Forsa macht Politik statt Umfragen
Früher wurde alle zwei Monate eine Umfrage zur Bundestagswahl veröffentlicht, dazwischen hatte die Politik etwas Ruhe vor Demoskopen und Ratgebern. Heute werden die Parteien alle zwei Tage mit einer neuen Prognose bombardiert.
Dr. Adenauer hatte die Mentalität zur Erreichung strategischer Ziele Politik zu machen, um die Umfragen zu drehen. Dr. Merkel dreht sich selbst, um die Prognosen zu ändern.
Es ist letztlich so, daß die Meinungsforscher der Politik auch noch Ratschläge geben. Die Grenze zwischen Meinungsforschung und Meinungsgestaltung verschwimmt immer mehr. Besonders aufdringlich ist als Berater Manfred Güllner von Forsa. Güllner ist SPD-Mitglied, was dazu führte, daß er am Anfang des neuen Jahrtausends für die SPD günstige Prognosen auf die Beine brachte. Dabei hat er seine Glaubwürdigkeit etwas in Frage gestellt. Inzwischen puscht er eher die Grünen und rechnet die AfD runter. Sein Kaffeesatz weicht von den Wahlergebnissen oft am stärksten von allen Instituten ab.
Seine Strategie zielt seit langem darauf ab, CDU und SPD in die grüne Richtung zu drängen. Der CDU redet er ständig ein, daß Merkels Grenzöffnung nicht Ursache des CDU-Zerfalls war, sondern der Streit darüber. Er warnt vor einem Rechtsruck der Union. Die CDU sieht er zwischen AfD und Grünen eingeklemmt und wirbt für eine immer stärkere Vergrünung der Partei. Aber wie lange kann man den Grünen die Themen wegnehmen, ohne die Unterscheidbarkeit zwischen CDU und Grünen völlig in Frage zu stellen?
Man muß Güllner und AKK mal die Frage stellen: Ist es irgendwann nicht konsequent das grüne Original zu wählen, statt die schwarze Kopie? Das ist doch genau das, was in Baden-Württemberg passiert ist.
Seine SPD-Kritik hat übrigens Hand und Fuß. Er hält die Abkehr der SPD von Schröders Agenda für einen Fehler. Denn die große Mehrheit der Schaffenden hat die Hartz-Gesetze für richtig befunden. Viele Arbeiter haben sich in den 90ern gefragt, warum sie anderen Leuten die Hängematte finanzieren. Und Schröder hat die Gewichte zwischen Schaffenden und Empfängern etwas zugunsten Ersterer verschoben. Schröders letztes Bundestagswahlergebnis lag 2004 bei 35 %, das war gemessen an den letzten Umfragewerten der SPD geradezu Spitze. Je mehr die SPD von der Hartz-Revision schwadroniert, desto schneller verfällt sie. Schmarotzerparteien gibt es in Deutschland fürwahr schon genug. Da braucht es nicht auch noch die SPD.
Auch was die Rückgewinnbarkeit von AfD-Anhängern für die CDU betrifft, liegt Güllner richtig. Sie sind nach 15 Jahren von Merkels Linkskurs endgültig verloren, weil das Image der Union als Ordnungs-, Sozialstaats- und Wirtschaftspartei regelrecht ruiniert wurde.
AKK hat nach der Europawahl, bei der die CDU schon wieder 6 bis 8 % verlieren wird, zu einer Parteiklausur eingeladen. Im Gegensatz zur bisherigen Chefin will sie über die Niederlage wenigstens reden. Die Probleme lassen sich mit Stuhlkreisen allerdings nicht lösen.
Die CDU braucht ein neues Profil, das sie von SPD und Grünen unterscheidbar macht, einen Markenkern. Nun weiß jeder erfolgreiche Unternehmer, daß ein Image nicht von heute auf morgen aufgebaut werden kann. Vertrauen wächst langsamer, als es verspielt wird.
Sebastian Kurz hat binnen kurzer Zeit die ÖVP runderneuert, indem er unter den Funktionären der Bundesebene ein mittleres Massaker angerichtet hat. Das geht mit dem deutschen Parteiengesetz so nicht. Und die österreichische Medienkulisse, die ihm sekundierte, ist etwas mannigfaltiger als die deutsche. Die Reformierung der CDU – wenn sie denn kommt – wird zäher verlaufen. Trotzdem wäre auch in Deutschland ein regelrechter Enthauptungsschlag der Anfang der Modernisierung.
Mit Modernisierung meine ich: die Fokussierung der Staatsausgaben auf erreichbare Ziele und die Befriedigung grundlegender Bedürfnisse. Finanzielle Abschaltung der Schmarotzer und Parasiten, Verschlankung des politischen Apparats. Mehr Teilhabe der Schaffenden am Erarbeiteten durch weniger Abgaben und geringere Energiekosten. Einebnung der in den letzten Jahren entstandenen Gräben, Bekämpfung von Parallelgesellschaften. Das sind nicht nur die Clans, sondern viele Gruppen mit Sonderprivilegien wie zum Beispiel NGOs.
Es gibt viel zu tun, aber CDU und SPD packen es nicht an. Die Grünen schon gar nicht.