Wie die SPD sich am alten Zopf aus dem Sumpf ziehen will
Nach der Bundestagswahl (ich habe mir ein Eigenschaftswort zu diesem Ereignis verspart, um die Genossen nicht gleich am Anfang dieses Eintrags zu frustrieren) hat die SPD acht Dialogveranstaltungen organisiert, um Ideen für die organisatorische und inhaltliche Neuaufstellung zu sammeln.
Wie man das aus Meetings mit Motivationschoaches kennt, wurden die bahnbrechenden Ideen auf Tafeln geschrieben und teilweise auf der SPD-Webseite veröffentlicht. Zur Perestroika also auch noch Glasnost.
Natürlich gibt es die organisatorischen Forderungen mehr innerparteiliche Demokratie zu wagen, die sozialen Medien zu nutzen, verstärkte Bemühungen um Nichtakademiker, Trennung von Amt und Mandat, eine rote Jacke bei der Ortsbegehung anzuziehen, Mitgliederentscheide, eine Massenpartei zu werden usw. Die SPD ist mit mangelnder Nutzung persönlicher Kompetenzen der Mitglieder und intransparenter Gremienarbeit offensichtlich ähnlich verkrustet, wie die mir aus eigener Anschauung näher bekannte CDU. Andererseits: Es gibt in jeder Partei mit schon länger Beitrag Zahlenden genug Strategen, die genau wissen wie alles geht, die bei Wahlkämpfen jedoch nicht mitmachen.
Die Wahrheit ist konkret. Als greifbare Ziele für die inhaltliche Neupositionierung habe ich auf den Motivationstafeln gefunden:
Bedingungsloses Grundeinkommen
Glyphosat und Mikroplastik verbieten
Schröder als Repräsentanten der alten SPD nicht mehr zum Wahlkampf einladen
Kooperationsverbot aufheben
Erbschafts- und Vermögenssteuer
Bürgerentscheide
Bürgerversicherung
Frauenflügel
Kapitalismuskritik
BürgerInnenrechte und VerbraucherInnenschutz
Agenda aufarbeiten
Sanktionen abschaffen
Mut zur Konfrontation mit den Bürgern
Behindertenbelange
Kapital muß besteuert und kontrolliert werden
Die UN-Entwicklungsziele 2030 in Leitantrag berücksichtigen
450-€-Jobs abschaffen
Verstärkte Zusammenarbeit mit NGOs
Totale Bildungsreform
Tobinsteuer einführen
Die SPD muß so links werden, daß die CDU uns nicht pseudohaft kopieren kann
Barrierefreiheit, Behinderte in den Vorstand
Kohleausstieg
Wieweit das hilft, überlasse ich mal der Einschätzung der Leser. Übergreifender und häufigster Wunsch war bei den Dialogkonferenzen die Abschaffung der Agenda 2010. Mir erscheint das als Außenstehendem etwas unlogisch. Als Schröder noch regierte, hatte die SPD mit der Agenda zwischen 35 und 40 % der Wähler sicher. Auch in vielen Orten, wo inzwischen die AfD stärkste oder zweitstärkste Partei ist. Die Arbeiter und Angestellten aus meiner persönlichen Umgebung fanden es mehrheitlich gar nicht so schlecht, daß die Zügel mit Fördern und Fordern etwas angezogen worden waren. Denn sie müssen die sozialen Wohltaten ja erarbeiten.
Es ist interessant, daß die Themen, welche die Arbeiter brennend interessieren – die Asylpolitik, die Islamisierung und die Kriminalitätsbekämpfung – nicht ein einziges Mal erwähnt wurden. Auch die bei den gebildeten Ständen aufkommende Frage nach dem importierten Antisemitismus fand kein Echo. Entweder das wurde in der Außendarstellung weggefiltert oder die SPD-Basis hat kein Gespür für die Fragen der Zeit.
Lustig, daß ein Mitglied „Mut zur Konfrontation mit den Bürgern“ fordert. Waren das „Pack“ und der Stinkefinger nicht schon behindert genug? Es fehlt nicht der Mut zum Crash mit den Arbeitern, sondern der Mut zur Wahrheit.
Eine Schlange ist halt nicht wirklich am Wohlergehen des Kaninchens interessiert, allenfalls an dessen Einlullung.
Tya so ist es, Partei ohne Volk. Vollkommen am Ende, Schulz ist das Gesicht dazu.
Zum Thema 35..40% Wählerzustimmung zur Schröderschen Agenda 2010: Einem Teil der SPD-Stammwähler dürfte gar nicht klar gewesen sein, dass die Agenda 2010 prekäre Arbeitsverhältnisse als Normalzustand, Lohnreduktion durch Outsourcing oder Ausgliederung, sowie Benzin- und Strompreisexplosion zur Folge haben würden. (Ich wette auch, dass die meisten Menschen inzwischen vergessen haben, dass vor gar nicht langer Zeit der Liter Superbenzin 1,80 € und der Liter Heizöl über 1 € gekostet haben). Und dann haben wir noch diejenigen SPD-Wähler, welche Lohnreduktion tatsächlich für eine gute Sache hielten – weil ihnen selbst das nicht passieren könnte.
Die Benzin- und Strompreisexplosion war nicht Teil der Agenda. Schröders schwerer Fehler war es, eine Koalition mit der grünen Steinzeitkommunisten- und Verbotspartei Fischers und Trittins zu bilden, die die Ökosteuergesetze und das asoziale EEG auf die Bahn gebracht hat. Freilich auch von der SPD durchgewinkt.
Dumm allerdings ist bei solchen Vorhaben, wenn der „alte Zopf“ durch als Extremität einer ausgefransten
Perücke erkennbar wird.
Darunter ist nichts ausser der Glatze.