, ein Pluspunkt.“

Über das CDU-Programm schreibt Habermann: „Es wird ein „kraftvoller Neustart“, ein „Modernisierungsjahrzehnt“ angekündigt – als hätte diese Partei nicht eine lange Regierungszeit von 16 Jahren hinter sich. Positiv an diesem Programm ist, dass es nur mäßig von der Klimahysterie erfasst ist und auch exotische Themen wie die LGBTQI-Agenda nicht angesprochen werden. Die Migrationsproblematik wird andererseits auch nicht grundsätzlich zur Sprache gebracht, außer dass man sich gegen die „Einwanderung in die Sozialsysteme“ ausspricht (aber eben dies geschieht ja täglich). Die Wirtschafts-, vor allem die Steuerpolitik ist vergleichsweise wirtschaftsfreundlich. Die Dramatik der geld- und finanzpolitischen Situation steht freilich nur am Rande. Man belässt es bei Beschwörungen. Auch die in ihren Maßnahmen fragwürdige Coronapolitik mit ihren Folgen bleibt ohne eine kritische Kommentierung.“

Das AfD-Programm wird wohlwollend bewertet: „Sie ist die einzige Partei, die dem egalitären Extremismus und Zentralismus, auch in ihren wirtschafts-, geld-, finanz- und besonders auch gesellschaftspolitischen Ansichten entgegentritt und sich von Überspitzungen auch in der Klimadebatte fernhält, ja dezidiert „klimaskeptisch“ ist, um in dem gängigen Jargon zu reden. Als einzige Partei wagt sie auch eine Kritik an den Ausschreitungen gewisser Anti-Coronamaßnahmen. Sie bietet ferner verfassungspolitisch einige Anregungen. Sie verlangt wie die FDP eine Abschaffung des sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, auch der Datenschutz-Grundverordnung. Bene! Sie bekennt sich dezidiert zur „Sozialen Marktwirtschaft“ im Sinne Ludwig Erhards statt „sozialistischer Industriepolitik“. Sie ist steuerpolitisch eigentumsfreundlich, so, wenn sie wie die FDP die Abschaffung oder Ablehnung von Substanzsteuern (Grund-, Vermögens- Erbschaftssteuern) fordert („Es gibt keinen Grund, aus einem Trauerfall einen Steuerfall zu machen“). Einen weitgreifenden Vorschlag zur Steuerreform greift sie mit dem Kirchhof-Modell auf, mit der Konzentration auf Umsatz- und Einkommensteuer und dem Wegfall aller Bagatellsteuern auf allen Ebenen, also auch von Zweitwohnungssteuer, Biersteuer oder Jagdsteuer; ebenso, zur Förderung des Wohnungseigentums: der Grunderwerbssteuer. Daneben fordert sie eine Änderung des Tarifverlaufs und eine Abschaffung der „kalten Progression“.

Habermann über Wahlprogramme überhaupt: Sie „mögen von den Wählern wenig gelesen werden. Im Wahlkampf entscheiden eher Persönlichkeiten und dramatisierte Einzelfragen. Dennoch sind sie wertvoll als Zeugnisse dessen, wes Geistes Kind die einzelnen Parteien sind. (…) Und dann erst noch der Umfang! Programme von mehr als zweihundert Seiten sind keine Seltenheit mehr. Sie zeigen einerseits die wachsenden Finanzmittel unserer teilweise staatsfinanzierten Parteien, andererseits den Umfang des Regulierungsanspruchs. Ein Nanny-Staat kennt eben kaum noch Grenzen seiner Interventionslust, wogegen ein klassisch-liberaler Staat sich mit wenigen Grundsätzen begnügen kann, weil alles andere sich in Markt, Zivilgesellschaft, Konventionen und Bräuchen von selbst ordnet.“

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Wir kämpfen für die Menschenrechte, für ein politisches System, in dem die Menschen die Freiheit haben, sich für eine Ideologie ihrer Wahl zu entscheiden.“ — (Desmond Tutu, südafrikanischer Bischof, 1985)

Beitragsbild: Vorstellung des grünen Wahlprogramms, gezeichnet von Bernd Zeller. Heute in der ZZ: Kannibale grillt Lauterbach und Annalena hat sich als drei Jahre älter ausgegeben.