Die Republik Venedig – neues EU-Mitglied an der Adria ?
Die venetianische Republik wurde 1797 durch eine französische Invasion zerstört. Nach über 200 Jahren kündigt sich die Wiedererrichtung an.
4-5000 Venezianer fanden sich gestern nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse des Plebiszits über die Unabhängigkeit Venetiens auf der Piazza dei Signori mit den Fahnen von San Marco ein, um die Resultate enthusiastisch zu feiern. Ansprachen wurden im venetianischen Dialekt gehalten und Chöre mit dem Ruf „Freiheit, Freiheit“ schallten über den Platz. Die Politiker der großen Parteien ließen sich allerdings nicht sehen.
Die Ergebnisse des Votums sahen so aus:
Soll die Republik VENETO unabhängig und souverän werden?
• Gültige Stimmen: 2.360.235 = 63,23 % der Wahlberechtigten
• JA : 2.102.969 gleich 89,1 % der abgegebenen gültigen Stimmen
• NO: 257.266 gleich 10,9 % der abgegebenen gültigen Stimmen
• ungültige Stimmen : 6.815 , entsprechend 0,29 % der abgegebenen gültigen Stimmen
Volksabstimmung über den Beitritt zur Europäischen UNION
• Gültige Stimmen: 833.550 = 22,33 % der Wahlberechtigten
• Ja: 464.534 gleich 55,73 % der gültigen Stimmen
• NO: 369.016 gleich 44,27 % der abgegebenen gültigen Stimmen
Volksabstimmung über die EURO-EINFÜHRUNG
• Gültige Stimmen: 919.598 = 24,63 % der Wahlberechtigten
• Ja: 472.409 (51,37 % der gültigen Stimmen)
• NO: 447.189 (48,63 % der abgegebenen gültigen Stimmen)
–
Referendum über die Mitgliedschaft in der NATO
• Gültige Stimmen: 740.431 = 19,84 % der Wahlberechtigten
• Ja: 477.312 = 64,46 % der gültigen Stimmen
• NO: 263.119 = 35,54 % der abgegebenen gültigen Stimmen
Eine knappe Mehrheit will der EU beitreten und eine sehr knappe Mehrheit dem Euro, während zwei Drittel der Venetianer in der NATO verbleiben wollen. Nun müssen die EU und die NATO nur noch wollen. In Rom sind die ersten Hindernisse zu überwinden. Die Republik Italien ist nach der Verfassung unteilbar.
So locker wie inzwischen mit dem Recht, zum Beispiel mit dem Vertrag von Maastricht umgegangen wird, sind rechtliche Bindungen heutzutage leider kein Problem mehr. Die wackelige römische Administration kann mit leichter Mühe zermürbt und zum Aufgeben gezwungen werden.
Es besteht die Chance, daß sich Lombarden, Piemontesen und Südtiroler in absehbarer Zeit ebenfalls für eigene Staaten entscheiden. Selbst im staatsfrommen Deutschland stehen die ersten Wolken der Auflösung am Horizont. In Bayern gärt es. Die separatistische Bayernpartei konnte bei der Kommunalwahl am vergangenen Sonntag die Zahl der Sitze in Kreistagen mehr als verdoppeln. Bayernpartei und Frankenseparatisten hatten schon bei der letzten bayrischen Landtagswahl die übrigen Kleinparteien überflügelt.
Die politischen Großgebilde wurden vom Wähler solange akzeptiert, wie sie erfolgreich waren. Sie haben ihre Kräfte überspannt und sind am zerfallen. Typisch ist, daß Großreiche bis zum Schluß expandieren wollen. Die Sowjetunion engagierte sich kurz vor ihrem Untergang noch im Südjemen und in Afghanistan. Die EU will noch die Ukraine, Serbien und die Türkei aufnehmen.
Günter Kunert hat in den 80er Jahren eine Kurzgeschichte über Putzgers Weltatlas geschrieben. Das war um 1910 der Standardatlas für die deutschen Gymnasien. Mit jeder Seite des Atlas, die man umblättert wurden die Imperien immer größer. Man blättert eine Seite weiter und die aufgeblasenen Großreiche sind verschwunden…
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