Die Lehren aus einem brutalen Angriff
Der Focus berichtete über einen Angriff auf den Bürgermeister Stütz von Königsbronn:
„Die brutale Attacke nahm ihren Anfang, als Stütz am Freitagabend gegen 18 Uhr mit seiner Frau Anja und den beiden Jagdhunden, zwei Deutsch Drahthaar, an einem Bootssteg am Itzelberger See vorbeikam. „Ich telefonierte gerade mit meiner Tochter, als ich bemerkte, dass einer unserer Hunde zu einem Bootssteg lief, auf dem sich eine Person befand“, berichtet Stütz FOCUS Online.
Er betont, dass die Hunde „absolut friedfertig“ seien, so der 55-Jährige. „Doch natürlich wissen wir, dass freilaufende Hunde einigen Menschen unangenehm sind, weil sie vielleicht Angst haben oder befürchten, von ihnen angesprungen und vielleicht schmutzig zu werden.“
Was dann genau passiert sei, habe er „nur am Rande mitbekommen – wir Männer sind im Multi-Tasking ja nicht besonders gut“, scherzt er während des Telefongesprächs mit FOCUS Online mit nasaler Stimme. Nach kurzer Zeit habe er jedoch das Gespräch mit seiner Tochter beendet, da die Person anfing, seine Frau wild und lautstark zu beschimpfen. „Ich war ein paar Meter von ihnen entfernt. Als Worte wie ‚blöde Schlampe‘ und noch andere fielen, bin ich zu ihnen hin und habe den jungen Mann ermahnt, doch ein bisschen vorsichtiger zu sein und meine Frau nicht zu beleidigen.“ Und dann hat er dafür richtig auf die Schnauze gekriegt.
Die Gegend am See ist nicht gerade völlig abgelegen. In der Nähe befindet sich Wohnbebauung. Ein Spaziergang dort ist nicht übermäßig gefährlich. Aus der geschilderten Geschichte kann man sicherheitstechnisch jedoch viel lernen.
Jason Hanson hat das Buch „Agententricks, die ihr Leben retten können“ geschrieben. Schauen wir doch mal rein. Hanson mahnt bereits auf Seite 21 zu „Umgebungsbewußtsein“. „Die meisten Menschen telefonieren oder daddeln am Telefon herum. Wer auf sein Telefon starrt, blickt nach unten und achtet nicht auf seine Umgebung. (…) Doch wer unaufmerksam ist, wird leicht zum Opfer.“
Auch Frauen sollten sich nicht auf ihre „Multitasking-Fähigkeiten“ verlassen. Ein Funktelefon sollte man bei einem Spaziergang schon dabei haben, jedoch nur um Notrufe abzusetzen. Man muß seine Umwelt ständig scannen ohne abgelenkt zu werden. Wenn Stütz konzentriert gewesen wäre, hätte er verhindert, daß der Hund zum Bootssteg läuft und die ganze Kette des Verhängnisses wäre nicht in Gang gekommen. Ein Deutsch Drahthaar ist ein Jagder und reagiert stark auf Gerüche. Ein Grund, jedes Weglaufen zu einem anderen Menschen schon im Ansatz zu ersticken.
Die Hunde haben natürlich gemerkt, daß Herrchen nicht bei der Sache war, einer hat die Rudelführung übernommen und ist zum Steg gelaufen. Hunde sind Meister darin, ihre Herrschaften zu lesen. Ich habe viele Bürgermeister kennengelernt, die zwar einen Gemeinderat überzeugen konnten, nicht jedoch den eigenen Hund.
In der deutschen Literatur hat Wilhelm Busch der Unkonzentriertheit beim Spazierengehen ein Denkmal gesetzt:
Zugereist in diese Gegend,
Noch viel mehr als sehr vermögend,
In der Hand das Perspektiv,
Kam ein Mister namens Pief.
»Warum soll ich nicht beim Gehen« –
Sprach er – »in die Ferne sehen?
Schön ist es auch anderswo,
Und hier bin ich sowieso.«
Hierbei aber stolpert er
In den Teich und sieht nichts mehr.
In der lustigen Bildgeschichte apportieren die gut ausgebildeten Hunde Hut und Fernrohr. Mister Pief ist begeistert, er erwirbt die Hunde Plisch und Plum für ein Schweinegeld. Der heutige Mr. Pief hätte sicher ein Funktelefon statt des Fernrohrs im Teich verloren.
Hier, „wo man sowieso ist“, spielt die Musik. Und dann will noch der Umgang mit potentiellen Verbrechern gelernt sein.
Hanson schreibt, daß die besten Geheimdienstmitarbeiter die zurückhaltendsten waren. Sie haben es nicht nötig sich verbal mit Leuten anzulegen. Die Ermahnung des jungen Mannes durch den Bürgermeister war nicht zielführend und völlig unsinnig. Entweder man greift mit voller Konsequenz mit einer Waffe an, macht den Gegner kampfunfähig, nimmt das gegnerische Telefon in Besitz und ruft die Polizei oder man läßt eine Eskalation ganz sein. Eine saftige Beleidigung reicht vor Gericht wohl kaum aus, um einen massiven Angriff auf so einen Mistkerl zu rechtfertigen.
Auf jeden Fall muß man in Bewegung bleiben und dem Angreifer signalisieren, daß man ihn im Blick hat. Hanson schildert so einen Fall, wo er von einem dreckigen Assi angelumpert wird. Er antwortet: „Paßt schon“ und zieht sich zurück. In einem anderen Fall wollten ihn zwei zwielichtige Gestalten dazu verleiten zwischen ihnen hindurchzugehen. Er wechselte die Straßenseite, obwohl er ausgebildet und gut bewaffnet war. Heldentum und Rechthaberei sind Quatsch.
Ganz viele Leute sind verprügelt oder getötet worden, weil sie einen Lumpen belehren wollten. Sie haben sich über die Fliege an der Wand beschwert: Wegen dem Rauchen in öffentlichen Verkehrsmitteln, wegen dem Rumlümmeln auf Sitzen, wegen Verunreinigungen von öffentlichen Plätzen. Das Zurechtweisen von unerzogenen Lümmeln und Tussies sollte man sich sparen. Wenn dann nur aus einer überschaubaren und sicheren Machtposition heraus. Und auch dann sollte man bedenken, daß man im Zeitalter des Funktelefons ganz schnell einer Überzahl von Angreifern gegenüberstehen kann. Die Polizei kann ein langes vielstrophiges Lied davon singen.
Bürgermeister Stütz kann sein Leben noch umkrempeln und einen Neubeginn starten. Das Telefonat mit dem FOCUS zeigt allerdings, daß er noch keine brauchbaren Schlüsse gezogen hat. Ich empfehle ihm für das Krankenhaus deshalb das Buch „Agententricks, die ihr Leben retten können“, mvgverlag, 2016. Außerdem vielleicht noch: „Du bist der Rudelführer“ von Cesar Millan. Meine Leser und ich wünschen eine erfolgreiche Operation und schnelle Genesung!
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