Bürokratisierung, Sozialstaat und Kinderlosigkeit
Seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstand der Sozialstaat. Zunächst war er recht schlank und effizient. Mit der Ausweitung des Sozialstaats war die Erhöhung der Steuern und Abgaben verbunden. Die Familien wurden dadurch immer mehr unter Stress gesetzt mehr und länger zu arbeiten, worunter das Zeitbudget der Familien litt. Folgende Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Sozialstaat und Fruchtbarkeit.
Jahr |
Geburten in % |
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1870 |
3,7 |
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1880 |
3,7 |
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1890 |
3,6 |
1889 Bismarcks Sozialgesetze |
1900 |
3,5 |
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1910 |
2,9 |
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1920 |
2,5 |
1918-1920 Ausweitung Sozialstaat |
1930 |
1,7 |
|
1940 |
1,9 |
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1950 |
1,5 |
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1960 |
1,7 |
1957 Rentenreform |
1970 |
1,3 |
Ab 1969 Ausweitung Sozialstaat |
1980 |
1 |
|
1990 |
1,1 |
|
2000 |
0,9 |
|
2010 |
0,8 |
Von 1870 bis 1900 und von 1930 bis 1960 blieb die Geburtenzahl einigermaßen stabil. Es waren Zeiten, wo die Renten und Leistungen eher gering bemessen waren. Insbesondere nach den Sozialreformen der Weimarer Zeit und der Adenauer´schen Rentenreform brachen die Geburtenzahlen regelrecht zusammen.
Ein zweiter Gesichtspunkt zeigt den Zusammenhang zwischen Arbeitswelt und Geburtenzahl. Das statistische Bundesamt gibt selbst zu, daß Beamtinnen und Angestellte die wenigsten Kinder haben. Kinderlose Frauen 35 bis 49 Jahre:
Beamtinnen 31 %, Angestellte 26 %, Arbeiterinnen 15 % und mithelfende Familienangehörige 6 %.
1957 gab es in Deutschland (altes Gebiet) 9,53 Mio berufstätige Frauen. davon war nur jede vierte im bürokratischen Apparat tätig. Das waren damals ganze 2,6 Millionen Beamtinnen und Angestellte. Es wurden 1957 850.000 Kinder geboren (D-West).
2007 waren in Deutschland (neues Gebiet) 17,3 Mio Frauen beruflich tätig, davon 71 % als Angestellte und Beamte. Das waren 12,2 Mio Frauen. Es wurden nur noch 680.000 Kinder geboren (D-gesamt).
1957 waren noch 24 % aller weiblichen Beschäftigten mithelfende Familienangehörige, vor allem in der Landwirtschaft. Weitere 41 % waren Arbeiterinnen. 2007 waren nur noch 2 % der Frauen mithelfend und 20 % Arbeiterinnen. Die fruchtbarsten Berufe werden in der modernen Welt seltener.
Ergebnis: Die Zahlen zeigen, welche große Rolle die Arbeitsbedingungen spielen. Sie haben offensichtlich eine größere Bedeutung, wie die Bereitstellung von Kindergärten. Die Kinder von 1957 wurden fast alle ohne Kindergärten geboren (auch im Osten).
Was Familien am meisten fehlt, ist Zeit und ein auskömmlicher Nettolohn. Das Zeitbudget einer Familie nimmt durch zwei Umstände ab: Berufstätigkeit und Länge des Arbeits- und Schulwegs. Das finanzielle Budget wird durch Sozialabgaben und Verbrauchssteuern stark belastet. Die Steuer- und Abgabenbelastung einer sechsköpfigen Familie dürfte eigentlich nicht höher als 10 % sein, sie ist jedoch deutlich höher, wenn beide Eltern arbeiten. Die Abgabenquote berufstätiger Eltern liegt bei zwei Verdienern insgesamt bei 40 bis 50 %. Wie sich die 50 % für den Durchschnittsverdiener zusammensetzen, habe ich in dem Artikel „Das Geheimnis der Kinderbetreuung und der Herdprämie“ vorgerechnet.
Vier Kinder, die man morgens auf Kindergarten und Schulen verteilt, sie nach der Arbeit aus Kindergarten und Hort wieder einsammelt, das ganze garniert mit einem Arbeitsweg von einer Stunde, Parkplatzsuche, Stress in der Firma mit Überstunden, der Mann gerade auf Dienstreise, ein Kind mit Schnupfen, eins hat Wandertag und eins wurde nach dem Hort vergessen in den Schulbus zu laden. Als Sahnehäubchen vielleicht noch ein Kind in der Pubertät, das Ganze ist einfach weltfremd. Bei drei, vier oder fünf Kindern helfen mehr Krippen und Betreuungsmöglichkeiten überhaupt nicht. Wer Krippen fordert und fördert, hat sich mit dem Ein- und Zweikinderhaushalt längst abgefunden.
Wer eine normale Geburtenzahl will, der muß klar sagen, daß einer von den Eltern das ganze Familienleben organisieren muß, und zwar maximal mit einer beruflichen Nebentätigkeit. Und derjenige Partner, der das Geld verdient, kann nicht mit zehn verschiedenen Ökoabgaben belastet und enteignet werden. Direkte und indirekte Steuern müssen wieder auf eine Höhe zurückgeführt werden, daß auch normale Einkünfte die Familie ernähren können.