Pentagon, Robotron und Pergamon

In der Russenzeit besuchte eine japanische Delegation die Zone. Zum Schluß wurde gefragt, was den Gästen am besten gefallen hätte. – Am besten wären die Museen gewesen: Pentagon, Robotron und Pergamon.

Das war natürlich eine zeitgenössische Anekdote. Von den Museen hat Dresden nun ein weiteres, wenn man Zero Hedge glaubt. Ein Eintrag von Lawrence Person:

Der deutsche Technologieriese Bosch hat die Tore einer neuen Halbleiterfertigung in Dresden geöffnet, von der er hofft, daß sie die erhebliche Lücke schließt, die derzeit in den Lieferketten der Automobilindustrie steckt.

Der Standort, dessen Bau das Unternehmen schätzungsweise mehr als 1 Mrd. € gekostet hat, wird die Produktion im September beginnen. Noch ist unklar, wie das Produkt vertrieben wird und ob deutsche Hersteller – darunter Volkswagen, BMW und Daimler – in der Warteschlange Vorrang erhalten.

„Die neue Fabrik ist die größte Einzelinvestition in der Firmengeschichte. Dies kann nicht zu sehr betont werden. Allein ihre Größe und die zusätzliche Produktionskapazität sind beeindruckend. Modernste Methoden der datengetriebenen kontinuierlichen Verbesserung in der Produktion machen das Werk Dresden zu einer Smart Factory“, sagte Bundeskanzlerin Merkel: „Um es anders auszudrücken: In diesem Werk haben sich natürliche und künstliche Intelligenz mit dem Internet der Dinge zu einer produktiven Symbiose zusammengeschlossen.“

Hier wiederholt die alte Jungfer Merkel (im amerikanischen Text deutsch) zweifellos einige allgemeine Technomarketing-Floskeln, die ihr von einem Adjutanten gereicht wurden, da ich vermute, daß Merkel die aktuellen Entwicklungen in der Künstlichen Intelligenz ebenso wenig kennt wie ich die Lieder, die sie in der Freien Deutschen Jugend gesungen hat.

Wie innovativ wird die Bosch-Fabrik sein?

Die 300-mm-Fabrik befindet sich seit Juni 2018 im Bau und noch im Oktober 2019 hieß es, die Dresdner Wafer-Fabrik solle im Frühjahr 2020 in Betrieb gehen…

Die Fabrik nutzt 5G-Kommunikation und künstliche Intelligenz für eine weitgehende Automatisierung und wird laut einem Unternehmenssprecher für die Herstellung von Leistungshalbleitern und ASICs für Automobilanwendungen bis zu einer Mindestgeometrie von 65 nm verwendet.

300 mm ist Industriestandard, und Dresden macht Sinn, da Infineon, Global Foundries und X-FAB dort bereits Fertigungen haben, so daß man auf einen Fachkräftepool zurückgreifen kann. Das Seltsame hier ist, 1,2 Mrd. US-Dollar für den Bau einer neuen 65-nm-Fabrik auszugeben, da dies etwa sieben Prozessknotengenerationen hinter dem neuesten Stand liegt. 65 nm war 2005 wegweisend.

Man benötigt keine modernste Prozeßtechnologie, um integrierte Automobilschaltungen zu bauen, die in der Regel ältere Prozessknoten verwenden, aber 65 nm bietet auf lange Sicht nicht viel Spielraum. Es geht auch nicht wirklich darum „mit Asien zu konkurrieren“, da es hoffnungslos hinter nicht nur den Marktführern TSMC und Samsung steht, sondern auch etwa der Hälfte der Fabriken, die von den chinesischen Unternehmen SMIC und Unigroup betrieben werden. Es ist schwer vorstellbar, 1 Milliarde US-Dollar in den Bau einer älteren Technologiefabrik zu investieren, anstatt die Produktion zu vergeben. (Natürlich sind die Produktionskapazitäten derzeit stark eingeschränkt, und vielleicht konnte die Bosch-Führung das schon beim Spatenstich 2018 sehen.)

Könnte es sich dennoch als eine anständige Investition erweisen? Möglicherweise. Kurzfristig entlastet es die derzeitige Kapazitätsknappheit und läßt Bosch an Kunden verkaufen, die keine Produktion buchen können. Außerdem scheint die Halbleiterfertigung das zu sein, was europäische Regierungen gerne subventionieren. Und tatsächlich heißt es in einem DW-Beitrag: „Auch die Bundesregierung hat in das Werk investiert.“ (Es würde mich auch nicht überraschen zu erfahren, daß verschiedene undurchschaubare EU-Agenturen mit mehreren Akronymen, die den Wählern in Barcelona und Danzig unbekannt sind, ebenfalls Geld kassieren.) Angetrieben von Steuergeldern könnte der Bau einer 65-nm-Fab immer noch ein profitables Vorhaben für Bosch sein.

Aber Fabriken schließen die ganze Zeit, sogar 300-mm-Fabriken. Der Bau einer Fabrik, die an einem so alten Prozessknoten arbeitet, macht die Rentabilität zu einer viel schwierigeren Aufgabe, insbesondere angesichts des nächsten unvermeidlichen Branchenabschwungs. Sie haben nur noch wenige Jahre, bis alles veraltet ist. Bosch hat sich für diese Investition einen sehr kurzen Weg zur Rentabilität vorgegeben.

In den 1990er Jahren war Europa konkurrenzfähig mit amerikanischen und japanischen Halbleiterunternehmen, mit Fabriken, die in Großbritannien, Irland, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und sogar Italien gebaut wurden. Heute verfügen von diesen Ländern nur Irland (Intel) und Deutschland über 300-mm-Fertigungen, obwohl sie über hochqualifizierte Arbeitskräfte und eine moderne technologische Infrastruktur verfügen. Russland hat offensichtlich auch eine, die Crocus Nano Electronics, auch mit 65 nm, die 2015 die Produktion aufgenommen hat. Europas Halbleiterindustrie wurde nicht nur von Taiwan und Südkorea überholt, sondern auch von China.

Während der Integration Europas stagnierte die Halbleiterfertigungskapazität. Hochintegriert, ja, aber auch stark reguliert und stark gewerkschaftlich organisiert. Wie ich bereits sagte, ist der Bau von hochmodernen Fertigungen ein sehr teures Spiel.

Soweit Zero Hedge. PB hat sich mal den auf den Umsatz bezogenen Gewinn der führenden Hersteller angesehen: Die Margen sind selbst jetzt in der Knappheit überschaubar. Die Besten machen etwas mehr als 10 % Gewinn. Infineon machte 2020 genau 3,8 %.

 

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: 1989 war bei Robotron der erste begehbare Microchip produktionsreif.