Kampf gegen Windmühlen
Gerade haben sich einige Schriftsteller gegen Amazon verbündet, weil sie den Ertrag ihrer Arbeit schützen wollen. Amazon würde die Buchpreise drücken argumentieren sie. Man kann ihren Protest verstehen.
Nicht verständlich ist allerdings die Gleichgültigkeit dieser Schriftsteller gegenüber ihren Lesern. Ich bestelle ja nicht bei Amazon, weil ich ein Buch billiger haben will, sondern weil es das Buch im Buchhandel nicht gibt oder weil ich mir den teuren und zeitaufwändigen Weg in den Laden ersparen will.
Die Buchläden befinden sich alle in Innenstädten, vornehmlich in Fußgängerzonen. In einige dieser Städte kommt man wegen Umweltzonen nicht herein, in anderen gibt es unzulängliche oder teure Parkmöglichkeiten. Und wieviel Mühe sich die Buchhändler auch geben, in einen Laden mit begrenzter und teurer Verkaufsfläche bekommen sie immer nur den stinklangweiligen mainstream unter. Vorne stehen die SPIEGEL-Bestseller, Gartenbücher, Wellnes und new age. Hinten Reiseführer, Krimis und eine Publizistik-Ecke mit den Autoren, wegen denen man das Fernsehen boykottiert. Einige Händler bieten aus ideologischer Verbohrtheit nichts kritisches und interessantes an. Da lohnt es sich nicht die Ladentür aufzumachen.
Kürzlich wollte ich mal „Das Ei und ich“ von Betty MacDonald haben, das ich als Kind mal gelesen hatte. Ist schon 20 Jahre nicht mehr gedruckt worden. Im Buchladen hat man da keine Chance. Bei Amazon kein Problem. Man bekommt das Buch binnen zwei Tagen. Wenn es zwei Wochen dauern würde, es wäre für mich auch kein Problem. Und man bekommt das Buch ins Haus geliefert.
Ich habe es mal genau ausgerechnet, der Weg in den Buchladen kostet bei 15 km Entfernung und einer Stunde Parkzeit genau 10 Euro plus etwa 2 Stunden Zeit. Daneben relativiert sich der eigentliche Buchpreis. Bei diesen Beschaffungskosten ist er gelinde gesagt irrelevant.
Eine Welt, in der die Leute Vollzeit arbeiten sollen, in der sie zusätzlich Kinder aufziehen und Eltern betreuen, in der es Kino, Internet und Ferienreisen gibt, in der man noch ein bißchen Sport treibt und sich um Garten und Hund kümmert hat der Tag auch nur 24 Stunden. Darauf muß sich der Handel einstellen. Ladengeschäfte und Kaufhäuser in verkehrstechnisch abgelegenen Innenstädten – das ist im Internetzeitalter in einigen Branchen ein Auslaufmodell. Zuerst im Buchhandel. Die Autoren kämpfen gegen Amazon, sie könnten auch gegen Windmühlen antreten.
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