SPD sollte gegen Armensteuern aktiv werden
Nun liegen alle Wahlergebnisse aus Sachsen, Thüringen und Brandenburg vor, sind auch schon interpretiert und in der Berliner Runde zerredet worden.
Eine Betrachtung ist unterblieben, aber recht interessant. Grüne, Linke und NPD sind thematisch alle aus der Lebensreformbewegung der Kaiserzeit entstanden. Die Grünen hatten ihre Entsprechung in der völkischen Wandervogelbewegung mit ihren Naturschutz- Schwerpunkten, die Linke ist aus der reformistischen USPD und dem Spartacusbund hervorgegangen. Der Aktivismus als politischer Ausdruck des Expressionismus wurde dort gepflegt. Die NPD hatte als Vorläufer die völkische Deutsche Reformpartei, die mehr dem Heimatschutz und Antisemitismus verpflichtet war. Bei Grünen und NPD liegt die Entstehung aus der Reformbewegung sehr klar auf der Hand, bei der Linken braucht es ein paar Geschichtskenntnisse. Lenin hat die Partei neuen Typus in München, einem Zentrum der deutschen Lebensreform konzipiert und dort die Regieanweisung „Was tun?“ geschrieben. Die Struktur dieser Partei neuen Typus entsprach den autoritären Denkmustern der völkischen Bewegung. Nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg war die Oktoberrevolution das Top-Ereignis, an dem sich die idealistische Jugendbewegung wieder aufrichtete.
Diese Zusammenfassung von Grünen, Linken und NPD ist etwas gewagt, aber die Lebensreformbewegung war nun einmal sehr vielgestaltig. Noch heute sind die Linke, die NPD und die Grünen die Parteien mit dem längsten politischen Wunschzettel. Und mit den meisten Verbotsphantasien und dem stärksten missionarischen Eifer. Der Wähler geht nicht mehr so mit wie vor 10 Jahren. Es wird wieder mehr politischer Realismus gewünscht.
In Sachsen und Brandenburg hat die Attraktivität der Reformparteien für den Wähler bereits seit dem Höhepunkt 2004 abgenommen, in Thüringen sind die Lebensreformparteien immer noch auf einem Hoch, aber es gab gestern erstmals kein Wachstum mehr.
In Sachsen hatten 2004 37,9 % der Wähler die aus der Lebensreform hervorgegangenen Parteien gewählt, 2014 waren es noch 29,6 %. In Brandenburg ist die Begeisterung für den Reformismus von 37,7 % 2004 auf 27,0 % 2014 zurückgegangen. In Thüringen war die höchste Zahl von Anhängern 2009 mit 37,9 % erreicht. 2014 wurden die drei Parteien noch von 37,5 % gewählt. Die Stärke der Reformisten liegt in Thüringen vor allem an der Schwäche der SPD, der gestern die letzten Arbeiterwähler davongelaufen sind. Die SPD muß durch eine klarere Positionierung sehen, wie sie wieder auf die Beine kommt.
Das ständige Kreuzen und Lavieren zwischen CDU und Linker wird nicht helfen.
Mein Vorschlag: Wieder einmal Arbeiterinteressen vertreten. Erinnert Euch an August Bebel! Der hat immer gegen die Armensteuern gekämpft. Das sind die indirekten Steuern, wie KWK, EEG, Tabaksteuer, Stromsteuer und die Grundsteuern. Die stammen fast alle aus der Zeit von Rot-Grün. Wer den kleinen Leuten ständig die Luft abdrückt, kann keine glaubwürdige Sozialpolitik machen.