Entscheidungen ohne Analyse, Fakten und Zahlen
Ein Freund, der im Internet unter dem Decknamen „Meister Petz“ veröffentlicht, hat einen Eintrag darüber geschrieben, wie die universitären Eliten die freie Meinungsäußerung abgeschafft haben. Jawohl, sie ist im Bereich der Bildung bereits beerdigt. Der erste Schritt dazu war die Kaperung der Sprache.
Der historische Werdungsprozeß der Welt lagert sich in den Sprachen ab wie Straßenstaub an einem Verkehrsweg. Wichtige historische Entwicklungen haben ihre Spuren hinterlassen. Deshalb spiegeln sich in der Sprache auch Moral- und Gesellschaftsvorstellungen. Wir hätten zum Beispiel eine andere Sprache ohne die Reformation oder ohne Napoleons Überfall auf Deutschland. Und wir würden uns anders ausdrücken, wenn das Dritte Reich die Weltherrschaft errungen hätte. Die Sprache hat insofern eine Logik, weil völlig verquere Herrschaftsversuche nach Irrungen und Wirrungen regelmäßig gegen pragmatische gescheitert sind. Damit ist Sprache also ein Kulturprodukt pragmatischer Machtausübung. Die ganzen verschwurbelten Sprachregelungen der DDR und des Dritten Reiches sind beispielweise, wenn man von „Broiler“ mal absieht, weitgehend verschwunden, noch Anfang der 70er Jahre herrschte im damals noch pragmatischen Westdeutschland eine relativ klare Ansage.
Die normale gewachsene Sprache resultiert aus dem Bestehenden und ist deshalb ein Feind des Umsturzes. Der Revolutionär muß sich also etwas ausdenken, um die Verhältnisse zu ändern. Das hat er getan. Bereits in den 80er Jahren haben Wirrköpfe begonnen, die Sprache zu verwirren. Dazu haben sie eine Pseudowisschenschaft von „Dekonstruktion“, „Diskurs“ und „Narrativen“ erdacht. Wer nun anfängt, zu erkunden, was damit gemeint ist, befindet sich schon in der gestellten Falle bzw. im Irrenhaus. Es handelt sich um aufgeblasenen und nicht eindeutig bestimmten Begriffswust. Jeder der drei oben genannten Begriffe hat viele konkurrierende Auslegungen, die sich wiederum auf wirre Begriffe in der nächsten Begriffsebene abstützen. Ganz verrückt wird es, wenn man diese unscharfen Worthülsen miteinander in Berührung bringt. Außer Kopfschmerzen kein Ergebnis. Hinter einem hochwissenschaftlich scheinenden schillernden Wortvorhang befindet sich eigentlich nichts Klares und Verständliches. Es ist eine Lehre als reine Leere. „Philosophie ist der konsequente Mißbrauch einer eigens zu diesem Zwecke geschaffenen Terminologie“, schrieb Franz Oppenheimer (1864-1943) dazu. Der Mißbrauch ist so gewollt.
Es ist wie bei des Kaisers Neuen Kleidern. Auf dem intellektuellen Webstuhl ist nichts. Aber da das nicht existente Gewebe so wortreich und detailliert beschrieben wird, bis in einzelne Muster, trauen sich nur Wenige zu widersprechen. Offenbar kein ganz neues Phänomen.
In diesem Wirrwar der Begriffe wurden die Dinge sprachlich auf den Kopf gestellt. Man soll sich in der Uni Leipzig mit Frau Professor anreden. Auch wenn man eindeutig ein Mann ist. Das war die erste perverse Schwuchteluni, weitere folgen. Wenn die Geschlechterrollen erst mal auf dem Kopf stehen, kann man weitere Narrheiten darauf aufbauen.
Einer normalen Entscheidung geht eine Analyse des Istzustandes voraus. Dazu braucht man Fakten und Zahlen sowie eine halbwegs logische Interpretation dieser Hintergründe. Das wollen die geistigen Vagabunden nicht mehr.
Als Zusammenfassung einer Konferenz zu Wachstumsfragen vom vergangenen Herbst in Leipzig wurde verkündigt: „Allen gemeinsam war eine sehr kritische Haltung gegenüber der Idee, dass mit den Ergebnissen von Physik, Biochemie usw. Politik gemacht werden sollte, sprich: dass sich gesellschaftlicher Akteur*innen von Naturwissenschaften das Ruder aus der Hand nehmen lassen und eine bestimmte Vorgehens- und Verhaltensweise mit Zahlen diktieren, statt in einem kollektiven, demokratischen Prozess auszuhandeln welchen Problemen wir eigentlich genau gegenüber stehen und wie wir diese lösen wollen.“
Man kann Löhne aushandeln. Den Luftdruck, die Geldmenge M3, die Erdanziehung kann man nicht verhandeln. Es gibt viele unverhandelbare Voraussetzungen jeder Gestaltung. Wenn man auf die hier verteufelten faktenbasierten Analysen ganz verzichtet, erzeugt man solche Verfallserscheinungen wie die Energiewende, die nur aus inneren Widersprüchen komponiert ist. Naturwissenschaftler sind dann Diener von Ideologen. Hartmut Mehdorn müht(e) sich an politischen Fehlentscheidungen der Berliner und Brandenburger Administration ab, die einen größeren Provinzflughafen ohne Generalunternehmer bauen will. Statiker und Haustechniker reparieren die Dekadenzruinen von Architekten und Elektroingenieure werkeln am Krisenmanagement von wind- und sonnenreichen Wetterlagen. Das sind alles technische Reparaturversuche, die nicht dasselbe Ergebnis bringen, wie eine Politik, die auf brauchbaren Anaylsen aufbaut und sich frühzeitig mit Fachleuten konsultiert. Es entstehen rundum ökonomische, soziale, ökologische und technische Fehlentwicklungen und Notlösungen.
Wir müssen sicher noch eine Weile mit der Diktatur von Dilettanten rechnen, denn es gibt derzeit keinen großen Leidensdruck. Die ideologisch begründeten Strompreise, die never ending Story vom Flughafen und die Verschandelung Deutschlands durch Wärmedämmung und Windmühlen – alles wird vom Volk fast klaglos hingenommen. In Deutschland braucht es immer erst die totale Katastrophe – sei es der westfälische Frieden nach dem Dreißigjährigen Krieg oder die Kapitulation der Nationalsozialisten – bis es zu einem Politikwechsel kommt.
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