Gesetze der Mediendemokratie
Hinter politischem Streit könnten sich inhaltliche Differenzen verstecken, verquickt allerdings fast immer mit der Suche nach der wirksamsten Politikvermittlung.
Ja, wie erreicht man heutzutage als Politiker denn den Bürger? Der Politiker hat drei Optionen:
• Vorauseilender Gehorsam gegenüber dem Mainstream und Präsenz in den Hauptmedien: Nebenwirkung: Es entsteht eine sozialistische Einheitspartei bei Aufgabe des Programms. Bestes Beispiel ist die profillose Merkel-CDU
• oder der Aufstand gegen die Lügenpresse und Präsenz in unabhängigen Medien: Nebenwirkung: PEGIDA erreicht mehr als 50 % der Bürger überhaupt nicht
• oder wohldosierte Präsenz in Systemmedien und in unabhängigen Medien.
Problem: Beide Geschmäcker gleichzeitig zu bedienen ist schwierig. Wenn man den Hauptmedien gegenüber den Kniefall macht, schreit das Internet „Verrat!“ Ist das Internet zufrieden, holen die Hauptmedien die Nazikeule raus
Für die Auswahl der Kommunikationsstrategie ist wichtig zu wissen: Wen erreichen eigentlich die Bezahlmedien?
Vor 25 Jahren hatten die Tageszeitungen eine Markdurchdringung von 65 %, das Fernsehen von 80 bis 90 %. Heute: Die Durchdringung der Tageszeitungen beträgt weniger als 30 %, des Fernsehens etwa 60 bis 70 %, 30 bis 40 % der Wähler werden von den Systemmedien nicht erreicht.
Nur 13 bis 14 Mio Zuschauer täglich sehen die öffentlich-rechtlichen Programme. Das sind etwa 18 % der möglichen Zuschauer. Eine Umfrage der ARD hat ergeben, daß die öffentlich-rechtlichen Programme beim Thema Unterhaltung und Sport vor dem Internet führen, bei Nachrichten und Information jedoch zurückliegen. Gerade der Themenbereich, der als Begründung für die Privilegierung der öffentlich-rechtlichen Programme dient, wird von den Konsumenten so nicht akzeptiert. Diese Daten legen nahe, sich nicht einseitig auf die Hauptmedien zu orientieren.
Trotzdem sehen Politiker abends ins Fernsehen und lesen morgens die Zeitung. In jedem deutschen Parlament schielen die Abgeordneten bei ihren Reden auf die Pressebank. Den Presstituierten wird politisch korrekt zum Munde geredet. Am nächsten Tag wird die Zeitung auf loyale Wiedergabe des Gesagten geprüft. Meistens Fehlanzeige. Eine Bundestagsrede wird in der Tagesschau auf einen willkürlich rausgepickten Satz runtergedrechselt. Der Redner kann noch froh sein, wenn er mit einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat überhaupt gesendet wird.
An ein paar Personen bzw. Parteien kann man die Bedeutung des politischen Medienkonzepts illustrieren:
Fünf Sterne
Beppe Grillo führte seinen Tsunamiwahlkampf zum italienischen Abgeordnetenhaus und Senat ausschließlich im Internet und auf den großen Plätzen des Landes. Eine 5-Sterne-Abgeordnete, die in einer Talkshow des korrupten Staatssenders RAI auftrat wurde am nächsten Morgen aus der Bewegung im hohen Bogen rausgeschmissen.
Die Presse und der Sender RAI wurden von Grillo auch im Wahlkampf scharf angegriffen. Wohlgemerkt: Er griff das Fernsehen zuerst an, und nicht das Fernsehen ihn. Die erfolgreiche Wahlkampfstrategie brachte auf Anhieb über 25,4 % der Stimmen. Grillo hat große Freiheit beim politischen Agieren.
Piraten
Die deutschen Piraten waren, solange sie im ausschließlich Internet agierten erfolgreich. Als Johannes Ponader in den Quasselsendungen des Zwangsfernsehens auftauchte, sank der Stern der Piraten augenblicklich. Die Medien hatten ab diesem Moment das Heft des Handelns in der Hand und senkten den Daumen.
Katrin Oertel
Katrin Oertel trat nach internen Diskussionen bei PEGIDA in einer Talkshow des Zwangsfernsehens auf. Dabei schlug sie sich nicht einmal sehr schlecht. Trotzdem war das das Aus ihrer politischen Wirksamkeit. Für wirkliche Oppositionelle verbietet sich das Staatsfernsehen als Medium.
Die Demo der Pegida-Abspaltung “Direkte Demokratie für Europa” vor der Frauenkirche in Dresden wollte Gesprächsrunden nach dem Vorbild der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung organisieren und auch mit der Presse reden, so die Sprecherin Oertel. Frau Oertel mußte lernen, daß die Presse nur mit ihr reden will, solange sie mächtig ist. Mit falschen Kommunikationsstrategien beginnt der Niedergang jeder Protestbewegung.
Das Großstadtproblem der CDU
Das vielbeschriebene Großstadtproblem der CDU ist kein Inhaltsproblem, sondern ein Vermittlungsproblem. Themen, die ein sehr kleinteiliges, atomisiertes, schillerndes und kulturell entwurzeltes Publikum erreichen sollen, können nicht mit Flugzetteln, Canvassingständen, Aufstellern und Fernsehspots transportiert werden. In der Großstadt mit einer verhältnismäßig jungen Bevölkerung spielen die mündliche Kommunikation, die Netzwerke und das Internet eine große Rolle.
Mix aus Internet, sozialen Netzwerken und sogenannten Qualitätsmedien
Eine wirksame Politikvermittlung setzt auf den Mix aus alternativen und Systemmedien. Letztere vermitteln den Kontakt zu den 60- bis 100jährigen Mitbürgern, die alternativen Medien zu den jüngeren Jahrgängen.
Eine wichtige Anhängergruppe mit den richtigen Mitteln und Themen zu erreichen, ist wichtiger, als alle Bürger diffus mit irgendwelchen Nachrichten zu versorgen.
Wenn man eine Kampagne früh genug beginnt, die Medien von Anfang an hart angreift, und sich gleichzeitig von den Medien so unabhängig wie möglich macht, ist eine Kampagne heute besser planbar und die Risiken sind beherrschbar. Man muß zuerst angreifen, so daß die Schmutzkampagnen der Medien vor dem Wähler wie Selbstverteidigung der Medien wirken.
Kriecherei vor den Medien bringt keinen Respekt. Man muß den Hauptmedien mit Abschaffung der GEZ und 19 % Umsatzsteuer auf Zeitungen drohen.
Leider wird Zustimmung zu politischen Konzepten nicht nur über die Vernunft und gute Argumente, sondern auch über Emotionen gewonnen. Es muß ein Wir-Gefühl gefüttert werden, eine Wechselstimmung und mystische geheimnisvolle Momente sind zu inszenieren. Eine Partei, die etwas ändern will, allein im zwangsfinanzierten Staatsfernsehen und in den Bezahlzeitungen zu verankern, das ist schon ein Kulturbruch an sich. Alles was sich an guten Ideen bisher etabliert hat, ist nicht bei der ARD, sondern im Internet kommuniziert worden. Das betrifft die direkte Demokratie, die Eurokritik, eine realistische Energiepolitik oder eine rationale Einwanderungspolitik. Diese Themen im Zwangsfernsehen, das ist als wenn man Elefanten in Grönland auswildert oder einen Tierschutzkongress in der Stierkampfarena abhält.
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