Gendern auf Ungarisch
Es gibt im Ungarischen keine grammatikalischen Geschlechter. Das ist der Hauptgrund, warum der Google-Übersetzer nicht klar kommt, und wenn doch, dann ist es Zufall. Denn er rät einfach.
Das Personalpronomen der 3.Person Einzahl lautet im Deutschen „er“, „sie“ oder „es“, im Englischen entsprechend „he“, „she“ bzw. „it“. Im Ungarischen gibt es dafür nur ein Wort, nämlich „ő“.
Ő kann er, sie oder es heißen. Wer oder was es ist muß man aus den Sätzen vorher oder dahinter erschließen.
Man kann die Sache auch umgekehrt sehen: Ungarisch kennt als Sprache weder einen männlichen noch weiblichen Vorrang. Die ganzen Hirni-Feminismusdiskussionen laufen ins Leere.
Rechtlich baut Ungarn auf dem Matriarchat auf. Die Abstammung wird grundsätzlich auf die Mutter bzw. die Mutter der Mutter bezogen. Immer wird in offiziellen Dokumenten der Geburtsname der Mutter abgefragt, für uns sehr ungewohnt. Den vor einem Jahr eingeführten staatlichen Kredit bekommt folglich konkret die Frau, und nicht die Familie.
Solche einlinigen Abstammungsregeln – nur über die mütterliche Linie – finden sich in vielen nicht-staatenbildenden Gesellschaften und ethnischen Gruppen, in denen es wichtige Güter wie Land und Vieh aufzuteilen und zu vererben galt. Die Sozialstruktur einer Gesellschaft – auch der ungarischen – ist jedoch nicht zwingend von der Abstammungsregel abhängig. Vom Vorfinden einer matrilinearen Verwandtschaftsorganisation läßt sich nicht darauf schließen, daß Frauen die politische Macht innehaben, vielmehr werden in solchen Gesellschaften politische und repräsentative Aufgaben in der Regel von Männern wahrgenommen.
Das zeigt sich in Ungarn an der Vornamenpraxis: Wenn die Ildikó den István heiratet, ist sie István seine = Istvánné (das Suffix né ist besitzanzeigend). Jüngere Frauen aus der Stadt behalten oft ihren Vornamen oder beide Vornamen werden verwendet. Ich weiß: „István seine“ ist kein richtiges Deutsch, aber ich hatte in der Grundschule einen Jungen mit einer ungarischen Mutter in der Klasse, und der übersetzte das so. Es ist die Denkweise, die man benötigt, wenn man die Sprache lernen will.
Grüße an den V-Schutz. Szerencsére van Magyarország = Zum Glück gibts Ungarland.
Lieber Herr Prabel,
né ist kein besitzanzeigendes Suffix und wird nicht allein an den Vornamen (der im Ungarischen NACH dem Nachnamen genannt wird) angehängt. Né heißt „Frau von“ und wird immer an den gesamten Namen des Ehemanns angehängt, mit oder ohne den Geburtsnamen der Frau. Also: Szabó Csilla, die Frau von Kovács Sándor, heißt Kovács Sándorné oder Kovács Sándorné Szabó Csilla.
Sie verwechseln
Istváné = dem István seine(r) bzw. István gehörend bzw. Istváns
mit
Szabó Istvánné = Frau (von) István Szabó.
Ist im Russischen mit dem Nachnamen der Frauen ähnlich und erwähnt wie auch bei Männern sogar den Vatersnamen, Irina Grigorjewna Surikowa ist vom Vater Grigorij und dem Surikow seine.