Der Mindestlohn – Jetzt ist er eben da!
Ob der Mindestlohn so wie er jetzt gilt, nun angesichts der Asylkrise überwiegend Nutzen oder Schaden stiften wird, lasse ich mal dahingestellt sein. Einige Wirtschaftsexperten mit und ohne Lehrstuhl wollen nun den Mindestlohn senken, um stark Unqualifizierte einfacher in Lohn und Brot zu bringen.
Auf der inzwischen legendären Anger-Demonstration am 23. September in Erfurt hatte der thüringische AfD-Landessprecher Björn Höcke vor etwa 4.000 Demonstranten, wovon die Hälfte wohl angestellte Handwerker waren, diese in der Diskussion befindliche Absenkung des Mindestlohns erwähnt. Wer die stark ablehnende Reaktion der Zuhörer miterlebt hat (Volksverräter!), wird die Finger vom Mindestlohn lassen, zumindest im Zusammenhang mit der Ausländerbeschäftigung. Die Deutschen und auch bereits vor längerer Zeit Zugereiste versprechen sich vom Mindestlohn, daß ihr Einkommen nicht durch Billigangebote und zuviel Konkurrenz unter Druck kommt. Die Befürchtung, daß Ausländer in den Arbeitsmarkt einsickern, ist nicht allen Leuten angenehm.
Wenn wir in einer Marktwirtschaft leben würden, wäre das kein Problem, da der zu verteilende Kuchen mit jedem neuen Arbeitsplatz ja auch größer werden würde. Marktwirtschaft ist ein atmendes System. Es würde im Durchschnitt Keinem etwas wegkommen. In einer Planwirtschaft, wo fast alle Branchen von der öffentlichen Hand leben (Staatsquote 60 %) und wo im Privatbereich von der Renovierung bis zum Haareschneiden inzwischen vieles selbst gemacht wird, sind Besorgnisse über die mangelnde Flexibilität des Arbeits-„Marktes“ durchaus begründet. Oft sind sich Haushaltspolitiker und Parlamentsabgeordnete nicht darüber im Klaren, daß sie mit Haushaltsbeschlüssen in einer Staatswirtschaft auch über Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit entscheiden.
Wenn man eine Million neue Arbeitskräfte beispielweise schnell im Bauwesen unterbringen wöllte, müßte man ein Konjunkturprogramm von ca. 100 Milliarden € anschieben. Nach der Deutschen Einheit wurde das übrigens so gemacht. 100 Milliarden sind ein Drittel des Bundeshaushalts. Da würde einiges auf der Strecke bleiben, an was wir gewohnt sind. Die Idee ist deshalb einfach unrealistisch. Real wird kommen, an was Frau Bundesminister Andrea Nahles (SPD) glaubt: Eine Million mehr Hartzer.
Nun gab es früher ja den Ausweg der Privatwirtschaft, um Arbeitsmöglichkeiten zu generieren. Der Beschäftigung im privaten Dienstleistungssektor stehen heutzutage jedoch die hohen Abgaben und Steuern in Deutschland entgegen. Wer infolge der extremen Abgabenlast vier bis fünf Stunden arbeiten muß, um eine Dienstleistungs-Arbeitsstunde zu bezahlen, wird als Auftraggeber für ausländische wie für deutsche Dienstleister keine Bäume ausreißen. Eine Abschaffung der Umsatzsteuer (jaja ich weiß, das ist nicht EU-konform) und eine Privatisierung der Sozialsysteme könnte helfen, dieses Problem zu lösen. Aber auch nicht sofort. Ein Umgewöhnungsprozeß dauert wirklich Zeit.
In dem Moment, wo die Ausländer sich selbständig machen, sind sie genau wie jeder Deutsche hinsichtlich des Mindestlohns ganz unbeschwert. Sie müssen dann nur noch auf die Kriterien der Scheinselbständigkeit achten. Aber wie viele Optimisten in Ich-GmbHs sind schon gescheitert? Sie scheitern nicht an den selbst zu zahlenden Steuern, sondern an hohen Sozialabgaben und der Steuer- und Abgabenlast ihrer potentiellen Kunden.
Und dann gibt es noch eine Tendenz: Nicht nur der Preis bestimmt, ob eine Leistung nachgefragt wird. Viele Auftraggeber (auch potente) wollen deutsche Arbeitskräfte haben. Nicht nur wegen der Qualität der Arbeit, sondern auch aus kulturellen Gründen.
Die Beschäftigung der zugereisten Ausländer mit geringer Berufserfahrung dürfte sich zum Problem auswachsen. Am Mindestlohn und an den Sozialbeiträgen sollten Merkel und Nahles nicht rühren. Das würde bei der angestauten Wut der Leute ganz schnell ins Auge gehen. Der Ökonom Joseph A. Schumpeter hatte für solche Fälle ein Spezialrezept; „Auf den Flügeln des Kredits schwingt sich das Genie in die Höhe.“
Wir sind zwar nicht unter Genies. Mit der Kreditfinanzierung wächst jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß unsere europäischen Freunde, insbesondere die griechischen, an den Lasten des Asylchaos beteiligt werden. Im Eurosystem wird ihr vor dem Fiskus gerettetes Geld nirgends mehr Ruhe finden…
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