Das Monster ist erledigt

Im Film „Hänsel und Gretel Hexenjäger“ ist die Oberhexe Muriel ein harter Brocken. Nachdem alle anderen Hexen mit der doppelläufigen Armbrust schon erledigt worden sind, stellt sich Muriel zum Endkampf. Gretel trennt ihr, nachdem Hänsel sie an einem Bein fixiert hat, mit einer scharfen Schaufel den Kopf ab.  War ein moralisierender Film mit einem dankbaren Publikum, der seine Produktionskosten locker eingespielt hat.

Ganz so konsequent gehts in Berlin nicht zu. Eher erinnerte die Sondierung an das Märchen von des Kleiders neuen Kleidern. Vier Wochen wurde am Koalitionsvertrag gewebt, ab und an durfte ein Journalist von weitem auf den leeren Webstuhl lunzen und lobte das feine Gewebe, obwohl der Stuhl leer war. Nach vier Wochen verkündete Lindner endlich, daß die Kaiserin nackt ist.

Wie will sich Dr. Merkel noch an der Spitze der CDU oder als Bundeskanzlerin behaupten, nachdem Lindner Genugtuung für die Schmach der schwarzgelben Koalition 2009 bis 2013 erlangt hat? Dr. Merkel in den heißen Backofen des Parlaments geschubst hat? Wenn SPD, FDP, AfD und Linke die machiavellistische und kafkaeske Dr. Merkel im Bundestag auflaufen lassen?

Sicher, mit den Grünen und der FDP wäre eine Koalition möglich gewesen, wenn Merkel sich die letzten 12 Jahre mit SPD und FDP als ehrlicher Makler bewährt hätte und nicht alle wichtigen Entscheidungen selbstherrlich ohne Koalitionspartner und ohne Parlament getroffen hätte. Wenn sie in den vierwöchigen Sondierungen nicht immer die Grünen bevorzugt hätte und auch der FDP dann und wann mal einen Knochen hingeworfen hätte. Einen, wo noch etwas freiheitliches Fleisch dran ist. Wenn sie zum Beispiel auf das faschistoide und grundrechtswidrige NetzwerksDG verzichtet hätte.

Europa atmet auf. Sowohl in Paris wie in Wien, in Athen wie in Rom, in den Oststaaten sowieso, hat man diesen Tag zwölf Jahre lang herbeigesehnt. Das autistische Monstrum, welches Entscheidungen, die ganz Europa betrafen, selbstgefällig allein getroffen hat, ist erledigt worden. Der 19.11.2017 wird als Tag der Befreiung Europas in die Geschichtsbücher eingehen.

Die CDU muß jetzt einen Brutus hervorbringen, der Merkel zwar nicht mit 23 Stichen messert, sie aber immerhin ins Flugzeug nach Santiago de Chile hineinkomplimentiert. In der gediegenen Uckermark kann sie sich ohne Personenschutz nicht mehr sehen lassen. ´Die helle Wut auf die Zerstörerin der bürgerlichen Gesellschaft ist zu groß.

Horst Seehofer hat sich blamiert. Nach dem Abbruch der Verhandlungen seierte er Merkel noch zum Mund. Er zieht mit dem Makel in München ein, ihr nicht persönlich das Fell abgezogen zu haben. Er hat sich nach dem Abbruch der Sondierungen um Kopf und Kragen geredet.

Die Welt dreht sich heute weiter. Je schneller die CDU merkt, daß Merkel aus den Parteigremien schnellstmöglichst beseitigt werden muß, desto besser für die Partei und für Deutschland. Ein personeller Neuanfang mit Friedrich Merz, mit Jens Spahn oder mit einem anderen Politiker aus der dritten Reihe könnte in eine Minderheitsregierung münden, die mit den Aufräumarbeiten bei der Registrierung von Asylbewerbern, der Kriminalitätsbekämpfung, der Rückführung von Wirtschaftsflüchtlingen, der Beseitigung der Zensur und der Rationalisierung der Energieerzeugung beginnt.

Der Ball liegt nicht zuletzt im Feld von Bundespräsident Steinmeier. Bisher gab er zu erkennen, daß er kein Fan von Neuwahlen ist. Aber hält er diese Meinung auch durch? Sicher gibt es genügend Persönlichkeiten, die man mit einer Regierungsbildung beauftragen kann, und die nicht Merkel heißen.

In Italien hat man sich früher geholfen, indem Kleinparteien den Ministerpräsidenten stellten, wenn sich die Großen nicht einigen konnten. Der Republikaner Giovanni Spadolini beispielsweise hatte 1981 bis 1982 die Regierung angeführt, obwohl die Republikaner nur 3 % der Wähler hinter sich hatten. Nicht die schlechteste Lösung.

Aus Neuwahlen würden CDU/CSU und Grüne beschädigt hervorgehen, ohne daß die SPD daraus Honig saugen kann. Sie ist noch zu sehr mit sich selbst beschäftigt und hat noch keine Lehre gezogen, wo der Wähler „aha“ sagt. FDP und AfD wären vor allem auf Kosten der Unionsparteien die Wahlgewinner.

Sicher, der FDP wird vorgeworfen werden, daß sie die Verhandlungen wegen der Soliabschaffung hingeschmissen hat, die auch den Reichen dient. Der Soli ist aber die einzige Steuer, wo der Bundesrat nicht zustimmen muß. Den Mittelstandsbauch bei der Lohnsteuer, der eher den Armen nutzt, kann man in der Schwampel nicht verhandeln, weil die SPD im Bundesrat die Mehrheit hat. Dieses Problem der Bundesratsmehrheit wäre lösbar gewesen, wenn man die AfD nicht ausgrenzt. Aber soweit sind CDU und FDP noch nicht.

Das Szenario des Verhandlungsabbruchs habe ich in WELT N24 verfolgt. Offensichtlich war einer Abschaffung des Soli und der Anerkennung der Maghrebstaaten als sichere Herkunftsländer schon zugestimmt worden, als das wieder kassiert wurde. Da kann sich wirklich kein Vertrauen bilden.

23:27:

CSU-Politiker zieht Angaben zu Jamaika-Einigungen zurück

Doch keine Teileinigungen bei Jamaika: Der CSU-Politiker Hans Michelbach hat seine Angaben zu Verständigungen bei der Abschaffung des Soli und der Ausweitung sicherer Herkunftstaaten zurückgezogen. “Das ist nicht verifiziert, ich muss es zurückziehen”, sagte Michelbach am Sonntagabend in Berlin. Er hatte nur kurz zuvor von einer Einigung bei beiden Themen gesprochen.

23:49:

FDP-Fraktionssprecher: Liberale brechen Jamaika-Verhandlungen ab

Die Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen über ein Jamaika-Bündnis sind nach FDP-Darstellung gescheitert. FDP-Fraktionssprecher Nils Droste teilte am Sonntagabend in Berlin mit, die Liberalen zögen sich aus den Gesprächen zurück.