Was ist der Sinn der EU?
Jeder Staat und jede Organisation kann sich auf Dauer nur halten, wenn sich ein Sinn hinter seiner Existenz verbirgt. Erst dieser Sinn verschafft ihm Legitimität. Das Nachkriegsdeutschland schöpfte sein Ansehen bei den Bürgern aus dem Fakt einen gewissen Wohlstand ermöglicht zu haben. Das Wirtschaftswunder wurde zur identitätsstiftenden Legende. Die DDR hatte hilfsweise die Oktoberrevolution mit den Schüssen der „Aurora“ auf das Winterpalais zu bieten. Das reichte nicht.
Aber was ist eigentlich der Lebensquell der EU? Der normale fernsehverseuchte Bürger vermutet vielleicht den innereuropäischen Handel. Doch der Freihandel ist es sicher nicht. Denn statt mit Zöllen wird die Wirtschaft mit nationalen und übernationalen Normen, Umweltstandards, Schikanen im Gewand des Verbraucherschutzes oder einfach mit Willkürmaßnahmen geknebelt und gequält, die weit heftigere Auswirkungen haben, als ein paar Prozent Zoll. Beispiel: die völlig überzogenen Abgas- und Lärmgrenzwerte für Kraftfahrzeuge, die mit dem Gesundheitsschutz nichts mehr zu tun haben, sondern nur noch dem kalten Handelskrieg dienen. Es ist die Brüsseler Jagd auf die deutsche Autoindustrie. Weiteres Exempel: Die Hatz auf die Hersteller von Verbrennungsmotoren. Auch bei der Zulassung von Kettensägen, Motorsensen, Balkenmähern usw. ist was los. Toilettenspülungen und Staubsauger funktionieren seit EU-Vorgaben nicht mehr wirklich.
Ein weiteres krasses Beispiel aus meinem eigenen Geschäft: Bis Mitte 2013 habe ich für meinen Antikhandel Silbergegenstände aus Frankreich importiert. Das ging reibungslos. Der französische Präsident hat den Handel mit Kunstgegenständen aus Edelmetallen per 1. Juni 2013 praktisch zum Erliegen gebracht, indem er einfach den Postversand verbot. Es wird ja niemand nach Frankreich fahren, um einen Gegenstand im Wert von 100 oder 200 Euro persönlich abzuholen. Zunächst dachte ich, daß sich das Gold- und Silberhandelsverbot nur auf Anlagemünzen und Anlagebarren beschränkt. Aber im Dekret Nr. 2013-417 vom 21. Mai 2013 zur Änderung der Post- und elektronischen Kommunikation ist ausdrücklich auch von Kunstgegenständen die Rede.
Das ist das typische Vorgehen: Der Handel wird nicht direkt verboten, aber die dekretierten Begleitumstände verhindern ihn faktisch. Handelsverbote in Hülle und Fülle durch die Hintertür.
Das war nur ein ganz kleines Beispiel aus der Praxis. Wer daran glaubt, daß es in der EU ungehinderten Handel gibt, der gehört in die Klapsmühle. Von Freiheit in Europa schwafeln eh nur Politiker und Journalisten. Das sind überwiegend gewerbsmäßige Lügner. Diejenigen, die exportieren und importieren – die Praktiker – erzählen etwas anderes: Wie sich die Bürokraten aller Länder vereinigt haben, um zu gängeln, zu verhindern, zu zwiebeln und zu schikanieren.
Wenn man die nackten Haushaltszahlen der EU analysiert, war der Sinn dieser Organisation über Jahrzehnte offenbar vorrangig ein ganz anderer: Den Landwirten Subventionen zukommen zu lassen. Als die EU gegründet wurde, machten die Landwirte noch einen meßbaren Teil der Bevölkerung aus: In Süd- und Osteuropa bis zu 50 %, selbst in Bayern damals noch gut 10 %.
2013 waren in der deutschen Landwirtschaft nur noch 523.000 Leute beschäftigt, in Frankreich 725.000. In Polen ist die Zahl der Landwirte von 2007 bis 2013 um 340.000 Personen gesunken, in Rumänien sogar um 650.000. In Westeuropa macht die landwirtschaftliche Bevölkerung derzeit 1 bis 2 % der Gesamtbevölkerung aus, in Osteuropa ist sie zwar noch deutlich höher, schrumpft aber sehr schnell.
In den siebziger Jahren gab die EU etwa 80 % ihres Budgets für die Landwirtschaft aus, im Jahr 2000 waren es noch 50 %, 2016 etwa 30 %. Wie schon erwähnt: die Legitimation des Brüsseler Politikbetriebs erodiert auch mit der sinkenden Bedeutung der Landwirte. Wenn sich die Zahl der Bauern in Polen, Rumänien und Bulgarien an westeuropäische Verhältnisse angepaßt hat, haben diese Länder nur noch gedämpftes Interesse an der EU-Mitgliedschaft. Noch verhindert nur die Gier nach den Subventionen für die Landwirte den Austritt.
Denn außer der üppigen finanziellen Ausstattung von Parlamentariern und EU-Beamten sowie der Versorgung von obskuren NGOs mit Geld bringt die EU nicht viel zustande. Alle europäischen Verträge wie Maastricht und Schengen sind schon längst das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt wurden. Vertrags- und Rechtsbruch ist das Metier von unsoliden Personen wie Juncker und Schulz.
Freihandel kann man auch mit bilateralen Meistbegünstigungsabkommen herbeiführen. Dazu braucht es kein Brüsseler Monster. Von 1860 bis zum Ersten Weltkrieg hat das gut funktioniert. Eine teure Bürokratie brauchte man damals nicht.