Glanz und Elend der Gesetzestreue

In der Russenzeit hörten wir es von Rentnern, die aus dem Westen zurückkamen und wir sahen es auch im Westfernsehen: Es gab jenseits des Stacheldrahts eine realtiv stabile Rechtsordnung, einen hohen Grad von Verläßlichkeit, ein geordnetes Staatswesen und eine breite Zustimmung zum System, zumindest wenn man von den Sendungen „Report“, „Aspekte“ und „ttt“, den Maoisten sowie der DKP mal absah.

Im Gegenzug waren die Bundesbürger relativ gesetzestreu. Damals ging ein Bonmot um: EU-Verordnungen werden in Italien ignoriert, in Frankreich gelesen und in Deutschland angewendet. Hand in Hand ging mit der Gesetzestreue eine traditionelle Staatsgläubigkeit. Die Legitimität eines Staats resultiert aus einer Aufgabe, die gelöst wird. In der Bundesrepublik war es der erfolgreiche Wiederaufbau nach dem Kriege bzw. die Auferstehung nach der Russenzeit. Friede, Freude, Eierkuchen.

Die Gesetzestreue hatte immer die Kehrseite des vorauseilenden Gehorsams und des Untertanengeistes. Das Funktionieren und die breite Akzeptanz des Dritten Reiches hatte auch mit dem Drang nach geordneten Verhältnissen zu tun. Und dann entwickelten sich eben gesetzlich festgezurrte Sachen, die die Parteigenossen mit ihrem gesunden Menschenverstand nicht gemacht hätten. Ebenso in der Sowjetzone. Letztlich waren die sog. „DDR“ und das Dritte Reich insofern Rechtsstaaten, als Gesetze vom Staatsapparat und der Partei akribisch, manchmal pedantisch befolgt wurden, blos diese Gesetze widersprachen den Zehn Geboten und wurden  rückwirkend als illegitim eingeschätzt. Karl Marx war jemand, der wie Dr. Merkel vor der geringsten Spontaneität Manschetten hatte. Seine Ideen einer zentralen Planwirtschaft und der Diktatur entspringen nicht der jüdischen Tradidition, sondern einem in seiner Seele tief verwurzelten Krisenangst und einem pathologichen Kontrollzwang. Auch Hitler war Planungsperfektionist, die künstlerischen Details der Totenehrungen, den Feuerzauber bei nächtlichen Scheiterhaufen und Flammenrädern, das Abschreiten der Gassen zwischen riesigen Menschenblöcken und die Plazierung des Fahnenschmucks, alles das waren Details, die der Führer sich nicht aus der Hand nehmen ließ, weil er sich als Künstler berufen fühlte. Und für die Feiern und Riten in der Provinz, die er nicht persönlich leiten konnte, gab es seine verbindlichen Handbücher. Das „Amt für Fest-, Freizeit- und Feiergestaltung“ war der Herausgeber dieser Handlungsanweisungen und der zentrale Tummelplatz Hitlers. Blos nichts dem Zufall überlassen!

Das Gegenteil war bei den vom Staat Betuttelten und Gegängelten in Italien und in der Zone der Fall. Wegen einer disfunktionalen Kulisse – in Italien das Arbeitsrecht, in der Zone Planwirtschaft und Korruption – gehörte es zum Überleben, gesetzliche Regelungen, Verordnungen und Anweisungen möglichst geräuschlos zu umgehen. „Freitag ab eins macht jeder seins“. Sowohl in Italien, wie in der sog. „DDR“ zog man sich mehr ins Private zurück.  „Wenns nicht geht wie man will, muß mans tun wie man kann“, so ein Ausspruch des Runkelritters im Mosaik „Das Turnier zu Venedig“ Heft 90, S. 7. Der Diebstahl von sog. „Volkseigentum“ war an der Tagesordnung. Der kleine Anhänger aus Mühlhausen hatte den Spitznamen „Klaufix“.

