Feinstaub in Hülle und Fülle
Heute machen sich die grünen Redakteure der Systempresse und des zwangsfinanzierten Staatsfernsehens wegen geringsten Dosen von Feinstaub in die Höschen. Vor einem halben Menschenalter lebte man mit wahren Staubschleudern in friedlicher Koexistenz.
Da war beispielsweise das Wannenbad am Samstag, welches eigentlich der Sauberkeit diente. Allerdings auf Kosten der Luftreinheit. Egal ob Winter oder Sommer: Samstag gegen 17 Uhr wurde von allen Leuten etwa gleichzeitig der Badeofen angefeuert. Mit Braunkohlebriketts natürlich. Wenn der Planet im Sommer schien, drückte es richtig und der Dampf wollte nicht aus dem Rauchfang. Oder er wollte und waberte danach in tiefliegenden Luftschichten herum. Ein Luftkurort sieht anders aus. Vater zündete vor dem Reinlegen der Briketts selbstgedrehte Fidibusse aus dem Parteiorgan „Neues Deutschland“, um die Verqualmung zu verringern. Mit mehr oder weniger Erfolg.
Oder die große Wäsche. Die fand alle vier bis sechs Wochen statt. Im Keller befand sich ein gemauerter Ofen, der einen großen Wasserkessel auf 100 Grad erwärmte. Darein wurde die Wäsche geworfen und vor dem Rumpeln auf dem Waschbrett etwa zwei Stunden gekocht sowie mit einem langen Holzstiel umgerührt. Auch im Sommer bei drückenden Wetterlagen. Unterwäsche wurde damals nur wöchentlich gewechselt, Pullover hatte man auch mal zwei Wochen an, weil das Wäschefest wirklich anstrengend war. Im Westfernsehen konnte man neidisch die Hygienestandards von Frau Saubermann bewundern, die eine Waschmaschine zur Hand hatte und zwei Kilometer Wäscheleine in kürzester Zeit vollknallte. Oder OMO: „Keiner wäscht reiner“.
Überhaupt die Braunkohle: Entweder man bekam auf Marken zum Sommerpreis die Cottbuser Fettkohle, die entsetzlich rußte. Oder es wurde de Hallenser Salzkohle geliefert, die einen geringeren Heizwert hatte und selbst Gußeisen korrodieren ließ. Honecker hatte angeblich den Spruch drauf: „Hallenser, Halloren, Halunken“. Was wohl ein Seitenhieb auf seinen Ministerpräsidenten Sindermann sein sollte. „Oh Sindermann, du blinder Mann, du richtest nur noch Schaden an“, höhnte Wolf Biermann über den „Gouverneur von Halle“, aus dessen Paschalik die Halunkenkohle stammte.
Nördlich vom Weimarer Hauptbahnhof befand sich das Industrie- und Gewerbegebiet der Stadt. Insgesamt 14 ausrangierte Lokomotiven versorgten die Betriebe mit Heizwärme. Als Heizkessel. Nachmittags wurden die Kessel entascht und alle Fenster mußten während dieser Sauerei geschlossen werden. Wenn man das vergaß, konnte man mit dem Zeigefinger Figuren auf Schreibtische und Stühle malen.
Ein humorliebender Dissident, der am Graben wohnte, hatte in sein Fenster ein Schild gestellt, wobei die ersten vier Worte extrem klein geschrieben waren:
Der Rauch wird immer Dichter in der Goethe- und Schillerstadt.
Mein erstes Projekt als Jungingenier 1980: Die Projektierung eines Aschehängerraums für das Betonwerk Themar in Franken. Diese beheizten und geschlossenen Räume wurden gebaut, um das winterliche Anfrieren der Asche auf den Hängern zu vermeiden.
In der Zwischengenossenschaftlichen Bauorganisation Weimar-Land stand der Aschehänger Ende der 80er noch im Freien unter den Fenstern der Projektierungsabteilung. Der Kollege Reineboth aus der Schlosserei hatte vor, an seinem Eigenheim zu schaffen und brauchte dafür eine Zeichnung für die Baubehörde. Da der Architekt H. im selben Betrieb arbeitete, hatte er die Zeichnung bei eben diesem Architekten bestellt. Er hatte aber nicht damit gerechnet, daß H. den ganzen lieben langen Tag auf der Treppe rumstand, oder in irgendeinem Zimmer oder auf einem Flur und knetschte. Wenn ihm irgendjemand begegnete, war das Anlaß für oft stundenlange Unterhaltungen über Gott und die Welt. Ein Dreivierteljahr nach der Beauftragung fragte Reineboth nach, wo die Zeichnung bliebe.
