Das Land ohne Außenpolitik
Gerade wieder einmal ist die deutsche Außenpolitik umstritten und verunsichert. Ob es die Ukraine betrifft oder das Morgenland, es gibt keinen außenpolitischen Konsenz mehr. Sicher liegt das daran, daß die Versuchung groß war, Außenpolitik innenpolitisch zu instrumentalisieren und kulturell zu überfrachten. In dieser zerfahrenen Lage ist ein Blick zurück in die Geschichte der deutschen Außenpolitik sehr lehrreich.
In Zettels Raum ist eine Shortstory über Deutschland, das Land ohne Außenpolitik veröffentlicht worden. Ich denke der Autor hat einen guten Zeitpunkt für die Veröffentlichung gewählt. Also rein ins Lesevergnügen:
Am Abend des 10. August 955 riefen die Truppen der deutschen Stämme Otto I zum Imperator aus. Sein Sieg auf dem Lechfeld hatte die Ungarn entscheidend geschlagen. Zwei Generationen lang hatten sie Deutschland verheert, nach ihrer Niederlage schlossen sie dauerhaften Frieden. Nachdem vorher schon die Einfälle der Wikinger beendet werden konnten und Otto im Herbst 955 auch die Abodriten entscheidend besiegte, gab es für die Deutschen keine äußeren Bedrohungen mehr.
Das war ein ganz wesentlicher historischer Wendepunkt – auch wenn er den Zeitgenossen nicht bewußt war. Keiner von ihnen konnte ahnen, daß der Frieden nach außen über viele Jahrhunderte halten würde.
Eine völlige Anomalie in der Weltgeschichte – kein anderes großes Land hat Ähnliches erlebt. Und Deutschland ist bis heute von dieser historischen Erfahrung geprägt.
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