Must be found ? – Mist be found!
Auf tablets und iphones wird der Nutzer künftig neben den üblichen Internetinhalten und Apps auch Fernsehprogramme abrufen können. „Damit wird die Auffindbarkeit von Inhalten zunehmend schwieriger“, stellte die Europaabgeordnete Petra Kammerevert (SPD) fest. Sie fordert, dass Medieninhalte, die gesellschaftlich gewünschte Effekte erzielen, auf dem Smart-TV-Bildschirm leichter gefunden werden – die sogenannte „must-be-found-Regelung“. „Der Smart-TV-Nutzer soll Inhalte leichter finden, deren Anbieter sich freiwillig Werberegulierungen oder einem strengerem Jugendschutz unterwerfen, die hohe journalistische Standards einhalten oder einen gesetzlichen Auftrag erfüllen.“
„Must be found“ ist englisch und bedeutet „ muß gefunden werden“. Diese Must-be-found-Regelung ist nun im Koalitionsvertrag der Groko vereinbart worden. Eine wichtige Vereinbarung, welche im Rummel um den Mindestlohn völlig untergegangen ist.
Ja, was sind gesellschaftlich gewünschte Inhalte?
Was gesellschaftlich nicht erwünscht ist, ist klar. Das sind Kinderschänderei, Kannibalismus, Rauschgiftwerbung, Nationalsozialismus und grundlose Beleidigungen. Dann hört die gesellschaftliche Übereinkunft auch schon auf. Autsch – jetzt bin ich einigen gesellschaftlich relevanten Gruppeninteressen schon auf die Füße getreten…
Was gesellschaftlich gewünschte Inhalte sind, kann ich mir gut vorstellen. Alles was der SPD zum Munde redet, und der CDU. In Italien gab es sowas schon einmal: RAI 1 „gehörte“ vor 1990 den Sozialisten, RAI 2 den Christdemokraten.
Welche Kommission soll die Macht haben zu entscheiden, ob Nachrichten aus einem Blog oder aus einer Internetzeitung irrelvant sind? Wenn man sich die Zusammensetzung solcher Rundfunkkommissionen ansieht, sind Parteivertreter und Lobbyisten in erdrückender Überzahl vertreten. Gerade hat das ZDF die ARD angepampt, weil das der Fall ist. Wir haben damit zu rechnen, daß die Große Koalition den Bürgern billige Parteipropaganda eintrichtern will. SPD und CDU wollen bestimmen, welchen politischen bullshit man sich ansehen soll. Eines Tages kommt wieder der Parteisekretär an den Arbeitsplatz und verlangt, daß man den „Schwarzen Kanal“ sieht. Das war die gehässigste Propagandasendung des Adlershofer Ostfernsehens.
Einige Europaabgeordnete batten sich schon mal mit „must be found“ auseinandergesetzt. Die Abgeordnete Hirsch schrieb dazu: „Demnach soll das Medienrecht dahingehend geändert werden, dass bestimmte audiovisuelle Angebote auf Internetplattformen privilegiert zu finden sein müssen. Hierbei ist zunächst offen gelassen worden, welche Plattformen unter eine solche Regelung fallen sollen: Von Suchmaschinen über soziale Netzwerke über Browser könnten alle möglichen Internetdienste einer derartigen Regulierung unterliegen. Ganz konkret sollen Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auf Plattformen privilegiert gefunden werden müssen. Angebote privater Mediendiensteanbieter, also beispielsweise Verleger oder private Rundfunkveranstalter, sollen sich für die privilegierte Auffindbarkeit einem gesonderten Verfahren unterziehen müssen, in dem vorab zu prüfen ist, welche Angebote würdig genug sind, um von der besseren Auffindbarkeit zu profitieren. …Wir sollten ebenfalls Abstand davon nehmen, Qualität von Medieninhalten bewerten zu wollen, um bestimmten Inhalten künstlich zu höherer Relevanz zu verhelfen. Es ist nicht einzusehen, dass alle öffentlich-rechtlichen Inhalte per Gesetz von einer höheren Auffindbarkeit profitieren sollen. Zu Ende gedacht würde dies bedeuten, ein Gesetz zu fordern, in dessen Konsequenz bei einer Suche nach den Worten “TV-Soap” die ARD-Soap “Verbotene Liebe” als privilegiertes Suchergebnis präsentiert wird. Darüber hinaus darf dann eine neu zu schaffende Aufsichtsstruktur darüber befinden, welche privaten Inhalte als qualitativ höherwertig erachtet werden, um in den Genuss einer Plattformregulierung zu gelangen. Wenn Spiegel Online diesen Test bestehen sollte, wie sieht es mit dem Online-Angebot der Illustrierten Stern aus? Privilegieren wir RTL wegen seiner Nachrichten, Vox jedoch nicht? Wenn wir hoheitlich über Qualität im Internet entscheiden, entscheiden wir dann in vielen Fällen nicht auch über die Qualität von Kunstwerken? Dies alles sind Beispiele von Vorzensur. Ein Blick in die deutsche Geschichte zeigt, dass wir diesen Weg nicht gehen sollten.“ Frau Hirsch hat im Prinzip recht, sie hat jedoch völlig übersehen, daß es auch die kleinen Anbieter im Internet gibt, die völlig unter die Räder kommen werden.
