Radwege als Rennpisten

Heute war ich mit der Freundin auf einer der schönsten Radrouten in Deutschland unterwegs: Durchs Saale- und Unstruttal von Bad Kösen nach Freyburg und retour. Es hatte sogar eine Besenwirtschaft auf. Man fährt an Weinbergen vorbei, ab und zu erhascht man einen Blick auf die Saale, den Naumburger Dom und die Neuenburg. Dazu noch Kaiserwetter.

Etwas Gift ergießt sich allerdings in den Ozean der Zufriedenheit. Es hat mit der Elektromobilität auf Radwegen zu tun. Meine Bekannten hatten mich schon gewarnt: Rentner, die das schwere E-Rad kaum beherrschen, brettern durch die Kurven, tauchen unvermittelt in Wegmitte auf und erschrecken die Sportsfreunde, die mit Muskelkraft fahren. Ein Normalrad wiegt etwa 15 kg, für ein elektrifiziertes muß man etwa 10 kg mehr rechnen. Es bremst etwas schlechter, wird in der Regel aber schneller gefahren. Man hört in letzter Sekunde ein leichtes Brummen, und dann überholt ein E-Rad.

Ältere Herrschaften mit Radlerhosen und Sturzhelmen, die altersgemäß normalerweise schieben würden, überholen fit wie die Turnschuhe mit rasanter Geschwindigkeit. Ich habe mir die Waden angesehen, an denen konnte es nicht liegen. Und dann sah ich halt die Batterie. Sie können kaum auf- und absteigen ohne zu ächzen, fahren aber wenn sie einmal oben im Sattel sitzen oft flotte Sohle.

Kürzlich kam es auf einem ausreichend breiten asphaltierten Radweg zwischen Ehringsdorf und Taubach auf grader Strecke – ohne Sichthindernisse – zum Frontalzusammenstoß zweier E-Bikes. Die Lokalzeitung des westdeutschen Funke-Konzerns berichtete: „Aus bisher unbekannten Gründen kollidierten zwei E-Bike-Fahrer miteinander und stürzten anschließend. Ersthelfer versorgten die verletzten Radler bis zum Eintreffen der Rettungskräfte. Ein alarmierter Notarzt, ein Rettungswagen und ein Rettungshubschrauber versorgten die Verletzten zunächst vor Ort. Einer der beiden Radfahrer musste anschließend mit schweren Verletzungen mit dem Rettungshubschrauber in eine Klinik geflogen werden. Der Fahrradhelm des Radfahrers wurde bei dem Unfall schwer beschädigt.“

Zum Glück wurden beide nicht getötet. 2019 kamen in Deutschland insgesamt 114 E-Radfahrer bei Verkehrsunfällen ums Leben, die meisten nicht durch abbiegende Lkws oder Autorennen von Moslems, sondern durch überhöhte Geschwindigkeit und Verlust der Gewalt über das Fahrzeug. Wieviele Radfahrer und Fußgänger die Elektrohelden umgenietet haben, ist leider nicht bekannt. Die allermeisten Unfälle sind wohl Soloereignisse, wo die Verkehrsopfer im Straßengraben landen, gegen einen Baum krachen oder eine Böschung runterrutschen.

2020 ist die Zahl der Unfälle schon wieder in die Höhe geschnippt: So hat es nach Angaben des hessischen Statistischen Landesamts im Corona-Frühjahr 50 Prozent mehr Unfälle mit Pedelecs gegeben als noch im ganzen Vorjahr. Von Januar bis einschließlich Mai ereigneten sich in Hessen insgesamt 194 Unfälle mit Fahrrädern mit Hilsmotoren, bei denen Personen verletzt wurden, im gesamten Vorjahr 2019 waren es 129.

Mit der Ruhe auf den Radwegen und dem verträumten Blick in die Landschaft ist es erst mal vorbei. Man muß überall auf der Hut sein.

 

Grüße an den V-Schutz: E-Fahrräder sind so eine Vorstufe des autonomen Fahrens, allerdings ohne künstliche und natürliche Intelligenz.