Ihm wurde zugesichert, daß die Arbeit im Prinzip fertig wäre, die Zeichnungen müßten aber noch in die Lichtpauserei. Bei der nächsten Nachfrage wurde als Entschuldigung angeführt, daß ein Blatt in der Lichtpausmaschine zerrissen worden wäre und noch einmal gefertigt werden müsse. Bei der folgenden Anfrage führte er telefonisch an, daß ein Glas Tinte über einer Zeichnung ausgelaufen sei. In Wirklichkeit war noch kein Strich gemalt worden. Reineboth ahnte das und war inzwischen in höchstem Maße wütend. Laut brüllend kam er eines Tages ins Gebäude gerannt, wütete immer noch, als er die Treppe heraufstampfte und in den Flur des Architekten einbog. Der Architekt flüchtete in ein Zimmer, das sich über der Heizung befand, und sprang in höchster Not aus dem ersten Geschoß auf den Aschehänger. Dort stand er nun wie ein Mehlmann, über und über bestäubt mit feiner Braunkohlenasche. Ja, das war noch ordentlicher Feinstaub!
Als die Braunkohlenbriketts 1990 weitgehend ausgedient hatten, und die Luft rein war, stellten die Stadtverwaltungen Luftmeßcontainer auf die Straßen. Wie zum Hohn.
Immer wieder schön, diese kleinen Zeitreisen in die Vergangenheit, Herr Prabel!
Die Geschichte amüsiert gewaltig – aber es ist im Kern banal zu Heute.
Ich kann die Feinstaub-Jammerei der Grünen nicht akzeptieren – in Wahrheit geht es um die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für neue Abzocken.
Doch bezüglich der Geschichte kann ich vieles selbst Erlebte beitragen.
In meiner Lehrzeit in den 70′ und einige Jahre danach, bevor ich aus der elterlichen Wohngegend weg zog, musste ich täglich etliche Strassen Fußweg bis zur Haltestelle der Tram durchlaufen.
In der Tat, auch wir hatten alle Kohleheizung, Waschkeller mit Kohleofen und Kohle-Warmwasser-Boiler für die Wanne.
Morgens, wenn ich das Haus verließ, wäre ich oft fast erstickt, weil fast alle Schornsteine qualmten und je nach Wetterlage der Rauch die Strassen in einen ekelhaften Gestank ausfüllte. Das war Nachmittags nicht anders und klare Luft hatte man erst ab dem Abend bzw. in der Nacht (i.d.R.) – aber ab 5.00 Uhr war es vorbei, denn vielen Leute heizten in den Küchen die Kohleherde oder den Kachelofen an.
Die Kohle selbst war minderwertig – viel Schwefel und Blumenerde.
Diese Situation war im Prinzip in den Altstadtbezirken bis Ende der 80’Jahre – leider.
Dazu kam noch die Abgase der Gasereien und innerstädtischen Betriebe, die auch mit Steinkohle ihre Anlagen betrieb. An Hand des Geruchs konnte man die Himmelsrichtung feststellen. Also im Norden Gaserei, in Süden Schwermaschinenbau und Nord-Ost die Kaffebude.
Auffallend stark waren auch die Atemwegserkrankungen bei Kindern.
Die Fassaden sahen aus wie in der Hölle, frische Wäsche auf der Leine war immer grau. Oft war das Spazierengehen unmöglich.
Dann die vielen Trabbis mit ihren Abgasen der Zweitakter kam noch hinzu.
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Heute – fast 30 Jahre später, haben wir in der Innenstadt keine solchen Quellen der Kohleverbrennung, die Luft ist extrem sauber. Wir haben heute eine wahnsinnige Fahrzeugdichte im Stadtkern – aber bei Stau kann man das technologische Zeitalter der Autos erriechen.
Es gibt aber keine extremen Situation wie zu DDR-Zeit.
Was also die Grünen jetzt veranstalten ist – wie ich schon erwähnte – nur Hysterie und der Versuch ihre Daseinsberechtigung mit angeblich rauchigen Fakten zu belegen.
Alles Quatsch!