Das höchste Haushaltsdefizit seit 2009
Es gab jüngst einen Briefwechsel zwischen Professor Lucke (AfD) und Staatssekretär Kampeter (CDU) vom Bundesfinanzministerium zur Lage in Griechenland. Lucke behauptet, daß die Ausgaben für die Bankenrekapitalisierung in Höhe von zwölf Milliarden Euro aus dem griechischen Defizit herausgerechnet wurden und daß Rechnungen in Höhe von mehr als vier Milliarden Euro, die einheimischen Unternehmen geschuldet werden, nicht bezahlt wurden. Auf deutsch, daß die griechischen Haushaltszahlen geschönt sind.
Kampeter wies Lucke darauf hin, daß die Meßgrößen zur Beurteilung des griechischen Reformprogramms die Programmauflagen präzise abbilden und daß von Anfang an vereinbart gewesen sei, den Schuldendienst bei der Berechnung des Primärhaushaltsüberschusses nicht zu berücksichtigen. Etwas unpräzise, diese Antwort.
Fester und unerschütterlicher Glauben an Fortschritte
Wir müssen also schauen, was Dritte herausgefunden haben. Am 14. April hatte die als sehr seriös geltende auf die Analyse von Statistiken spezialisierte Internetseite Querschüsse Zweifel angemeldet: „Kaum ist die Bundeskanzlerin aus Griechenland abgereist und die Lobeshymnen des guten Weges und des griechischen Primärüberschusses im Staatshaushalt verklungen, kehrt ein Montag ein und damit das harte Leben in der Realität. Das griechische Statistikamt ELSTAT berichtete heute, in seiner Verpflichtung im Rahmen des europäischen Haushaltsüberwachungsverfahrens, die Daten zum Defizit und zur Verschuldung des Staates an die Europäische Kommission und damit an Eurostat. Und hallo, welche Überraschung, in diesem Dokument ist plötzlich von einem Primärüberschuss nichts mehr zu sehen. Sondern nur von einem Primärdefizit in Höhe von -15,887 Mrd. Euro und mit den geleisteten Zinsen ein Defizit in Höhe von -23,109 Mrd. Euro! Und jetzt festhalten, das Defizit betrug 2013 -12,7% des nominalen BIPs, das höchste Defizit im Verhältnis zum BIP seit 2009. Ja, ja Fortschritte, aber zum Glück bekommt das Frau Merkel nicht mehr mit, denn die ist ja abgereist, im festen und unerschütterlichen Glauben an die Fortschritte:“
Ein grundsätzlicher Tip für alle Freunde der Wahrheit: Die Zahlen der Bank von Griechenland sind in der Regel wesentlich aufschlußreicher und detaillierter, als jene des Statistikinstituts EL-STAT. Wenn man die neuen Zahlen der Bank von Griechenland analysiert, so fällt auf, daß das Handelsdefizit seit Jahren auf dem selben Niveau verharrt. Von Januar bis Februar 2014 betrug es 3,27 Mrd. € gegenüber 3,14 Mrd. € im gleichen Vorjahreszeitraum. Auch der Beitrag der Dienstleistungen, darunter der des Tourismus scheint wie festgenagelt. Was alle vielleicht noch übersehen haben: Die laufenden Überweisungen aus Brüssel zur Stützung des griechischen Haushalts sind gegenüber dem Vorjahrsjanuar und –februar um 803 Mio. € angestiegen.
Der griechische Patient kommt nicht auf die Beine
Die griechische Wirtschaft tritt auf der Stelle, und zwar auf niedrigstem Niveau. Die Zinslasten sind durch die EZB extrem reduziert worden. Die direkten Transfers von Brüssel nach Athen sind erhöht worden. Und trotzdem kommt der griechische Patient nicht auf die Beine. Die Direktinvestitionen in Griechenland sanken beispielsweise in den ersten beiden Monaten 2014 auf 55 Mio. € gegenüber 563 Mio. € im Vorjahr. Über den Finanzbereich schreibt die Bank von Griechenland: „Bei Portfolioinvestitionen wurde ein Netto-Abfluss von 2,7 Mrd. € festgestellt, vor allem aufgrund eines Anstiegs der griechischen Investitionen in ausländische Schatzwechsel und einem Rückgang der ausländischen Bestände an griechischen Staatsanleihen und Schatzwechseln. Diese Entwicklung wurde teilweise durch einen Zufluss beim Kauf von griechischen Aktien durch Ausländer sowie durch einen Rückgang der griechischen Bestände an ausländischen Anleihen ausgeglichen. Unter sonstige Investitionen, wurde ein Nettozufluss von 2,7 Mrd. € festgestellt , vor allem aufgrund von erhöhten Beständen an griechischen Einlagen und Repos durch Ausländer“. Ja, wer sind diese Ausländer? Es wird sich doch nicht zufällig um „Anleger“ aus dem Euroraum handeln?
Staatssekretär Kampeter hat die rosarote Brille auf
Das Statistikamt Elstat meldet für März eine Zunahme der industriellen Produktion von 1,7 %, gegenüber dem Vorjahr, für Januar einen Rückgang des Bauwesens von 40 % gegenüber dem Vorjahr und für den Einzelhandel einen periodengleichen Rückgang von 4,3 %. Das Bruttoinlandsprodukt war im letzten Quartal um 2,3 % gegenüber dem Vorjahrsquartal gesunken. Die Arbeitslosenrate hat 27,5 % erreicht.
Wenn man die Einschätzungen der Kollegen von den Querschüssen, von der Bank von Griechenland und dem griechischen Statistikinstitut zu Rate zieht, so ergibt sich die Einschätzung, daß Staatssekretär Kampeter die rosarote Brille aufhat. Die Parteien der Bundesregierung möchten offensichtlich die Europawahl halbwegs unbeschadet überstehen und phantasieren sich die Welt schön.
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