Nach diesem Ausflug in die Prähistorie der Blick in die Gegenwart. In den zehn Geboten ist nirgends von Stubenarrest, von Betriebsschließungen und Kontaktbeschränkungen die Rede, außerdem ist der Götzendienst an Klima- und Pandemiealtären grundsätzlich streng untersagt (Erstes Gebot). Dr Merkel  propagiert bzw. verlangt teilweise irre Verhaltensweisen, die von der traditionellen Praxis nicht gedeckt sind:

  • Maskenpflicht im Freien
  • Hausarrest für Leute, die kerngesund sind
  • Besuchsverbote selbst für intime Treffen im privatesten Kreis

Über Kino, Konzerte, Muckibuden & Co will ich angesichts dieser Exzesse gar nicht erst diskutieren.

Meine Freundin war schon ein paarmal verzweifelt, weil ihr das alles auf den Kranz geht und sie die geheime Weltregierung den Plot aus „1984“ von George Orwell spielen sieht. Deutschland als Farm der Tiere mit christdemokratischen, sozialdemokratischen und grünen Schweinen und das Monstrum aus der Uckermark als Schwein Napoleon. Bauten die Tiere nicht sogar an einer Windmühle um Strom zu erzeugen? Bis in lächerliche Kleinigkeiten wird die Farm Realität.

Ich sehe das Szenario etwas optimistischer. Wo Risiken sind, gibt es auch Chancen. Und zwar für eine Bürgergesellschaft, die sich um den Staat nicht mehr groß kümmert, die mit der Administration nur auf Sparflamme kommuniziert und die Gesetze systematisch bricht. In vielen Ländern ist das bereits seit grauer Vorzeit Praxis, ohne daß die guten Sitten verloren gingen. Bei dezentraler Aushandlung von Schuldverhältnissen kommt es zu vielen kleinen Reibungen, aber arme Staaten mit widerborstigen Untertanen machen keine Weltgeschichte mit großen Schweinereien.

Man vergleiche mal den italienischen Faschismus mit dem deutschen Nationalsozialismus.  In Rom ging es mehr ums Tragen schicker Uniformen. Fare una bella figura. Als der Weltkrieg erkennbar nicht zu gewinnen war, kümmerte man sich um sich selbst und den Familienbesitz. Die Macht verfiel schon 1943. Nicht so in Deutschland. Die Gläubigen opferten an den Altären mit den Hakenkreuzdeckchen bis in das Jahr 1945 hinein. Meine Mutter bekam im März 1945 eine Postkarte von ihrer Schwester: „Der Führer wird schon wissen, was er macht.“ Was war der verfressene ungarische Gulaschkommunismus der 70er und 80er Jahre verglichen mit der verborten sowjetischen Rechtgläubigkeit?

Wenn man angesichts der Kóronahektik etwas Staatsgläubigkeit abwerfen kann, ist das ein Wert an sich. Millionen Freunde treffen sich derzeit heimlich und unheimlich zu kleinen Feiern und Besuchen. Mehr als noch vor einem Jahr. Die Jugend feiert unbeobachtet in Partykellern und Gartenlauben romantische Bulis. Rückkehrer von irgendwelchen Reisen melden sich nicht beim Staat.  Moslems verraten nach ihren Hochzeiten die Teilnehmer nicht an sog. „ungläubige Köter“ in den Ämtern. Familien treffen sich völlig ungeniert am hellichten Tage unter den Augen der Nachbarn. Die Kinder spielen wszyscy razem, tutti insieme, alle zusammen auf der Straße. Es werden unleserliche Teilnehmerlisten geschrieben.  Viele im Shutdown nach Hause abgeschobene Leute arbeiten schwarz. Vermögen wird in intransparente Güter umgeschichtet oder ins Ausland gerettet. Der Staat blamiert sich vor seinen Steuerzahlern bis auf die Knochen. Um fünf sog. „Deutsche“ zu verhaften, braucht es 1.600 Polizisten.

Die Schere zwischen Dichtung und Wahrheit, zwischen Anordnung und Befolgung, Erfolgspropaganda und Realität klappt immer weiter auf. Die Legitimität der Regierung verliert sich jeden Tag mehr. Diejenigen, die etwas älter sind, haben diese Erosion der Macht schon mal erlebt.  Die Vertrautheit mit den Zuständen verstärkt sich täglich. Das Ende der Bilderbergepoche mit einem deutlichen Knall ist abzusehen. Ich tippe auf einen Herbst zwischen 2025 und 2030.

 

Grüße an den V-Schutz: Es bringt die Zeit ein anderes Gesetz. (Fr. v. Schiller, Wilhelm Tell 1804)