Mit dem Charme eines Räumpanzers
Eine junge Frau seppelt 40 Kilometer durch New York und wird 108 mal angesappelt. Also 2,7 mal pro Kilometer. Oder alle 370 Meter. In New York sind es nicht die Zugereisten, die die Urbevölkerung belästigen – es sind ja alle Leute Einwanderer. An schlechter Integration kann es also nicht liegen. Wenn man die „Komplimente“ so hört, handelt es sich um den Slang von Rappern, der in den Medien als Jugendsprache jahrelang toleriert und als Ausdruck der Unterdrückten und Beleidigten verklärt und medial gefördert wurde. Aber auch harmlose und nette Fragen: „Wie geht es Dir?“ wurden gestellt. Oder der fromme Wunsch „Gott schütz Dich. Mammi!“ Und das Kompliment „nice!“.
Auch in Deutschland gehen junge Damen auf die Straße. Kommt darauf an, wo man sich befindet. In Hamburg werden Frauen viel aggressiver angemacht, als in New York. „Hey Alte ich will Dich ficken!“ rief ein Zugereister über die Bahnhofsgleise, als ich das letzte Mal in Hamburg war. Mit 500 bis 1.000 Zuhörern in Hörweite. So ein Kompliment geht runter wie Öl. Oder auch überhaupt nicht, wenn die Betroffene bis drei zählen kann. Frau Roberts sollte mal durch Hamburg-Horn laufen oder sich in einen S-Bahnhof in Billstedt stellen, wenn sie wirklich was erleben will. Mir scheint jedoch: Sie war in eigener Sache auf Werbetour für ihre Schauspielerkarriere. Bekannt wie ein bunter Hund ist sie jetzt.
Manche Frauen betreten die Straße nur um angemacht zu werden. Woher soll ein Afrikaner oder Moslem wissen, ob die junge Dame ihn kennenlernen will oder nicht? Er wird nach der Kleidung gehen. Also so wie Fräulein Roberts sich zurechtgemacht hat, ist sie kein Zweifelsfall. Mit ihrem sehr figurbetonten Höschen provoziert sie natürlich und weckt Begierden und Phantasien. Und dann noch rote Schuhe. In genau demselben Aufzug ging eine Studentin aus meinem Studienjahr mehrmals täglich auf die Gasse und schleppte nach jeweils einer halben Stunde einen Mann ab. Die brauchte auch nur 370 Meter.
Der Gang durch New York zeigt die ganze Fragwürdigkeit des American Way of Life. Einerseits Slut Walker, die mental ausrasten, wenn man nach ihrer mutwilligen Entblößung auch nur schielt. Sogenannte selbstbewußte Karrierefrauen, die sich als Männer kostümieren. Die Berliner Journalistin Tussy Bruns bemäntelt das so: “Der neue Feminismus ist ein Herrschaftsdiskurs, nicht der eines unterdrückten Geschlechts.“ Und: „Frauenbefreiung war gestern, heute führen Feministinnen den Kampf um Einfluss, Geltung, Geld”. So sehen sie auch aus. Frau Roberts geht mit der Anmut eines Räumpanzers durch New York und ist not amused, wenn jemand „Damn!“ ruft. Andererseits junge Männer, die bei Gangsta Rappern Anstand gelernt haben. Macho pur mit Goldkettchen. Und ahnungslose hip hopper, die denken, daß sie mit hängender Hose Eindruck schinden. Die Darsteller des Videos sind alle das Produkt von Hollywood.
Hollywood hat Spaß daran zu dekonstruieren, Widersprüche zu entdecken, Traditionen zu mißachten, Konventionen zu ändern, Extreme zu züchten und aufeinander prallen zu lassen. Bis es kracht. Wenn man sich der kalifornischen Manipulationsfabrik entziehen will, kann man es wie die Amischen machen: Kein Radio, kein Kino und kein Fernsehen. Keine aufreizende Kleidung. Frau Roberts hat den gegenteiligen Plan: Sie studiert Schauspielerei, um es in Hollywood krachen zu lassen…
Eine Antwort auf “Mit dem Charme eines Räumpanzers”