Die CDU wird zur Reichenpartei
Alle vier Jahre wird in Bremen gewählt und danach kann man immer in den Wahlatlas, einen riesigen städtischen Datenfriedhof schauen.
Vor vier Jahren hatte ich über das Wahlergebnis geschrieben:
SPD-Anhänger haben ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen und wohnen eher in den Migrationsgebieten der Stadt. Die Haushaltsgröße ist etwas überdurchschnittlich. Paradoxerweise deckt sich diese proletarisch angehauchte Soziologie genau mit den Anhängern der AfD.
Die Wähler der Grünen sind dagegen so strukturiert, wie es die gängigen Stereotypen hergeben: Sie haben ein deutlich überdurchschnittliches Einkommen, wohnen überwiegend in behüteten Wohngebieten mit relativ wenigen Zuwanderern und leben in sehr überschaubaren Haushalten. Typisch ist der Singlehaushalt in einer Mietwohnung.
Sie predigen Multikulti und schließen sich in monokulturellen Ghettos ab. In den Ausländerwohnvierteln Gröpelingen, Neue Vahr, Ohlenhof, Blumenthal und Tenever haben die Grünen durchweg weniger als 9 % erhalten, obwohl sie auch von Zuwanderern gewählt werden. Die Klumpenbildung zeigt sich an wahnsinnig unterschiedlichen Stimmenanteilen in den Stadtbezirken. Schlappe 5,1 % in Seehausen und satte 34,5 % in Steintor.
Zur Existenz der lebensreformerischen Eliten hat immer die Gesinnungsgenossenschaft gehört. Der Entwurf einer neuen, nicht-chaotischen Lebenskultur und das gemeinsame Feindbild – der von Kommerz und Hochtechnologie angetriebene Fortschritt – läßt sich eben am besten in Communities leben, die sich von der bunten Lebenswirklichkeit auch räumlich abkapseln und eine intolerante ideologische Monokultur pflegen.
Das ist im Wesentlichen 2019 so geblieben. Dieses Mal hat mich besonders der Zusammenhang zwischen Bimbes und Wahlentscheidung interessiert, also wieviel der Geldbeutel eine Rolle spielt. Und das im Vergleich 2019 zu 2015. Fangen wir mal mit den Reichenparteien an:
Vor vier Jahren führte die FDP das Wohlstandsranking an, sie ist inzwischen deutlich hinter die CDU zurückgefallen. CDU und FDP haben die Plätze getauscht. CDU-Wähler sind von 2015 bis 2019 deutlich reicher geworden, das FDP-Klientel ärmer.
Das muß man vor allem so verstehen, daß Reiche sich von der FDP verabschiedet haben und bei anderen Parteien das Kreuz gemacht haben, vor allem wohl bei der CDU.
Auf Platz drei folgen erwartungsgemäß die Grünen, bei denen der Zusammenhang zwischen verdienten Euronen und Wahlprozenten stärker geworden ist. Die Grünen sind offensichtlich zunehmend in wohlhabenden Kreisen des Beamtenadels und des fördergeldgestützten Bionadebürgertums angekommen, während sie früher überwiegend der studentische Boheme zuzuordnen waren.
Reicher sind überraschenderweise auch die Anhänger der Linken geworden. Waren sie 2015 auf Platz vier beim Haushaltseinkommen, haben sie diesen Platz 2015 verteidigt. Und nicht nur das. Fast haben sie schon den Durchschnitt aller Einkünfte erreicht. Wenn man das linke Geschrei wegen Hartz IV anhört, denkt man es handele sich um die Betroffenen. Scheint aber weitgehend nicht der Fall zu sein.
Umgekehrt sieht es bei SPD und AfD aus. Ihre Klientel ist ärmer geworden. 2015 wählten noch einige Leute, die wegen der Finanzkrise Angst um ihr Erspartes hatten, die blaue Partei, inzwischen gibt es einen deutlichen Zusammenhang zwischen schlechten Einkommen und hohen Wahlprozenten. Die AfD hat sich weiter proletarisiert.
Ganz unten in der Einkommensstatistik liegen die SPD-Wähler, deren Ranking sich in vier Jahren nicht relevant verändert hat.
Für Liebhaber der mathematischen Statistik hier die Korrelationstabelle. Stark negative Zahlen bis minus 1 geben einen engen Zusammenhang zwischen Armut und Wahlentscheidung an, sehr positive Zahlen bis plus 1 eine starke Abhängigkeit der Wahl vom prall gefüllten Geldbeutel.
2015 | 2019 | |
CDU | plus 0,54 | plus 0,63 |
FDP | plus 0,73 | plus 0,53 |
Grüne | plus 0,26 | plus 0,35 |
Linke | minus 0,34 | minus 0,19 |
AfD | minus 0,38 | minus 0,59 |
SPD | minus 0,71 | minus 0,75 |
FDP-, AfD- und SPD-Wähler sind zumindest in Bremen auf dem Weg des finanziellen Abstiegs, CDU-, Grüne- und Linke-Wähler zählen zu den sozialen Aufsteigern.
Die ewige Regierungspartei SPD hat in 70 Jahren – bis etwa 2005 – viel für den sozialen Aufstieg ihrer Wähler getan. Aber nach der Abwahl von Gerhard Schröder im Jahr 2005 haben sie sich offensichtlich mit Grausen von der inzwischen leistungsfeindlichen Partei verabschiedet. Noch zur Zeit von Rotgrün in Berlin erreichte die SPD in Bremen zweimal hintereinander 42 %. Trotz oder gerade wegen Hartz IV. Es war einmal.
Wie ist der Abstieg der SPD sonst zu erklären, also daß die SPD in Bremen 1959, 1961 und 1971 jeweils 55 % erreicht hatte, 2019 nur noch knapp 25 % ?
Vielleicht muß Andrea Nahles weg, aber Parteiführer mit dem Format eines Helmut Schmidt oder eines Gerhard Schröder sind nicht in Sicht. Mit Martin Schulz würde alles nur noch schlimmer. Der hat ja überhaupt keine Manieren. Schon wieder soll es auf einer SPD-Sitzung zu Tom- und Jerry-Szenen gekommen sein.
Die SPD ist zerrissen zwischen dem verrückten Klimaschutz und den daraus resultierenden sozialen Folgen – hohe Energie- und Wohnungspreise, Druck durch Armutseinwanderung gerade auf die armen Volksschichten. Die SPD sagt im Grunde: damit wir das Klima und die Welt retten, müsst ihr zahlen und arm bleiben. Wer sollte so eine Partei schon wählen?
Die Hartz-Gesetze dienen der SPD mittlerweile dafür, um sich den genannten Problemen nicht mehr stellen zu müssen. Wer wirft der SPD nach unendlichen vielen Merkeljahren noch Hartz4 vor?
ich sehe den ganzen Parteienkram ein bischen anders.
man duldet sich gegenseitig ohne Anerkenntnis einer Schuld,es sind Interessenverbände ohne Verpflichtungen zu übernehmen.
wichtig ist das wenigstens eine dieser Interessenvertretungen an der Macht bleiben damit die Geschicke nicht aus dem Ruder laufen
Menschen interessieren die nicht,die kennen nur Vertragspartner die sie anschließend Kunden nennen, während sie ihre Leute als Mitglieder bezeichnen
In soweit haben diese Vereinigungen noch nie einen Wert gehabt