Aktionäre retten keine Banken
Die portugiesische Bank Espírito Santo hat Verluste und notleidende Kredite von gut 5 Mrd. € angehäuft. Die Bank bekam vom europäischen Bankenrettungsfonds ein Spritze von 4 Mrd. €. Die Verluste entstanden im Angola-Geschäft, wo die Granden der korrupten Befreiungsbewegung MPLA fast unbeschränkten faulen Kredit genossen und in einem unübersichtlichen Beteiligungsirrgarten der Bank.
Wenn Portugal den Verlust alleine getragen hätte, hätte jeder portugiesische Beschäftigte 1.140 € berappen müssen, um die 4 Mrd. € aufzubringen. Der portugiesische Durchschnittslohn beträgt brutto 1.414 €. Wenn man annimmt, daß die Hälfte davon netto den Beschäftigten verbleibt wären fast zwei Monatseinkommen futsch gewesen.
Nun wird das Desaster auf die Eurozone aufgeteilt. Der Anteil Deutschlands am gezeichneten Kapital der Europäischen Zentralbank (Stand: 01. Januar 2014) betrug 18 %. In Deutschland gibt es etwa 28 Mio. Vollerwerbstätige. 18 % von 4 Mrd. € sind 720 Mio €. Pro Kopf kommen auf jeden Beschäftigten 26 € Verlust der portugiesischen Skandalbank zu. Für den deutschen Arbeitnehmer ist das noch erträglich. Bei 3.106 € brutto monatlich und etwa 1.400 € netto sind das etwa 2 % eines Monatsverdienstes. 2 % sind für manche Zeitgenossen allerdings eine kleine Katastrophe. Es gibt viele Beschäftigte mit Durchschnittseinkommen, die beim Arbeitgeber anrufen, wenn der Lohn wegen Krankheit im Lohnbüro zwei Tage verspätet überwiesen wird. Was ist dann erst bei Niedriglöhnern los?
Das ärmste Euroland ist Litauen. Dort liegt der Bruttodurchschnittsverdienst bei 612 €. Lettland hat 0,28 % des EZB-Stammkapitals. 11,2 Mio. € Verlust aus der Espírito Santo-Rettung treffen Lettland. Bei geschätzt 750.000 Vollzeitbeschäftigten sind das 15 € Verlust pro Kopf oder schon 5 % eines Nettomonatslohns.
Doch bei der Espírito Santo bleibt es ja nicht. Schon wieder kracht es bei der sozialdemokratischen Monte dei Paschi di Siena in Italien im Finanzgebälk und die bulgarische Korporatna Targowa Banka (KTB) sowie die Parwa Inwestizionna Banka (Fibank) befinden sich immer noch im Krisenmodus. Bulgarien ist zwar nicht im Euro-Raum, möchte sich aber der europäischen Bankenaufsicht freiwillig anschließen. Da kann man leicht den Wunsch rauslesen, auch zum europäischen Bankenrettungssystem dazuzugehören. Und dann sind da noch die eigentlich insolventen spanischen Banken, die ihre Bilanzen nur dadurch im Gleichgewicht halten, indem sie ihre Immobilienengagements nicht zu Marktpreisen bewerten. Auf weitere zukünftige Bankenrettungen kann man sich einstellen.
Den Leidtragenden des Systems wird vorgekaukelt, daß ja nun die Aktionäre einen Teil des Schadens bezahlen und damit die Lasten gerechter verteilt werden. Aber so simpel ist die Welt nicht. Wenn die Aktionäre geschoren werden, brechen natürlich auch Steuereinnahmen dieser wohlhabenden Klientel weg. Zum Beispiel Abgeltungssteuer auf Dividenden. Und die Kursverluste der Aktionäre können abgeschrieben werden, da in Deutschland Kursgewinne und –verluste besteuert werden. Der Bund holt sich das entgangene Steuergeld dann von den verbliebenen Steuerpflichtigen und das sind wieder die Ärmeren. Gerade ist von einer Erhöhung der Alkoholsteuer die Rede. Angeblich wegen der Gesundheit. In Wirklichkeit aber um die Steuerausfälle der Bankaktionäre zu kompensieren. Alkohol- und Tabaksteuern sind klassische Armensteuern.
Wenn die Aktionäre Geld verloren haben, reduziert sich der Konsum der Reichen etwas, wodurch wiederum die Armen in ihrer Funktion als Dienstleister, Produzenten und Arbeitnehmer betroffen und geschädigt werden. Ein Geldsystem ist ein Kreislaufsystem, wo eine ständige Zirkulation zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern stattfindet. Es gibt keine getrennten Geldkreisläufe der Armen und der Reichen. Darum bringt jedes Desaster der Armen auch Nachteile für die Reichen und umgekehrt. Mit dem Steuersystem ist es übrigens genauso. Die Zeit, wo der Staat von oben nach unten umverteilt hat, sind vorbei. Mittlerweile wird zwar immer noch von oben nach unten transferiert, zum Beispiel im Sozialbereich. Andererseits wird Geld zunehmend von unten nach oben verschoben. Das betrifft den Bereich der erneuerbaren Energien, die Verbrauchssteuern auf Tabak, aber auch die Rundfunksteuer, wo die Armen für Supergehälter und –renten der Reichen geradestehen müssen. Der ganze Bereich der staatlichen und halbstaatlichen Förderungen ist ein einziges Eldorado für clevere kapitalistische Abgreifer. Arbeitnehmer profitieren davon nur sekundär. Wer bei Subventionsjägern angestellt ist, bekommt etwas bessere Löhne. Kurz, es gibt keine getrennten ökonomischen Biografien von Armen und Reichen und keine Bankenrettungen, von denen Arbeitnehmer und Hartzer nicht betroffen sind.
Der Anteil der Bankeigner an der Rettung der Espírito Santo beträgt lächerliche 400 Mio. €, also etwa 10 %. Mehr Kapital haben Banken nicht. Wegen der geringen Kapitaldecke von Banken werden niemals die Bankeigentümer den Schaden alleine tragen.
Letzteres wäre nur möglich, wenn Bankschieflagen frühzeitig diagnostiziert würden. Ein Bankzusammenbruch ist jedoch immer die urplötzliche Offenbarung einer jahre- oder jahrzehntelangen gigantischen Verlustanhäufung. Bei einer ehrlichen Bilanzierung würden Schieflagen frühzeitig erkennbar werden. Die staatlichen Bankenstresstests und auch die Gutachten der Wirtschaftsprüfer haben immer wieder dazu beigetragen, daß Risiken der Banken versteckt und weghalluziniert werden konnten. Zum Beispiel griechische Staatsanleihen, die von der Aufsicht trotz faktischen Staatsbankrotts immer noch als Werte behandelt worden waren. Rein aus politischen Rücksichten auf die sozialistischen und konservativen Freunde in Griechenland. Ganz nach demselben Muster ist es auch in der angolanischen Filiale der Espírito Santo gelaufen…
Eine gute Zusammenfassung eines mal wieder sehr traurigen Falls.
Aus meiner Sicht ist das noch lange nicht das Ende. Wenn eine Schuldenkrise mit Schulden bekämpft wird, ist es nicht so schwer, zu überlegen, was passieren wird. Aber eben erst in der nächsten Legislaturperiode…