Hochwassergerecht bauen

Hochwasser kann man nicht verhindern, man sollte sich jedoch schützen. 1978 ging eine Wasserhose durch unseren Ort, ein Mopedfahrer wurde 200 m weit weggeschwemmt, im Schweinestall, der auch das Trockenklo beherbergte, war Überschwemmung, wie appetitlich. Fast jeder ältere Einwohner hat was zum Erinnern. Am 14. April 1994 war wieder Hochwasser, ich hatte Schaden durch einen abgesoffenen Keller. Es hatte getaut und wochenlang immer wieder geregnet, danach reichte ein ergiebiger Landregen.

Kann man so etwas vermeiden? Man kann das Grabensystem in der Feldflur in Ordnung halten, man kann die Größe der befestigten Flächen begrenzen, aber in der Stunde der Not hilft das nicht wirklich.

Ich komme zwar nicht aus dem Völkerrecht, sondern aus dem Brückenbau, und da ist es üblich, daß vor Neubauten und Sanierungen hydrologische Gutachten angefertigt werden. Das Einzugsgebiet wird anhand topografischer Karten ermittelt, ein 15minütiger Blockregen angesetzt, die Nutzung und Bodenbeschaffenheit ermittelt und dann erhält man die Wassermenge für ein x-jähriges Ereignis, meinetwagen das hundertjährige Hochwasser.

Aus wirtschaftlichen Gründen werden die meisten wassertechnischen Anlagen so bemessen, daß sie auch mal überlaufen. Für einen Straßengraben wird das öfter toleriert, als für eine Brücke. Man muß also immer davon ausgehen, daß ein Hochwasser nicht planmäßig abfliest.

Der Staat kann vorsorgen, indem er genug Hubschrauber und Räumpanzer vorhält, indem er Staubecken nicht übermäßig gefüllt hält. Baubetriebe und Landwirte können mit Gerät helfen. Viele meiner Freunde haben selbst Radlader oder schwere Räumtechnik für den Winter, womit man sich und den Nachbarn helfen kann. Die Geräte müssen aber hochwassersicher abgestellt werden.

Man muß als Bauherr unbedingt mitdenken. Bevor man ein Grundstück kauft, sollte man sich immer die topografische Karte ansehen und sich nach vorhergehenden Hochwassern erkundigen. Die Eingänge sollten auch außerhalb von hochwassergefährdeten Gebieten prinzipiell höher liegen, als das Gelände. Noch in der Russenzeit war das so genormt, heute wird das oft dem modischen barrierefreien Zugang geopfert. Oft sehe ich eine lächerliche Kastenrinne vor Garagen und Hauseingängen.  Das ist natürlich weiße Salbe. Wenn es wirklich stark regnet, erweist sich das als Firlefanz. Auch Terassen sind oft ein Angriffspunkt von Regenwässern. Gut ist immer eine Rampe oder Stufe vor den Eingängen.

Ein Bauherr hatte seine Kellerwände außen mit Kies angefüllt, weil er dachte eine Dränage wäre gut. Man muß aber immer mit dichtem Erdreich anfüllen. Dränagen bedürfen immer einer fachlichen Beratung. Einmal stand eine junge Dame bei mir im Büro, die über Risse in den Hauswänden klagte. Sie hatte eine Dränage gelegt, der Boden war geschrumpft und hatte die Lehmwände zum Reißen veranlaßt.

Viele Grundeigner glauben, daß man Gräben auf eigenen Liegenschaften zuschütten oder verrohren darf, um einfacher mähen zu können. Das ist nach den Wassergesetzen aber mit gutem Grund verboten, und wenn, dann überhaupt nur mit einer wassertechnischen Genehmigung möglich. Ein Bekannter hatte einen Bach an seinem Haus gesetzwidrig verrohrt. Eines Tages hatte er Wasser in der Wohnstube. So etwas kommt eben alle zwanzig Jahre mal vor und ist kein Künstlerpech, sondern nach Friedrich Schiller der Fluch der bösen Tat.

Seitdem in fast jedem Ort kein Landwirt mehr im Gemeinderat sitzt, werden die Feldgräben vernachlässigt. In einigen Orten hat es sich bereits gerächt.

Hochwasser wurden schon immer politisch mißbraucht. In der Russenzeit hatte das Neue Deutschland für jeden Starkregen in Hessen, Bayern und Württemberg die Schuldigen ausgemacht: Je nach Wahl die Bonner Ultras, den Kapitalismus, die Amis, die rechten Führer der SPD oder das Monopolkapital. Für die Großmutter war es dagegen Petrus, der bestimmte Gegenden für Sünden bestraft hat. Ansonsten gibt es in der Bibel seit der Arche Noah keine Gebote zum Hochwasserschutz.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Das Wasser ist ein freundliches Element für den, der damit bekannt ist und es zu behandeln weiß.“ (Geh. Rath v. Goethe, 1809)