Ein Blick hinter die Kulissen der Lebensversicherung

PB hat die Hoffnung aufgegeben, daß sich auf absehbare Zeit in den Medien und in der Politik was bessert und legt das Schwergewicht deshalb auf Beratung der Leser im Angesicht der heraufziehenden Finanzkrise. Denn individuell kann man sich vor der Verderbtheit des jeweiligen Mainstreams schon schützen, wie die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigt.

Heute ein Blick auf die überaus populären Lebensvericherungen (LV). Aus der historischen Perspektive sind Versicherungen für die Kunden eine Katastrophe. 1923 und 1948 waren sie fast Schrott, ihr Wert betrug jeweils noch etwa 10 %. Sie kamen etwas besser weg als Geld, aber deutlich schlechter, als Gold, Silber, Immobilien, Vieh, Wald, Schmuck, Antiquitäten und Aktien.

Bis 2015 wurden die LV durch die Anlageverordnung gezwungen vorwiegend in Staatsfinanzierung zu „investieren“. Das war wegen Wegfall der Verzinsung nicht mehr haltbar und diese Verordnung wurde für große LV-Gesellschaften ab 2016 nicht mehr angewendet. Die folgende Tabelle zeigt die Anlageklassen für die Summe aller deutschen LV. Maßeinheit sind Milliarden €:

Jul 16 % Jul 20 %
Aktiva 1250 100 1370 100
Schuldverschreibungen Staaten 81 6,5 118 8,6
Schuldverschreibungen Kapitalges. 27 2,2 30 2,4
Schuldverschr. Sonst. 95 7,6 94 6,9
Aktien 47 3,8 66 5,2
Investmentfonds 447 35,8 593 43,3
Kredite an Staaten 112 9 102 7,4
Kredite an Kapitalges. 30 2,4 33 2,4
Kredite sonst. 99 7,9 91 6,6
Derivate 4 0,3 3 0,2
Einlagen, Cash 243 19,4 189 13,8
Sonstiges 65 5,2 51 3,7
davon Staatsfinanzierung:
Deutschland 94 7,5 102 7,4
Frankreich 20 1,6 24 1,8
Italien 9 0,7 2 0,1
Griechenland 0 0 0 0
Spanien 11 0,9 13 0,9

Es ist erschreckend zu registrieren, daß die Bilanzsumme seit Lehman Brothers 2008 stark zugenommen hat. Es herrschen große Sorglosigkeit und  grenzensloses Vertrauen. Aus verzinslichen Festgeldern wurde vom Publikum offensichtlich in LV umgeschichtet.

Früher war ich so naiv zu glauben, daß bei den Lebensversicherern irgendwelche schlauen Profis sitzen, die das Geld professionell investieren. Das ist offensichtlich nicht oder eingeschränkt der Fall. Die Klinken werden von Akquisiteuren der Fonds geputzt, über 43 % der Bilanzsumme wird außerhalb der Vericherungsbürotürme „gemanagt“. Gerade 2021 haben sich viele Fonds verzockt, und auch die Jahre zuvor wurde der DAX und der Dow Jones selten geschlagen. Hier ein paar Beispiele der vergangenen 12 Monate:

DWS Top Dividende LD Fonds minus 9,3 %
Flossbach von Storch – Multiple Opportunities R Fonds plus 2,3 %
UniGlobal Fonds plus 9 %
Dirk Müller Premium Aktien R Fonds minus 7,9 %
Selbst die legendäre Berkshire Hathaway Aktie ist seit dem März 2020 erstmals seit Menschengedenken ins Schleudern gekommen und verlor 4,3 %, weil Warren Buffet zuviel Vertrauen in die Banken hegte.

Nun lassen sich Fondsmanager unabhängig von ihrem Glück relativ fürstlich bezahlen, so daß ihre Kunden nicht selbst den Reibach machen. Und sie haben den Hang PC zu investieren, das kann, aber muß nicht gutgehen. Die Investitionen in spanische und tschechische Solarfelder waren ein einziger Flop. Viel gläubiges grünes Investorengeld verschmorte auf den Glasplatten. Vor Gericht wird immer noch wegen Entschädigungen rumprozessiert, wie die PB Wirtschaftsredaktion hintenrum erfuhr. Zahlreiche Gaskraftwerke sind pleite und umweltkonforme Investments in den Regenwald wurden regelmäßig zum finanziellen Armageddon.

Wenn man selbst in einen Korb unzerstörbarer Qualitätsaktien investiert spart man die Gebühren der Fondsmanager und der Versicherer. Mit Nestle, Johnson & Johnson, Procter & Gamble und Unilever beispielsweise kann man nicht viel falsch machen. Telefoniert wird ständig, das ist eine regelrechte Sucht. Noch ein Hinweis. Derzeit kann man wegen dem guten Wechselkurs amerikanische und britische Aktien zum Schnäppchenpreis bekommen, aber aufgepaßt: Der Euro ist schon wieder beim Fallen.

Hier ein Exempel, wie sich ein Korb von Qualitätsaktien in den letzten wirklich schlechten 12 Monaten entwickelt hat:

Nestle Kurs minus 4,2 %, Dividende 2,79 %
Johnson & Johnson Kurs plus 0,7 %, Dividende 2,56 %
Procter & Gamble Kurs minus 1 %, Dividende 2,64 %
Unilever Kurs minus 3,6 %, Dividende 3,15 %
Deutsche Telekom Kurs plus 2,7 %, Dividende 4,11 %
BHP Group Kurs plus 13,9 %, Dividende 5,83 %
Deutsche Post Kurs plus 24,4 %, Dividende 3,68 %
Reckitt Benckiser Kurs minus 1,8 %, Dividende 2,82 %

Mit diesem unaufgeregten Sicherheitspaket wäre man im Krisenjahr 2020 etwas besser über die Runden gekommen als mit der LV. Wenn man noch Amazon oder Apple im Depot gehabt hätte, wäre man vor Lachen nicht mehr eingeschlafen.

Zurück zu den LV: An der Anlagenstreuung zeigt sich Verantwortungsscheu, die Arbeit wird aus den Versicherungsunternehmen hin zu den Fonds auslagert. Das kann sich bis zur Lustlosigkeit und zum Fatalismus auswachsen. Auch die schlecht verzinsten deutschen Staatsschulden sind zu hoch gewichtet. Riskante Teile aus Grichenland und Italien sind inzwischen weitgehend ausgemustert, aber französische Schulden haben sogar zugelegt.

Für mich ist es rätselhaft, warum LVs mit mickriger Verzinsung und hohem Risiko so begehrt sind. Da fehlt wohl das Finanzwissen. Bei Bankzusammenbrüchen gehören Aktiendepots und der Inhalt von Schrankfächern (so dezent heißen die Tresore in der Schweiz) nicht zur Konkursmasse, das sollte man auch bedenken. Das Vermögen des Sicherungsfonds Protector reicht jedoch nur aus, um die Pleite einer einzigen mittelgroßen LV aufzufangen.

 

Grüße an den V-Schutz: Jeder hat ein System, reich zu werden, das nicht funktioniert.  (Murphy)