Es liegt was in der Luft
Kann man von der Koalitionskrise in einem thüringischen Landkreis auf den Zustand der Bundesregierung schließen? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Im Weimarer Land haben CDU und SPD seit 2009 eine Koalition gebildet, Haushalte gemeinsam durchgeboxt und Kandidaten für Ämter gegenseitig unterstützt. Es hat zwar niemand offiziell gesagt, daß es die Zusammenarbeit nicht mehr gibt, die schwarzrote Ehe ist jedoch seit Mai sichtlich zerrüttet.
Zuerst zeigte sich das bei einer Beigeordnetenwahl. Die CDU hatte einen Kandidaten aufgestellt, der wegen mangelnder Unterstützung der SPD knapp durchfiel. Gewählt wurde eine völlig unbekannte junge Dame, die politisch bisher noch nicht in Erscheinung getreten war.
Heute gab es die Retourkutsche. Die SPD hatte einen Professor als stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden aufgestellt. Auch der fiel mit Pauken und Trompeten durch und erhielt ganze sechs Stimmen. Die CDU hatte offensichtlich den Kandidaten der Freien Wähler favorisiert.
Die Chemie stimmt nicht mehr. Schlägt die Bundespolitik auf die Niederungen der Kommunalpolitik durch? Ahnt man in der CDU- und SPD-Provinz das Ende der Zusammenarbeit in Berlin? Weiß der Fraktionschef der CDU im Kreistag – es handelt sich um den Landespolitiker Mike Mohring – schon mehr über den aktuellen Zustand der Groko in der Bundeshauptstadt? Es gibt immerhin ein sehr spezielles Netzwerk, mit dem Mohring belastbare Nachrichten aus dem Getriebe der Bundes-CDU erhält.
Ich denke, daß Merkels Groko spätestens nach der Hessenwahl Geschichte sein wird. Auch die gestrigen Pöbeleien der SPD im Bundestag, der Auftritt der Kanzlerin und der Streit um einen Spitzenbeamten lassen ahnen, daß die SPD aus der Verantwortung desertieren wird. Die Parteispitze ist nervlich völlig am Ende und sucht nur noch nach einem Kündigungsgrund, den sie den Wählern vermitteln kann. Denn in der Groko hat die SPD den Umfragen entsprechend schon wieder ein Achtel ihrer Wähler verloren, wenn man mit dem Wahltermin im September 2017 vergleicht. Und in Bayern könnte sie im Oktober halbiert werden.
Es liegt was in der Luft. Landesweit. Es riecht nach Regierungskrise.
Dann machen die Damen Merkel, Göring-Eckardt und Kipping eben die nächste Regierung auf, ideologisch sind sie sich sowieso nahe … .
Ich fürchte, Merkel werde wir immer noch nicht los.
Vom Gefühl her gebe ich Ihnen recht, vom Verstand teilweise nicht.
Ohne die Hessenwahl würde unmittelbar nach der Bayernwahl eine politische Kernschmelze stattfinden. Würde. Alle nehmen sich aber nochmal am 14.10. vor, mit knirschenden Zähnen das Donnerwetter bis nach der Hessenwahl aufzuheben.
Bis dahin, werden sich alle GroKo-Parteien bewusst, wie schön sie es an den Freßtöpfen in Berlin haben. Insbesonders die SPD. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass spätestens nach der Hessenwahl irgendwer ausrastet und politisch Amok läuft.