Der Unsinn des Staatsfernsehens
Gerade stehen Fernsehen und Presse bei jeder PEGIDA-Demo und in den Blogs am Pranger. Die Vorwürfe der Bürger betreffen die Art der Finanzierung und den zunehmenden Ersatz von Information durch Journalistenmeinungen. Die Damen und Herren Chefredakteure sind von Dienern zu Beherrschern der Gesellschaft geworden. Das Echo „Lügenpresse“ schallt ihnen zehntausendfach entgegen.
In diese peinliche und etwas angespannte Situation ist im Oktober 2014 ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen geplatzt. Wie die Feinde der Wissenschaft es nennen werden: Ein Professorengeschreibsel. Aber eins vom Feinsten mit vernichtenden Wertungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und Rundfunks: Im internationalen Vergleich viel zu teuer, unsozial und ineffizient.
Die Professoren durchleuchteten die Berechtigung des Staatsfernsehens.
Die Kurzfassung sagt bereits alles: „Angesichts der technischen Entwicklung gibt es kaum noch Gründe, warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt, der durch ein breites privates Angebot …gekennzeichnet ist. Nach Ansicht des Beirats gibt es daher gute Gründe für einige Reformen im Rundfunkbereich. …Die öffentlich-rechtlichen Anbieter sollten nur da auftreten, wo das privatwirtschaftliche Angebot klare Defizite aufweist. Zweitens sollte im öffentlichen Rundfunk auf die Werbefinanzierung komplett verzichtet werden, da ansonsten die Fehlanreize der Programmgestaltung, die mit dem öffentlichenrechtlichen Rundfunk beseitigt werden sollen, gleichsam durch die Hintertür wieder eingeführt werden. Drittens sollte sich der Gesetzgeber entweder für eine klare Finanzierung aus dem allgemeinen Haushalt oder für eine moderne Nutzungsgebühr, die beispielsweise dem Subskriptionsmodell im Zeitungsmarkt folgt, entscheiden.“
Also nun ist es raus: Es soll jeder nur das bezahlen, was er auch nutzt. Und der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte nur das anbieten, was private Anbieter nicht leisten. Die Gutachter schreiben: „Ein öffentliches Angebot einer öffentlich-rechtlichen Tageszeitung, produziert durch eine aus Gebühren finanzierte Zeitungsredaktion, gibt es nicht.“ Warum soll es dieses widernatürliche Konstrukt also im Rundfunk geben? Um neun Intendanten zu füttern, die allesamt mehr verdienen als der Bundeskanzler?
Die Gutachter beklagen, daß die privaten Anbieter durch die finanziell stark überlegenen Öffentlichrechtlichen stark behindert werden. „Würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Programmangebot einschränken, würden dadurch zunächst Lücken entstehen. Nicht alle, aber viele dieser Lücken würden durch entsprechende neue Angebote der Privaten gefüllt werden.“ Und vor alle mit geringeren Kosten für die Bürger, die sich das einziehen.
Im Focus stehen natürlich die Sportsendungen: „Dabei schlagen ca. 40.000 Erstsendeminuten im Bereich des Sports allein im 1. Programm der ARD mit rund 450 Millionen Euro an Kosten zu Buche. Dies sind ca. 8 Prozent der Sendezeit des Ersten Programms und ca. 0,4 Prozent der Gesamtfernsehsendeminuten, aber fast 5 Prozent der Gesamtausgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Beim ZDF hat der Sport eine ähnliche Bedeutung. Ausgaben für Sportsendungen mit ca. 35.000 Erstsendeminuten und Kosten von ca. 340 Millionen Euro dominieren auch dort alle anderen Bereiche für diesen Einzelsender im Hinblick auf die Kosten und gehören … zu den teuersten Programmbereichen.“ Von einem fairen Wettbewerb zwischen Staatsfernsehen und Privatkanälen kann angesichts solcher Summen nicht die Rede sein. Die FIFA und das Internationale Olympische Komitee könnten für die Senderechte nicht so viel Geld herausschlagen, wenn ARD und ZDF nicht gut gefüllte Kriegskassen hätten.
Nächster Angriffspunkt der Gutachter ist die Werbung: „Die Werbefinanzierung führt zu einer Programmorientierung an Zielgruppen und Einschaltquoten. Mit bestimmten Programminhalten lassen sich große Zielgruppen ansprechen, bzw. Zielgruppen, die im besonderen Fokus der Werbeindustrie stehen. Diejenigen Programme, für die die Werbeindustrie eine hohe Zahlungsbereitschaft hat, weil sie damit viele bzw. zahlungskräftige Kunden erreicht, sind nicht unbedingt mit den Programminhalten identisch, für die Zuschauergruppen die höchste Wertschätzung haben.“
Einer Korrektur der werbeverursachten Programmdefizite durch öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten steht deren Werbefinanzierung im Weg. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk konkurriert …nicht nur mit den Privaten um Werbekunden. Er setzt sich auch genau den gleichen möglichen Fehlanreizen aus, was die Orientierung an Zielgruppen und Einschaltquoten angeht. So entstehen im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Tendenz die gleichen Verzerrungen und Programmlücken, mit denen gerade die Existenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ökonomisch gerechtfertigt wird.“ Und propagandistisch muß man ergänzen.
Die Gutachter plädieren für einen steuerfinanzierten Rundfunk: „Für eine Steuerfinanzierung sprechen die verbesserte demokratische Legitimierung und Kontrolle sowie die parlamentarischen Hürden gegenüber einem Ausufern der Finanzierungsansprüche.“ Außerdem seien Steuern sozial gerechter als die derzeitige Kopfabgabe, weil sie die Leistungsfähigkeit der Zahler berücksichtigen würden. Wie es jetzt ist, zahlen die Armen die jährlich hoch sechsstelligen Luxusrenten der Ex-Intendanten.
Am besten würden die Gutachter allerdings die intelligentere Ausgestaltung mit nutzungsabhängigen Gebühren finden. „Trotz der vielfältigen Empfangsmöglichkeiten (terrestrisch, Kabel, Satellit, Internet) sind heutzutage auch Subskriptionen einzelner Kanäle oder ein „Pay-per-View“- System technisch möglich.“ Also Bezahlung nur des gewünschten Senders, ggf. unter Berücksichtigung der empfangenen Datenmenge.
Teuer erkaufte wissenschaftliche Betrachtungen, schriftlich niedergelegt, haben es leider an sich, daß sie in Schubladen verstauben. Wie das jährliche Geschwurbel von den Wirtschaftsweisen. Wenn die Folgerungen der schlauen Professoren in die Tat umgesetzt werden sollen, wenn sich etwas ändern soll, müssen im kommenden Herbst zehntausende Gebührenverweigerer und Rundfunkkritiker auf die Straße gehen und die Anstalten blockieren. Experten beginnen gerade mit der Auswertung von Luftbildern, um die stimmungsvollsten Örtlichkeiten zu finden. Ein anderes Team entwickelt Sprechchöre. Wie wäre es mit: „Macht sie warm, die Faultierfarm!“
Zum Schluß fehlt natürlich noch ein Lob für die Medien. Eine Radiostation im Kaukasus hat seinen treuen Hörern immer geholfen: Anfrage an Radio Jerewan: „Im Radio wird immer von erfüllten Plänen berichtet, aber mein Kühlschrank ist leer.“ Antwort: „Sie müssen den Stecker vom Kühlschrank in die Radiosteckdose stecken!“
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