Syrien – unser Nachbarland
Als Julius Cäsar (100 v. Chr. – 44 v. Chr.) Gallien eroberte, konnte er sich nicht auf ein vorhandenes Kartenwerk stützen. Die Richtung seines Vormarsches war auf die Aussagen von Ortskundigen, von Verrätern und auf seine Intuition als Feldherr angewiesen. Bereits 150 Jahre später erfand Marinus von Tyrus die Gradnetzkarte. Noch 50 Jahre später fertigte Claudius Ptolemaeus den ersten Atlas an. Seither können sich Politiker ein Weltbild machen.
Noch Adolf Hitler stützte sich bei seinen Planungen für die Eroberung der Weltherrschaft auf ein umfangreiches Kartenwerk. Charlie Chaplin karikierte ihn, wie er den ganzen Globus auf einer Hand balanziert. Seine geografischen Studien haben Hitler nichts genützt, weil er vermessene Pläne hatte.
Frau Dr. Merkel ist hinsichtlich der Kartografie wieder auf den Stand von Julius Cäsar zurückgefallen, teilt aber mit dem Führer die Horizontlosigkeit ihres Agierens. Der Focus berichtete am 8.4.2016 um 11.13 Uhr:
Merkel erzählt, dass sie sich kürzlich eine geographische Karte geben ließ, auf denen die Nachbarländer des Schengen-Raums gekennzeichnet sind. „Europa ist gesegnet mit vielen Nachbarn“, sagt die Kanzlerin und listet einige davon auf. Auch Syrien als Nachbar von Zypern sei „direktes Nachbarland des Schengen-Raums“, das sei ihr so gar nicht bewusst gewesen, gibt die Kanzlerin ihre neuesten Erkenntnisse bekannt.
Die Schengen-Außengrenze müsse man schützen. „Wir werden unsere Nachbarschaftspolitik ganz anders ausrichten müssen“, so Merkel. Man müsse für Stabilität in Europas Nachbarländern sorgen.
Seit Ende August 2015 beschäftigt sich die Kanzlerin mit der Organisation der Völkerwanderung. Und erst im April 2016 verlangte sie die Aushändigung einer Landkarte. Warum so spät? Aus Zerstreutheit, aus Zeitmangel, aus Dummheit oder um uns an der Nase herumzuführen?
Und was will sie nun mit ihrer neuen Erkenntnis anfangen, daß Syrien unmittelbarer Nachbar ist? Braucht sie ihren nahöstlichen Freund Erdogan nun nicht mehr? Fängt sie unvermittelt ein diplomatisches Techtelmechtel mit Baschar Al-Assad an?
„Wir werden unsere Nachbarschaftspolitik ganz anders ausrichten müssen“. Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die deutsche Außenpolitik ist sehr sprunghaft geworden und von Satire kaum noch zu unterscheiden.
Nun, Herr Steinmeier wurde bereits beginnend 2015 überschwenglich für seine initiierten Reformen im AA gelobt. Mehr flexibel und mehr krisensicher wollte man werden. Die Bevölkerung sollte Ideen als national brain storming einbringen. Und was hat es gebracht? Mit über 12 Monaten Verzug und allein unter dem Druck einer ständig wachsenden Gruppe der Bevölkerung reagiert man nun zögerlich verhalten, dabei jedoch (meine Analyse allein) weitgehend unbedacht. Konfrontation auf der ganzen Linie mit Russland, Militärallianz mit der USA bei gleichzeitigem Aufbau von Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran, militärische Unterstützung der Kurden bei paralleler Bündnistreue zur völkerrechtsverletzenden Türkei, ein „Durchdrücken“ des EU – Türkei Deals entgegen jeglicher Interessen europäischer Bürger … es ließe sich lange fortsetzen. Das wirklich beklagenswerte Elend Syriens ist zumindest teilweise auch der unentschlossenen, ziellosen und für viele Seiten (einschließlich unserer Bevölkerung) schädlichen Außen- und Flüchtlingspolitik unserer Regierung geschuldet. Damit hat sich Deutschland als EU Mitglied bisher nicht als Vorzeigenachbar für Syrien entpuppt.