Auf Armlänge vom Hals gehalten
Nach der desaströsen Regierungsbeteiligung der FDP im Bund und dem Denkzettel der Bundestagswahl 2013 versucht Christian Lindner als neuer Parteivorsitzender das Parteiprofil zu schärfen – als sechste Blockpartei mit Nibelungentreue zur Europäischen Zentralbank und zur Europäischen Kommission.
Die Wahl war verlorengegangen, weil die FDP sich für einige Bürgerinteressen wenig engagiert hat. Sie hatte das Erneuerbare-Energien-Gesetz mitgetragen, offensichtlich auch weil im Bonner Wahlkreis von Westerwelle ein Solarfabrikant gesponsert hatte. Die FDP hatte auf die Reform der Einkommenssteuer verzichtet, weil Westerwelle die Koalitionsverhandlungen schnell zu Ende bringen wollte, um geschwind als Außenminister zu verreisen. Dabei war die Verengung der Steuerproblematik auf das Einkommenssteuergesetz schon ein Verrat am Bürger, weil das Gesetz nur 20 % der Wähler wirklich hart trifft. 80 % werden von den Verbrauchs- und Verkehrssteuern viel mehr gezwiebelt. Wenn eine Beamtenpartei diese Verbrauchssteuern und -abgaben unter den Teppich kehrt, dann agiert sie geschickt, weil das ihrer Klientel nutzt. Wenn das eine liberale Partei auch macht, dann hat sie perverse Lust auf Selbstmord.
Welche Rolle Verbrauchssteuern spielen, kann man derzeit in der Bretagne studieren, wo die Rotmützen gerade mit Erfolg auf die eingerissenen Mißstände aufmerksam machen.
Eine liberale Bürgerpartei, die eine Wahl wirklich gewinnen will, müßte im Verbrauchssteuern- und Abgabenbereich aufräumen. Auch eine sozialdemokratische Arbeiterpartei müßte das eigentlich. Als August Bebel und Eugen Richter noch lebten, agierten die SPD und die Liberalen ganz anders als heute…Vor 100 Jahren waren das noch keine Beamtenparteien.
Und eine Bürgerpartei müßte das Übernehmen von Verantwortung für wirtschaftlichen Bockmist wieder einführen. Bankenrettungen? Ein Unding! Gegen Bankenrettungen und Rettungen von allem und jedem hatte sich der liberale Hinterbänkler Frank Schäffler eingesetzt, der für einen Politiker einen bienenhaften Fleiß entwickelte und ein Mitgliedervotum zum Rettungsschirm ESM initiierte. Ein Drittel der Parteimitglieder der FDP nahm teil und davon waren etwa 44 % gegen den Rettungsschirm. Insgesamt hatte Schäffler 15 % der Parteimitglieder hinter sich, und von den Aktivisten noch deutlich mehr.
Auf dem Parteitag am 7. Dezember 2013 bekam er 24 % der Stimmen bei der Wahl zum 3. Parteivorsitzenden. Das ist schon eine relevante Strömung in der Partei. Interessant war deshalb, ob Schäffler ins Präsidium gewählt werden würde. Nun um es kurz zu machen, Lindner verbaute ihm den Weg an die Parteispitze, indem er andere Kandidaten vorschlug.
Damit nicht genug. „Keinen Zentimeter den Eurohassern“ verkündete er und meinte damit nicht nur die AfD, sondern auch den innerparteilichen Eurokritiker Schäffler. Keinen Zentimeter, das hört sich nach einer Front im Krieg an. Lindner ist offensichtlich auf harten Krawall gebürstet, und nicht auf Ausgleich in der Partei. Den Eurokritiker Schäffler hat er sich erst mal auf Armlänge vom Hals gehalten. Ob es nun Ruhe in der Partei gibt wird man mal sehen. Die FDP ist nicht so durchdiszipliniert wie die CDU.
Lindners Konzept ist offensichtlich mit Hilfe einiger befreundeter Journalisten Rückenwind für zukünftige Wahlen zu bekommen, so wie das bei der Landtagswahl in NRW ja auch geklappt hat. Ob man den Wähler so auf Dauer beeinflussen kann – wir werden es sehen. Der erste Test wird die Europawahl.