Nur Atommächte sind souverän
Bundeskanzlerin Angela Merkel fuhr mit einem Gedanken von Alexander Gauland im Hinterkopf und mit dem Franzosenpräsidenten Hollande im Schlepptau nach Moskau, um Wladimir Putin zu einem Übereinkommen bezüglich der Ukraine zu überreden. Gauland hatte immer wieder gefordert, das Verhältnis zu Rußland sorgfältig zu pflegen, die Verankerung Deutschlands in der Nato jedoch nicht aufzugeben. Das klappt natürlich nur solange, wie die Vereinigten Staaten und das Vereinigte Königreich mitspielen und nicht ihrerseits das Bündnis in Frage stellen. An Kündigung darf man gar nicht erst denken. Und unter der zweiten Voraussetzung, daß Putin das militärisch drittrangige Deutschland ernst nimmt und vom Rückenhalt der deutschen Außenpolitik in Washington überzeugt ist.
Francois Hollande war offensichtlich als Begleiter erforderlich, weil er zumindest in Frankreich immer ein kleines Köfferchen mit dem Atomknopf bei sich hat. Er sah recht zerstreut und passiv in Moskau aus, während Angela Merkel sich wirklich ins Zeug legte, um Frieden zu stiften. Sonntag sollten Ergebnisse der vierstündigen Konferenz präsentiert werden. Der Sonntag ist um und alle Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch sind zerstoben.
Morgen, am Mittwoch will Merkel in der morastigen Lukaschenka-Republik Weißrußland mit den Chefs von Frankreich, Russland und der Ukraine erneut über eine Friedenslösung für die umkämpfte Ostukraine verhandeln. Zu diesem Meeting in Minsk sagte sie „Es ist den Versuch wert. Ich würde mir große Vorwürfe machen, wenn man es nicht versucht hätte. Dennoch ist der Erfolg alles andere als sicher.“
Am Anfang eines politischen Konzepts steht immer die Analyse. Ein Aspekt ist die militärische Stärke. Der Eurasische Goliath ist Rußland mit einem Wehretat um die 85 Mrd. $ jährlich. Pro Soldat sind das immerhin 70.000 $. Das bedeutet, daß die russische Armee inzwischen wieder einsatzfähig ist. Das Ziel der Perestroika, die Modernisierung der 1985 wirklich maroden Streitkräfte, wurde erreicht. Allerdings ohne Glasnost.
Die angrenzenden Staaten sind alle stark unterlegen. Polen gibt 10,2 Mrd. $ jährlich für Rüstungen aus und hat pro Soldat etwa dieselben Kosten wie Rußland. Damit ist diese Armee gut ausgerüstet, aber sieben Mal kleiner.
Die Ukraine hat ein Wehrbudget von nur 1,7 Mrd. $ und gibt pro Soldat 5.000 $ jährlich aus. Die ukrainische Armee würde im Falle einer Auseinandersetzung in Minuten weggeblasen werden. Verschärfend zur unzulänglichen Ausrüstung kommt hinzu, daß Russen aus der Ostukraine und Ukrainer sich nicht ausstehen können. Die Russen werden desertieren oder zum Gegner überlaufen.
Die Türkei gibt zwar 18,2 Mrd. $ für die Streitkräfte aus, pro Soldat sind das aber nur 25.000 $. Viele Leute, aber sehr schlecht ausgerüstet. Für Kämpfe mit den Kurden reicht das, einem internationalen Konflikt sollte die Türkei lieber aus dem Wege gehen.
Tschechien und Rumänien sind keine ernsthaften machtpolitischen Adressen. Beide Länder geben je etwa 3 Mrd. $ für Verteidigung aus, für die rumänische Armee sind das 50.000 $ pro Soldat und für die tschechische immerhin 132.000 $.
Deutschland gibt 33,3 Mrd. $ für die Verteidigung aus, 180.000 € pro Soldat und Frankreich entsprechend 38,5 Mrd. $ und 170.000 $ pro Soldat. Die gerne gemachten gehässigen Bemerkungen über die Einsatzfähigkeit des Geräts überlassen wir diese Woche den Karnevalisten, weil das ein weltweites Problem ist, welches auch in Rußland nicht unbekannt ist.
Deutschland, Polen und Frankreich bringen zusammen nicht einmal das Wehrbudget Rußlands auf die Waage, von der nuklearen Überlegenheit Rußlands ganz abgesehen.
Rußland gibt 4 % des BSP für die Rüstung aus, Deutschand 1,4 %, Frankreich und Polen je 1,9 %. Daran sieht man deutlich die Prioritäten und die außenpolitischen Ambitionen.
Im Poker um die Ukraine haben Deutschland und Frankreich kein gutes Blatt. Ohne die Vereinigten Staaten und Großbritannien ist ein wirklich selbständiges außenpolitisches Agieren nicht möglich, weil die Drohkulisse fehlt. Wenn Deutschland wirklich eigenständig Außenpolitik machen will, muß es erst mal 4 % für die Rüstung ausgeben und Atomwaffen haben. Die sogenannten Reichsbürger, die von einem souveränen Deutschland schwätzen, sind Träumer.
Hatten wir doch schon mal:
„Krieg ist die Fortseztung der Diplomatie mit anderen Mitteln“
Wer die „anderen Mittel“ nicht hat, sollte sich lieber zurückhalten!