Was kostet eigentlich die Betreuung im Kindergarten?

In Thüringen ist für die Betreuung im Kindergarten ein Personalschlüssel vorgegeben. Für Krippenkinder kommt eine Betreuungskraft auf etwa drei Kinder, von den Großen ab 3 Jahre müssen sich 11 eine Kindergärtnerin teilen. Im Durchschnitt betreut eine Kindergärtnerin etwa  7 Kinder.

Ich rechne das mal an einem konkreten Beispiel: Der Kindergarten der Gemeinde Mechelroda ist mit derzeit 24 Kindern belegt. Die Personalkosten belaufen sich auf 150.000 € jährlich. Darin sind die Sozialabgaben enthalten. Zusätzlich entstehen 30.000 € Sachkosten. Die Sachkosten werden durch die Kindergartengebühren der Eltern teilweise aufgefangen. Die Verpflegungskosten zahlen die Eltern. Sie sind nur ein Durchläufer für die Gemeinde.

Betreuungskosten aus der Sicht der Eltern:

Aus der Sicht der Eltern lohnt sich die staatliche Kinderbetreuung nur, wenn es sich um einen Ein-Kind-Haushalt handelt oder wenn weitere Kinder kostenfrei bleiben. Gebührenfreie Zweitkinder können sich nur sehr reiche Gemeinden leisten.

Ich hatte in einem früheren Eintrag für einen Vierkinderhaushalt mit Durchschnittseinkommen schon einmal detailliert ausgerechnet, daß sich das Arbeiten für den zweiten Verdiener absolut nicht lohnt, wenn für alle Kinder die Gebühren der Stadt München bezahlt werden müßten.

Zwei Durchschnittsverdiener mit einem Kind hatten 2012 etwa 57.900 € brutto. 24.300 € gehen als Sozialabgaben und Lohnsteuer weg. 5.200 € gehen als Verbrauchssteuern und indirekte Steuern ab. Bleiben 28.400 € für beide Verdiener netto. Dazu kommen 2.200 € Kindergeld. Für die Betreuung eines Kindergartenkindes werden deutschlandweit zwischen 2.000 € und 5.000 € bezahlt. Nur in Rheinland-Pfalz fallen keine Kosten an. Das Arbeiten des zweiten Verdieners bringt nach Abzug der Kinderbetreuungskosten netto etwa 10.000 € mehr für die Haushaltskasse, als wenn ein Ehepartner zuhause bleibt und das Kind betreut. Pro Arbeitsstunde sind das für den zweiten Verdiener netto etwa 6,25 €. Der finanzielle Nutzen für den Zweitverdiener hält sich sehr im Rahmen. Bei hohen Kindergartengebühren wie in Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Baden-Württemberg ist das Ganze grenzwertig. Fast alle Kinderbetreuungseinrichtungen haben deutlich erhöhte Gebühren für Klein- und Kleinstkinder, was die Wirtschaftlichkeit der Betreuung für die Familie weiter reduziert. Zwei oder drei Geschwisterkinder, für die keine oder geringe Nachlässe gemacht werden, reduzieren den Nettoertrag der Erwerbstätigkeit des zweiten Verdieners nahezu oder ganz auf Null.

Betreuungskosten aus der Sicht der Gemeinde:

Wenn man mal die Kosten der Gemeinde pro Kind ausrechnet, betragen diese nach Gegenrechnung von Landeszuschüssen etwa 6.000 € pro Kind. Das wäre gut angelegtes Geld, wenn die Kinder in der Gemeinde verbleiben würden, wenn sie erwachsen sind. Oft heiraten sie in eine Nachbargemeinde oder sie erben irgendwo ein Haus, wo sie dann hinziehen. Oder sie nehmen ein Studium auf und bleiben auf immer fort. Die Zuzüge sind meistens junge Ehepaare, die ihre Kinder im Kindergarten anmelden…

Die Gemeinde trägt die Kosten und andere Gemeinden haben später den Nutzen. Für die Personalkosten von 150.000 € bekommt die oben genannte Gemeinde Mechelroda  vom Land einen Zuschuß von unter 40.000 €. Das ist ein Trinkgeld. Die alte Reichsordnung vor 1919 war fortschrittlicher, denn die Gemeinden erhoben kostendeckende Steuern für die sozialen und investiven Aufgaben und das Reich mußte sich mit Zöllen und Eisenbahngewinnen durchwursteln. Es gab vor der Novemberrevolution keine ständige Unterfinanzierung der Gemeinden.

Betreuungskosten aus der Sicht der Finanzverwaltung:

Der Zweitverdiener führt 12.150 € Lohnsteuer und Sozialabgaben ab, die zunächst der Bund vereinnahmt und auch überwiegend behält.

Die Kosten des Kindergartenplatzes betragen pro Kind etwa 6.250 € für das Personal, ungefähr 1.200 € für Sachkosten und geschätzt 1.000 € für die Bundes-, Landes- und Kreisbürokratie, die das ganze verwaltet. Sind zusammen 8.450 € pro Kind.
Bei einem Kind bleibt ein Überschuß der Abgaben über die Ausgaben für die Kinderbetreuung. Ab dem zweiten Kind sind die Kosten höher, als die Abgaben des zweiten Verdieners.

Man kann Kinder als Investition betrachten. Dann darf die Finanzverwaltung allerdings nicht so auf dem letzten Loch pfeifen, wie das durch den Staatsschuldenrucksack und die Griechenlandhilfen der Fall ist.

Betreuungskosten volkswirtschaftlich:

Nehmen wir an, der zweite Verdiener ist Durchschnittsverdiener mit 28.900 € im Jahr Bruttoverdienst. Die Wertschöpfung muß man etwas mehr als  doppelt so hoch ansetzen. Sie beträgt ungefähr 60.000 €. Die Probe darauf kann man machen, wenn man das deutsche Bruttoinlandsprodukt durch die Zahl der deutschen Beschäftigten teilt.
Die Kosten des Kindergartenplatzes betragen pro Kind wie oben dargelegt 8.450 € pro Kind.

Bei einem Kind im Kindergarten werden 14 % der Wertschöpfung für die Unterbringung und Betreuung des Kindes verbraucht (8.450 / 60.000).  Probe: Der durchschnittliche Personalschlüssel beträgt 0,137 Beschäftigte pro Kind. Die Probe bestätigt das Ergebnis.

Bei zwei Kindern sind es 28 %, bei 3 Kindern sind es 42 %. So ist das natürlich nur im Durchschnitt. Für einen Säugling liegen die Kosten gemessen an der Wertschöpfung, wenn man den Betreuungsschlüssel zugrundelegt bei 35 %, bei Zwillingen schon bei 70 %. Dazu kommt die erhöhte Störanfälligkeit durch Kinderkrankheiten. Dadurch leidet die Wertschöpfung des Zweitverdieners. Krippenerziehung rechnet sich volkswirtschaftlich nicht.

Ergebnis

Mit mehreren Kindern sinkt der wirtschaftliche Nutzen des zweiten Verdieners für die Familie ohne Gebührennachlaß für Geschwisterkinder auf nahezu Null.
Die Kleinstkindbetreuung wird zu rosig dargestellt. Sie ist sowohl auf Familien-, auf Gemeinde- und auf volkswirtschaftlicher Ebene mehr als fragwürdig.

Nachbemerkung

Es ist natürlich falsch, die Kindergartenbetreuung nur wirtschaftlich zu betrachten. Pädagogische, kinderpsychologische, seuchenhygienische und demografische Gesichtspunkte sind eigentlich wichtiger.  Aber ergänzend rundet eine wirtschaftliche Betrachtung das Bild ab.