Die Europaabgeordnete Verheyen (CDU) schrieb zu dem Thema: „Das Thema Auffindbarkeit oder auch „Must-be-Found“-Prinzip ist dagegen etwas schwieriger zu bewerten. Vor dem Hintergrund, dass in der konvergenten Welt eine Entwicklung weg vom Prinzip des offenen Internetzugangs zu Inhalten (via Portale und Suchmaschinen) hin zu einer „Appisierung“ von Inhalten und Software auf mobilen Endgeräten, PCs und Smart TVs zu beobachten ist, liegt für mich das Marktzugangsproblem nicht bei den Content-Gateways, die über den offenen Zugang zum Internet erreicht werden, sondern viel mehr bei den App-Diensten, die eine wenig transparente Vorauswahl von Inhalten treffen….Beispielsweise stellt sich mir die Frage, ob eine solche Regelung in die Suchergebnisse von Google und Co. eingreifen würde und den US-Konzern dazu verpflichten würde alle europäischen Rundfunkangebote, die bisher unter die AVMD-RL fallen, vor allen anderen Suchergebnissen aufzulisten? Auf welcher Rechtsgrundlage würde eine derartige Regulierung basieren? Würde der Nutzer beim Kauf eines konvergenten Endgeräts demnächst alle Apps der europäischen Rundfunkanstalten auf dem Startbildschirm vorfinden? Dies ist weder praktikabel noch aus Nutzersicht wünschenswert.“
Der Standpunkt der CDU ist ja ganz o.k. In den Koalitionsverhandlungen ist die CDU jetzt allerdings gegen besseres Wissen eingeknickt und trägt die indirekte Zensur über die Auffindbarkeit von Inhalten mit. Spannend ist die Frage, wer nach der Besetzung des Bewertungsgremiums der bundesrepublikanische Joseph Goebbels wird, der mit dem Daumen über die Relevanz von Inhalten entscheidet.
Die Groko will in der Konsequenz, daß man sich bei Google durch 20 Seiten parteibestimmtes öffentlich-rechtliches Kartoffelkraut wühlen muß, bevor man einen kritischen Inhalt findet.
Weiterhin will die Groko parteiloyale Regionalzeitungen über Subventionierung stützen, wie das im SPD- und grünregierten Nordrhein-Westfalen schon jetzt der Fall ist. Bisher konnte der Kunde eine Zeitung abbestellen. Das war die einzige Möglichkeit sich über den Inhalt zu beschweren, da Leserbriefe zensiert werden. Diese demokratische Wahlmöglichkeit soll nun unwirksam gemacht werden, indem die Gazetten ihr Geld erfolgsunabhängig bekommen sollen.
Die Politiker werden schwören: „Niemand hat die Absicht eine digitale Mauer zu errichten“. Aber Deutschland ist medientechnisch auf dem Weg in eine faschistische Parteidiktatur. Das ist keine Behauptung, sondern schon jetzt Tatsache. Der Rundfunkbeitrag, der von allen Parteien (SPD, CDU, FDP, Linke, Grüne) im Konsenz beschlossen wurde war nur der erste Schritt.
Die Regelung aus dem Koalitionsvertrag sollte nicht „Must be found“ heißen, sondern „Mist be found“…
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