Polen ist etwas freier

Im Rahmen meiner diesjährigen Habsburg-Tour habe ich zuletzt auch noch Polen besucht. Allerdings dieses Mal eine Ecke, die garnicht zu Cisleithanien gehört hatte – das Ostseebad Misdroy – Miedzizdroje. Es war eine kurze Auszeit vom Kóronaterror. Zugegeben, wenn man dort Geschäfte betritt, sieht man auch bei vielen Leuten Gesichtsschutz. Aber er ist nicht allgemein verbindlich – im wahrsten Sinne des Wortes. Man kann auch nasennackt in Läden reingehen. In Gaststätten laufen die Kellner mit wenigen Ausnahmen normal rum, die Gäste sowieso. Teilnahme- und Anwesenheitslisten liegen nirgends aus. Die Polizei hat sich weitgehendst zurückgezogen, es gibt keine Verhaftungen und keine Identitätsfeststellungen. Abends finden zahlreiche kleinere Musikdarbietungen statt, die Kultur ist nicht ganz am untersten Limit. Es ist quirlig und für jeden Geldbeutel gibt es was.

Im Regierungsfernsehen ist auch Kórona Trumpf, aber die Leute sind nicht so staatsgläubig wie bei uns. Zum Vergleich sind wir mal einen Tag nach Deutsch-Usedom gefahren. Das ist etwas aufwändig, denn in Swinemünde muß man sich einschiffen, um die Oder auf einer der drei Fähren zu überqueren, was eine Stunde gedauert hat. Es ist aber ein Odertunnel im Bau. so daß die Reise nach Deutschland zukünftig schneller über die Bühne gehen wird.

Ahlbeck ist gegenüber Misdroy geleckt, etepetete und etwas langweilig, saturierter Hamburger Hanseatengeschmack. Es ist aber überall Kóronaterror, in den kleinen Fakeeisenbahnen sitzen dicht gedrängt verängstigte Kleinbürger, in den Restaurants liegen Anwesenheitslisten aus, meine leicht anarchistische Freundin hat es aber hingekriegt ohne Maske unangepfiffen aufs Klo zu gehen. Kulturunterschiede, obwohl auf Usedom quasi keine Infektionen gemeldet wurden – links und rechts der Grenze.

Zum Schluß ein fettiger und süßer Gruß an Frau Künast von der Seebrücke in Miedzyzdroje. Knallrot auf der Lebensmittelampel.

Nach dem Streik auf der Danziger Leninwerft (Neues Deutschland: „Störungen im Arbeitsrhymus“) gab es 1980 die Anekdote, wo sich ein polnischer und ein deutscher Hund treffen. Der polnische fragt: „Was ist Wurst?“ Der deutsche fragt zurück: „Was ist Bellen?“. Inzwischen weiß der polnische Hund was Wurst ist, aber der deutsche kann immer noch nicht bellen.

 

Grüße an den V-Schutz. Der Deutsche ist klug bis Mittag; bald danach wird er töricht. (polnisches Sprichwort)