Einfach nur kuriose Versuche der Innenstadtrettung

Ein CDU-Ministerpräsident machte kürzlich den Vorschlag, auf den Onlinehandel zu verzichten und Gutscheine zu verschenken. Da gibts unterm Weihnachtsbaum vermutlich Tränchen. Lange Gesichter werden bei dem heutzutage wenig verzichtsgewohnten Nachwuchs noch ein Glücksfall sein.

Nun hat die CDU noch einen Gang zugelegt. Sie will die Innenstädte mit einer Onlinesteuer retten. Die Begründung ist allerdings schräg: Der Einzelhandel würde für die Städte ja Steuern (Gewerbesteuer) zahlen, der Onlinehandel nicht. Wer sich ein bißchen auskennt weiß, daß das eine sehr mutige Behauptung ist. In den meisten Kommunen betragen die Gewerbesteuern des Einzelhandels, der Gastronomie und der Hotellerie zusammengenommen keine 5 % des Gesamtertrags. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die Kaufhäuser seit Jahren an der Pleitegrenze agieren, den Boutiquen und Kneipen geht es nicht viel besser. Da helfen auch keine Überbrückungskredite und keine Verlustrückträge. Für die Gewerbetreibenden gibt es nach § 11 Abs. 1 GewStG betriebsbezogen ohnehin einen Freibetrag von 24.500 €. So peinliche Sachen erzählen die Karnevalskumpels der Ehrengarde der Stadt Köln ihrem Ehrensenator Laschet wohl nicht so detailliert.

Verlustrückträge sind Verrechnungen von Verlusten mit in Vorjahren gemachten Gewinnen. Diese Gewinne muß man vor 2020 aber irgendwann mal gemacht haben. Bei jedem zweiten Betrieb greift man da ins Leere.

„Die Mittel werden also in vollem Umfang zur Stärkung eines vielfältigen Einzelhandels in lebendigen Innenstädten eingesetzt“, verspricht die Union, „nichts davon verbleibt in der Bundeskasse.“ Um die klare Ausage, daß es sich um eine Gemeindesteuer handeln könnte, drückt man sich offensichtlich. Und wie soll das Geld an die Gemeinden verteilt werden? Pro Kopf, pro Kilometer zu unterhaltende Gemeindestraße oder nach Parteibuch des Bürgermeisters?

Die Verfassung und die Vernunft fordern eine gewisse Gleichbehandlung – auch der Kommunen. Das zu realisieren ist eine schwere Kunst. Innenstädte sind entstanden, weil man in wenig Zeit viel erledigen konnte. Das kann man steuerlich nur mit der Grundsteuer adäquat abbilden. Nun ist die Innenstadt dank der Rettungspolitik der Kanzlerin genau der Ort, wo man nichts mehr erledigen kann. Die logische Konsequenz wäre die Aussetzung der Grundsteuer. Die liegt in der Kompetenz der Bundesländer, denn fast überall haben die Länder Mindestsätze verfügt, die die Kommunen der Steuererhebung zugrunde legen müssen, egal was passiert.

Die Onlinesteuer – so wie von der CDU angedacht – ist eine zweite Umsatzsteuer neben der schon erhobenen. Ich kalkuliere mal, daß die Wettbewerbskommissarin der EU – Margarete Vestager – den mutigen Projektemachern auf die Finger kloppen wird. Denn die Kompetenz Steuern nach Gusto zu erheben, hat Deutschland schon längst nach Brüssel abgegeben.

Innerhalb der Europäischen Union ist die Umsatzsteuer aufgrund der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL), die seit dem 1. Januar 2007 gilt, einheitlich geregelt. Jedes Land hat die Umsatzsteuer zu erheben. Die Mitgliedstaaten müssen einen Regelsteuersatz von mindestens 15 % haben. Eine Obergrenze für die Steuersätze ist nicht vorgegeben. Auch ist es ihnen gestattet, für bestimmte Leistungs- und Warengruppen geringere Steuersätze vorzusehen. Der Mindeststeuersatz für den ermäßigten Steuersatz ist 5 %. Nach Maßgabe der Richtlinie können Leistungsgruppen von der Mehrwertsteuer befreit werden oder es kann für sie ein Nullsatz eingeführt werden. In Deutschland sind das z.B. Wohnmieten und ausgewählte Gesundheitsleistungen. Aber eine zweite Umsatzsteuer ????

Von einer zweiten Umsatzsteuer ist in der EU-Doku nicht die Rede. Die CDU ist zunehmend eine Partei völliger Ahnungslosigkeit und wirtschaftspolitischer Inkompetenz. Das hat man bereits gesehen, als Scheuer die Eurokraten mit seiner Maut austricksen wollte. Erst hat die Partei Angela Merkels den Löffel in Brüssel abgegeben, und nun veräppelt sie die Wähler mit eitlem Blendwerk. Ab und an tun die CDU-Notabeln noch so, als hätten sie etwas zu sagen. Irre!

 

Grüße an den V-Schutz:  Johann Wolfgang von Goethe  „Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.“