Desertec und Nabucco – geplatzte Albträume
Die Stromgewinnung in den afrikanischen Wüsten und der Erdgasimport aus Aserbaidschan sind zu den Akten gelegt worden, bevor es losgeht. Die Gründe sind vielfältig.
Beim Erdgas ist der Markt für Flüssiggas LNG im Wachsen begriffen. Er macht bereits mehr als 30 % des weltweiten Gasmarkts aus. LNG ist einfach billiger, als Gas, das mit Leitungen aus Asien herangepumpt wird. Ab 2000 km Transportentfernung verbraucht der Transport durch Leitungen mehr Energie, als der per Schiff. Von Baku nach Österreich sind es 4.000 km, teilweise durchs wilde Kurdistan. Wenn ein Krisenherd im Weg ist, dann ändert ein LNG-Tanker seine Route und fertig. Die Nabucco-Gasleitung hätte eigentlich nur über Territorien geführt, die miteinander verfeindet sind, egal welche Trasse gewählt worden wäre. Aserbaidschan und Armenien, Armenien und die Türkei, die Türkei und Griechenland, Griechenland und Mazedonien, Abchasien und Georgien, Georgien und Rußland, Albanien und Serbien, Serbien und Kroatien, Rumänien und Ungarn. Keiner kann auf dem Balkan und im Kaukasus mit keinem. Wenn zwei Nachbarn sich gerade mal vertragen ist es Zufall. Das Projekt ist sowohl wirtschaftlich, als auch politisch gescheitert, und mit ihm Ex-Außenminister Fischer als Promotor. Gebaut werden soll eine kürzere Leitung, die Trans Adriatic Pipeline (3.500 km), die vor allem die Türkei beliefern und in Bari enden soll.
Auf das Wüstenstromerzeugungsprojekt Desertec konnten eigentlich nur Leute kommen, die von Nordafrika noch nie etwas gehört haben. Die letzte Chance die Anlagen in Afrika in einem stabilen politischen Umfeld zu bauen, wäre die Römerzeit gewesen. Aber da wären die Stromleitungen im umwegsamen Germanien vor Anschlägen nicht sicher gewesen. Diese Idee, in der Sahara Ökostrom zu produzieren ist alt. Sie wurde in einem KOSMOS-Heft aus den 30er Jahren dargestellt. Riesige Teleskopspiegel und Aufwindkraftwerke waren da aufgemalt. Aber politisch ließ sich die Energieerzeugung auch in den 30er Jahren nicht realisieren. Sowohl Frankreich, als auch Italien und England haben ihre Kolonien damals nicht wirklich beherrscht. Für die Italiener zum Beispiel endete der politische Machtbereich kurz hinter Tripolis und Benghazi. Den Rest von Libyen konnte Mussolini mit dem Finger auf der Landkarte bereisen. Teure leicht angreifbare High-Tech-Anlagen in der Sahara – das waren schon damals feuchte Träume.
Die Brüsseler Administration ist noch nicht einmal in der Lage Photovoltaikparks und mit PV bestückte Scheunendächer in Ungarn, Deutschland oder Spanien vor professionellen Räuberbanden zu schützen. Ganze Dachanlagen werden mit Profiwerkzeug (mit einfachen Schraubenschlüsseln geht das nicht) in wenigen Nachtstunden abgebaut, Gleichrichter und Steuerungsanlagen gestohlen. Wie sollen hochwertige Anlagen im dünnbesiedelten Wüstengebiet gesichert werden? Wie abstrus das ist, hat kürzlich die Besetzung des Gasfeldes Amenas in Algerien durch moslemische Freischärler gezeigt, bei dem es neben 80 Toten auch erheblichen Sachschaden gab. Wenn man seit 2008 nicht einmal mehr die sehr bewegliche Rallye Paris – Dakar durchführen kann (die wird seit 2009 in Südamerika ausgetragen), wie sollen Stromerzeugung und Energietransport gehen?
Man muß sich wundern, wenn Großkonzerne mit einem nicht unerheblichen Budget Planungen anstoßen, deren Vergeblichkeit man mit einer Internetrecherche für 2,30 Euro schnell und sicher feststellen kann? Haben die Konzerne nur Fördergelder kassieren wollen? Und haben dann hingeschmissen, als das Geld nicht kam? Oder wollten sie sich bei den Mainstreammedien und Solaraktivisten einkratzen? Wahrscheinlich alles.
In gewissen Kreisen von Überzeugungstätern gilt für die Umgestaltung Arabiens und der Türkei ein politischer Machbarkeitswahn, der den außenpolitischen Kenner erstaunt. Man biegt sich die Realitäten im Nahen Osten zurecht, um politische, moralische oder militärische Interventionen zumindest vor sich selbst zu rechtfertigen. Das ist der Bush-Administration im Irak genauso gegangen wie Sarkozy und seinen Helfern in Libyen, Tunesien und Ägypten. Der deutschen Schröder-Fischer Regierung sind auch schon die Pferde durchgegangen – in Afghanistan. Und Frau Roth wird ihr politisches Stalingrad in Istanbul erleben. Die Ergebnisse aller dieser Interventionen sind freundlich ausgedrückt unter Plan. Wenn politische, moralische und militärische Interventionen nichts nutzen und unangebracht sind, dann nutzen auch wirtschaftliche und energiepolitische Interventionen nichts. Die französischen Uranbergwerke im ehemaligen Sultanat Wadai (heute Republik Tschad) zeigen, daß wirtschaftliche Interessen militärisches Eingreifen automatisch nach sich ziehen. Zum Schutz der Investitionen waren in den letzten 20 Jahren mindestens 10 Feldzüge in verschiedenen nordafrikanischen Demokratien erforderlich. So eine Verquickung von Energiegewinnung und Krieg kann niemand wünschen, der noch bis drei zählen kann. Gerade das Bionadebürgertum, welches Solarstrom vorzieht, wird seine Kinder ungern in Wüstenkriege schicken, um Solaranlagen und HGÜ-Kabel zu verteidigen. Frankreich nimmt mal schnell die Fremdenlegion, Deutschland und Österreich haben so was effizientes nicht.
Der europäische Bürger kann erst mal aufatmen. Zwei technisch, wirtschaftlich und politisch unrealisierbare Großprojekte sind gestorben, bevor sie richtig Geld und Menschenleben gekostet haben. Glück für den Stromverbraucher, für den Soldaten und für den Steuerzahler.