Statt Hortgebühren lieber ein Omelett
Der thüringische Bildungsminister Christoph Matschie ist den Bürgern bisher vor allem durch seine zweite gescheiterte Ehe mit einer äthiopischen höheren Beamtentochter bekannt geworden. Seine beiden Kinder gehen jetzt nicht in Jena in den Hort, sondern werden im fernen Addis Abeba in 2.355 Metern über dem Meeresspiegel am Fuße des Bergs Entoto zu Hause von der Mutti betreut. Addis Abeba wurde übrigens durch einen weiblichen Alleingang gegründet. Kaiser Menelik II. weilte 1886 gerade in einem fernen Reichsteil, als seine Frau Taytu Betul entscheidungsfreudig wie sie war, das kaiserliche Lager vom zugigen Berg Entoto ins wärmere Tal verlegte. Als der Kaiser zurückkehrte schickte er sich drein und ließ einen Palast errichten.
Im Schatten der ministerlichen Ehekrise von Matschie wurden die Hortgebühren im Freistaat neu geregelt, wofür er als Minister verantwortlich zeichnete. Matschie ist Sozialdemokrat, folglich mußte die Hortgebührenverordnung sozial gerecht ausgestaltet werden. „Die soziale Staffelung der Personalkostenbeteiligung erfolgt nach dem Einkommen und der Anzahl der Kinder einer Familie, für die ein Anspruch auf Kindergeld besteht.“ So heißt es in § 2.
Aber was ist Einkommen? Lieber Leser, versuche bitte nicht, den folgenden Satz zu verstehen, siehe nur wie wortreich die Gebührenpflichtigen belabert werden: „Einkommen im Sinne dieser Verordnung ist die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Liegen Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 nicht vor, ist Einkommen die Summe der positiven Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 bis 7 und Abs. 2 EStG. Ein Ausgleich mit Verlusten zwischen verschiedenen Einkunftsarten, mit Verlusten des zusammenveranlagten Ehegatten oder mit Verlusten aus anderen Kalenderjahren ist nicht zulässig. Von dem Einkommen sind pauschal und nach Maßgabe des Absatzes 2 abzusetzen:
1. die zu entrichtende Einkommensteuer,
2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3. Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge der Höhe nach angemessen sind sowie in tatsächlicher Höhe Unterhaltsleistungen.“
Aber das ist der Bildungsbürokratie noch nicht unübersichtlich genug: „Als Einkommen gelten auch, soweit sie nicht schon von Absatz 1 Satz 1 oder 2 erfasst sind, Geldleistungen, die zur Deckung des Lebensbedarfs bestimmt sind, einschließlich der Erwerbsersatzeinkommen. Als Einkommen des Kindes gelten ausschließlich Unterhaltsleistungen und Hinterbliebenenrenten. Das Kindergeld, das Betreuungsgeld und das Erziehungsgeld werden nicht als Einkommen berücksichtigt. Das Elterngeld bleibt in Höhe des Mindestbetrags sowie des Erhöhungsbetrags bei Mehrlingsgeburten anrechnungsfrei.“
Um das Chaos perfekt zu machen heißt es in der Verordnung: „Abweichend von Absatz 4 ist das laufende Monatseinkommen zugrunde zu legen, wenn das laufende Bruttomonatseinkommen um mindestens 20 vom Hundert höher oder niedriger ist als das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen des dem jeweiligen Schuljahr der Hortbetreuung vorangegangenen Kalenderjahrs und seine voraussichtliche Erzielung für die Dauer des laufenden Kalenderjahrs glaubhaft gemacht wird. (…) Die Personalkostenbeteiligung wird zunächst vorläufig festgesetzt; ihre endgültige Festsetzung erfolgt nach Ablauf des laufenden Kalenderjahrs. Treten Änderungen im Sinne des Satz 1 nachträglich ein, erfolgt eine Neufestsetzung frühestens ab dem Kalendermonat, zu dessen Beginn die Einkommensänderung vorliegt. Einkommenssteigerungen in dem in Satz 1 bestimmten Umfang sind dem zuständigen Schulträger unter Vorlage geeigneter Unterlagen unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen.“
Wenn die Eltern das lesen werden sie sich fragen, ob man nun den Steuerberater, den Psychiater oder den Lohnsteuerhilfeverein mit der Sache befassen muß. Denn „Grundlage der Einkommensermittlung sind der Einkommensteuerbescheid, Jahresverdienstbescheinigungen oder andere geeignete Unterlagen.“
Ja was nun? Der Einkommenssteuerbescheid oder die Verdienstbescheinigung? Wenn ich die Verdienstbescheinigung bei der Schule abgebe bin ich auf der sicheren Seite. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus Dividenden und Kursgewinnen von Aktien, aus sonstigen Kapitaleinkünften, aus der gewerblichen Photovoltaik auf dem Dach, aus der Nebenlandwirtschaft und anderen Nebeneinkünften bleiben unerkannt und bei der Gebühr unberücksichtigt. Eine Erkundigung vor Ort ergibt: Was abgegeben wird, wird von der Schulsekretärin akzeptiert. Die arme Sekretärin schickt die Unterlagen ans jeweilige Landratsamt.
Dort müssen Mitarbeiter aus Einkommenssteuerbescheinigungen oder Verdienstbescheinigungen die Hortgebühren errechnen. Ohne eine elementare Qualifikation zum Steuerberater. Wenn es bei den Gebühren um 4stellige Beträge handeln würde, lohnte sich das. Der Höchstbetrag der Hortgebühr liegt jedoch bei 50 €. Die durchschnittliche Gebühr liegt wesentlich niedriger. Jedes dritte Kind besucht den Hort umsonst. Wenn man den Aufwand der Gebührenermittlung mit der Gebühr vergleicht, so ist klar, daß der Aufwand unverhältnismäßig ist, daß also mit dem Schinken nach der Wurst geworfen wird. Verwaltungsökonomisch ist die Gebühr eine Katastrophe. Gerechtigkeit herzustellen ist furchtbar kompliziert. Und was kompliziert ist, gelingt nicht wirklich.
Eigentlich sollen berufstätige Eltern die geringe verbleibende Freizeit mit ihren Kindern verbringen und mal ein Spiel machen oder eine Radtour. Statt dessen müssen sie ellenlange unverständliche Satzungen und Verordnungen durchackern, Unterlagen für die Bescheidung beibringen und Gebührenbescheide kontrollieren. Wer die Lust auf den nächsten Sex verlieren will, oder wer eine Frau mit Migräne hat, kann ja mal die Thüringer Hortkostenbeteiligungsverordnung –ThürHortkBVO – lesen. Eine Karikatur aus der Satirezeitschrift „Krokodil“ warf ein grelles Schlaglicht auf das Elend der heutigen Eltern. Sie zeigte einen Hahn und eine Henne bei der Betrachtung eines Eis. Der Hahn: „In unserer Zeit Kinder? Mach mir lieber ein Omelett!“
Die Landesregierung sollte auf die Hortgebühren verzichten. Ist zwar nicht gerecht, aber vernünftig.
Eine Antwort auf “Statt Hortgebühren lieber ein Omelett”