Rom und Warschau stellen die Machtfrage
Italien und Polen haben mehr historische Gemeinsamkeiten als man denkt. Von 1548 bis 1556 regierte Konigin Bona Polen, die aus dem Mailänder Adelsgeschlecht der Sforza stammte. Besonders geht den Polen jedoch zu Herzen, daß der kursächsische Oberst Jan Henryk Dąbrowski ab 1797 polnische Freiwillige in Italien sammelte. Es ist eine Geschichte ihrer Nationalhymne. Nun hatte der italienische Innenminister Salvini Warschau besucht, offensichtlich mit dem Ziel die Demokratien in Europa einander näher zu bringen.
Nach den Europawahlen im Mai 2019 kündigt sich eine grundlegende Veränderung an. Die Zeit der Fraktionsdisziplin in den großen europäischen Parteienfamilien, insbesondere bei Christdemokraten und Sozialisten, geht dem Ende entgegen. Auflösungserscheinungen sind bereits fortgeschritten und werden sich noch verstärken.
Bis 2015 herrschte in den Parteienfamilien leidlich Frieden, denn es ging wie bei allen Parteien nicht zuletzt darum, das Fell des Bären zu teilen, das heißt in Brüssel und Straßburg die Diäten und Aufwandsentschädigungen zu kassieren. Und da sind Disziplin und die Einhaltung von Absprachen förderlich.
Die Europäische Volkspartei und die Sozialisten teilten sich in schöner Eintracht die attraktivsten Posten. Martin Schulz war auf Grund einer Kungelei mit der Volkspartei Parlamentspräsident, obwohl die Sozialisten nicht die stärkste Fraktion waren.
Den erstaunten Beobachtern fiel schon lange auf, daß es keine programmatischen Unterschiede zwischen den großen Blöcken gab. Beispiel das Glühlampenverbot: Im entsprechenden Ausschuß stimmten 44 Abgeordnete dafür und nur 14 dagegen. Übrigens schon im Februar 2009 quer durch alle Parteienbündnisse.
Auch bei der Abstimmung über die Antidiskriminierung ging es kreuz und quer durch die Fraktionen. Sie wurde mit 362 gegen 262 Stimmen angenommen. Von der liberalkonservativen Mehrheit im EU-Parlament nichts zu spüren. Pessimisten behaupten, daß die Vertragsfreiheit zu Grabe getragen wurde, Optimisten gehen davon aus, daß nur der Arbeitsmarkt als solcher intransparenter geworden ist, weil kein Normaler mehr eine Stellenanzeige aufgibt oder eine offene Stelle beim Arbeitsamt meldet.
Es ist bereits klar: Christdemokraten und Sozialisten werden ihre Mehrheit im EU-Parlament im Mai verlieren. Damit wird das Auskungeln von Posten schwieriger. Und die Spannungen in den Fraktionen werden deutlich zunehmen.
Gegen das alte schwach gewordene Duo Paris-Berlin bildet sich gerade eine Gegenachse Rom-Warschau. Dieses Gegenbündnis wird sowohl bei den Christdemokraten wie auch bei Liberalen und Sozialisten viele eifrige Unterstützer gewinnen. Zahlreiche Abgeordnete werden sich auch zum Ärger der Einpeitscher um Merkel und Macron neutral verhalten. Und nicht zuletzt kommt es neben dem Parlament ja auf die Ministerpräsidenten an, die den Europäischen Rat bilden und in vielen Dingen das letzte Wort haben.
In der sozialistischen Parteienfamilie sind weder die Slowaken und Dänen, noch Bulgaren oder Rumänen auf dem Chaoskurs der deutschen Spezialdemokraten. Auch die polnischen Exkommunisten der SLD sind noch deutlich rechts der deutschen CDU/CSU zu verorten.
Bei der Europäischen Volkspartei knirschelt es gewaltig. Das sind alleine vier unbotmäßige ungarische Parteien Mitglied, die kroatische HDZ, die schwedischen Christdemokraten, die italienische Forza Italia, die französischen Republikaner und die bulgarische GERB. Alles Parteien, die der Berliner Führerin nicht bedingungslos folgen wollen.
Bei den Liberalen bocken die dänische Venstre, die deutschen Freien Wähler und die tschechische ANO gegen die freie Eintrittskarte nach Europa.
Der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán unterstützt uneingeschränkt die jüngste italienisch-polnische Initiative, eine konservative Allianz für das Europäische Parlament zu bilden und hofft auf ein starkes Wahlergebnis. Orbán geht davon aus, daß sich Europa in ein christliches und ein moslemisches Gebiet trennen wird, wobei immer klarer wird, wer zu welchem gehören wird. Der italienische Innenminister Salvini denkt darüber nach als Kommissionspräsident zu kandidieren. In die Europawahl könnte noch etwas Spannung und Dynamik kommen. Denn es wird statt an irreführenden Ablenkungsparolen (Digitalisierung, künstliche Intelligenz) gerade an einer großen Erzählung gearbeitet. Der Verteidigung des Abendlandes.
Ja, alles schön und gut. Aber zu wenig und zu langsam, um das verhängnisvolle Rad zeitnah zurückzudrehen, das die Linken und Sozis in Europa erfolgreich angeworfen haben. Ich fürchte, all das kommt leider zu spät und geht zudem an Deutschland spurlos vorbei, in dem der Wahnsinn tobt und die Masse entweder mitmacht oder tatenlos zusieht und schweigt.
Orban ist nichts weniger zuzusprechen als die Funktion eines Propheten. Dafür gebührt ihm höchster Respekt. Und den Worten eines Propheten sollte natürlich geglaubt und Rechnung getragen werden, d.h. Christen, die als Christen überleben wollen, sollten JETZT Richtung Osteuropa wandern. Die Grenzen werden in 15 Jahren hermetisch dicht gemacht.