Geliefert wie bestellt

Im großen Stil begann das jüngste Zeitalter der Gefühligkeit in Deutschland mit dem Format der Fernsehstuhlkreise. Einige Gäste, als Prototyp Fräulein Roth, äußerten sich nicht mehr zu Fakten und Zahlen, sondern hantierten mit Emotionen: Empörung, Begeisterung, Abscheu. Dagegen halfen keine Pillen und keine heißen Umschläge, schon gar keine Argumente. So einen elitären Ekel vor den Realitäten hatte es früher in Monarchien auch schon gegeben, vor zweihundert Jahren war es der Sturm und Drang, vor hundert die Lebensreform.  Der Irrationalismus kommt in Schüben über die Deutschen, und zwar immer wenn es dem Esel zu gut geht, sehnt er sich nach Eis.

Es dauerte eine ganze Weile bis diese konturlose Wolkigkeit der Wahrnehmung von den Medien auf die Politik übersprang, noch Bundeskanzler Schröder, der aufstrebende Sproß einer Raumpflegerin, befaßte sich mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten, was ihm in seiner Partei schon damals übel genommen wurde. Großtechnisch wurde die Angst vor der Verletzung von irgendwelchen Gefühlen durch schlechte Bilder erst unter Dr. Merkel politisch bewirtschaftet. Das begann mit Fukushima und endet mit Kórona.

Ausgerechnet die Medien, die mit dem Minderheitenkäse und dem Weghaluzinieren von belastbaren Fakten begonnen hatten, mokieren sich zunehmend über ihre eigenen Geschöpfe wie Esoteriker, Reichsbürger, antisemitische Veganer, Q-Freaks und Hippies.

Am 22.10.2016 hatte ich mal einen Teilaspekt beleuchtet: „Die Reichsbürger reagieren auf die erodierende Legitimität des Staates. Seine eigentlichen Aufgaben – Verteidigung nach außen und innen sowie die Rechtspflege – nimmt er seit Jahrzehnten nicht mehr ordentlich wahr. Da liegt der biedermeierliche Rückzug ins Private auf der Hand. Er betrifft nicht nur die Reichsbürgerszene, sondern breite Schichten der Gesellschaft. Die Nichtwähler, die GEZ-Verweigerer, ein guter Teil der Hartzer, die Punker, die Antifa, die Gothen und Emos, die ethnischen Parallelgesellschaften. Viele basteln an ihrer eigenen kleinen Welt. Daß dieser Rückzug nun immer bizarrere Formen annimmt ist eine Spiegelung der verkorksten Politik der letzten Jahrzehnte, insbesondere der Minderheitenvergötzung. Auf ihrer kleinen Ranch wollen nun immer mehr Leute König sein.“

Unter dem Banner der Vielfalt haben die Medien viel Einfalt gefördert. Die Einfallstore für das Angstschüren sind immer Gesundheitsfexerei, Körperkult und überzogene Hygienekonzepte. Die geschürte Furcht vor innerer Verseuchung hatte viele Fazetten: Feinstaub, Chemtrails, CO2, Pommes, NO2, radioaktive Zerfallsprodukte, Fruchtzucker, Fleisch, Zigarrenrauch, Kuhmilch, Telefonstrahlung, Gummibären, Vogelgrippe, Schwermetalle, Reis, Schweinegrippe, Nitritpökelsalz, Infraschall, Tollwut- und Masernimpfung, Rinderwahn, Popcorn sowie zu guter letzt Kórona. Alle diese Ängste wurden insbesondere von den grünen Journalisten erweckt und gepflegt. Und nun werden die Zauberlehrlinge die RKI-Besen nicht mehr los, die unaufhörlich Infizierte anschleppen.

In der gegenwärtigen Kulturkrise sind sich Regierung, Medien und der esoterische Saum der Querdenker viel ähnlicher, als sie es wahrhaben wollen. Alle paddeln im seichten Bodden der Gefühligkeit, der Inkonsequenz, der Indifferenz und der Realitätsverweigerung. Hildmann genauso wie Prantl und Merkel. In Phasen des Untergangs ist das so, wie dunnemals schon in der spätrömischen Dekadenz. Sonst gäbe es ja schnelle und effiziente Auswege. Wie schreibt einer meiner fleißigsten Kommentatoren immer? Geliefert wie bestellt!

 

Grüße an den V-Schutz. Alles Große und Gescheite existiert in der Minorität. Es ist nie daran zu denken, dass die Vernunft populär werde. Leidenschaften und Gefühle mögen populär werden, aber die Vernunft wird immer nur im Besitze einzelner Vorzüglicher sein. (Geheimrath v. Goethe)