Politik verliert Bodenhaftung: Ist Demokratie überhaupt repräsentativ?

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Im Landkreis Weimarer Land weicht die Zusammensetzung des Kreistages von der der wahlberechtigten Bevölkerung deutlich ab. Unser Kreis ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die Zahlen zu den Wahlberechtigten des Landkreises sind den Gemeinschaftsveröffentlichungen der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder entnommen (2009). Die Berufe der Kreistagsmitglieder beruhen auf eigenen Angaben der Abgeordneten und weitergehenden Recherchen, z.B. auf der Internetseite des Landtags.

Beruf

Wahlberechtigte in %

Kreistagsmitglieder
Rentner ab 65 Jahren

29,0

4 = 8,6 %
Schüler, Studenten, Früh-rentner, Hausfrauen usw.

20,0

6 = 12,8 %
Öffentlicher Dienst, Gesundheit, Bildung

13,2

33 = 70,4 %
Finanzdienstleistungen

4,2

2 = 4,2 %
Arbeitslose

5,4

0,0 %
Produzierendes Gewerbe

16,0

0,0 %
Handel Verkehr Gastgewerbe

10,6

2 = 4,2 %
Landwirtschaft

1,6

0,0 %

Die bodenständigen Berufe stellen 28,2 der Wähler, aber nur 4,2 % der Abgeordneten. Arbeiter oder Unternehmer aus dem produzierenden Gewerbe sind im Kreistag nicht mehr vertreten (im vorhergehenden Kreistag waren noch die Handwerker Stark und Lindner).

Ein deutliches Übergewicht hat der Öffentliche Dienst und die von ihm finanzierten Dienstleistungen des Sozial- und Gesundheitswesens. Unter den 33 Abgeordneten mit diesem Hintergrund sind alleine 7 im Landtag beschäftigt und 5 hauptamtliche Bürgermeister. Entgegen gängigen Vorurteilen sind nur 2 Lehrer dabei.

13 % der Wahlberechtigten stellen über 70 % der Abgeordneten. Da ist es kein Wunder, wenn bestimmte Aufgaben vernachlässigt werden.

Die Ursachen sind dreierlei:

  • Politiker und Beamte wollen in ihren Kreisen von Handwerkern, Arbeitern, Unternehmern und Landwirten nicht mehr gestört werden. Die Zahl der günstigen Listenplätze bei Wahlen für diese Berufe nimmt deutlich ab.
  • Handwerker, Landwirte und Arbeiter verlieren ihrerseits das Interesse an der Politik, weil sie auf Grund frustrierender Erfahrungen nicht glauben, daß sie etwas zu ihren Gunsten verändern können.
  • Wähler machen ihr Kreuz lieber bei prominenten Kandidaten, die eine höhere Bekanntheit haben. Das sind in der Regel die Politiker.

Wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen im Kreistag nicht vertreten sind, werden sie von der Politik auch nicht mehr erreicht und umgekehrt. Die Bodenhaftung der Politik nimmt ab.